Post aus Japan: Toyota will sich nicht elektrisieren

Wenn ein Hersteller bei Elektroautos auf die Euphoriebremse tritt, ist es der Riese aus Nippon. Toyota, der Weltmarktführer bei Hybridautos, machte diese Woche klar, dass mittelfristig weiterhin mit Benzinmotoren zu rechnen ist.

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Von
  • Martin Kölling

Für die Ideologen der Autoantriebe werden die kommenden Jahre ein Fest: Trefflich können sie über die Zukunft von Elektro- und anderen Autos streiten. Und der jüngste Kursschwenk bei VW hin zum Stromer stärkt den Hype um die vermeintliche Zero-Emissionsmobilität noch. Da wirkt ein japanisches Unternehmen mit seiner stoischen Skepsis geradezu wohltuend: Toyota hält weiter an seiner Überzeugung fest, dass die Benziner noch nicht am Ende sind und Hybridautos vorerst die Zukunft gehört.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Zwar erwärmt sich auch Toyota für das Elektroauto. Gerade gründete der Konzern die Abteilung EV Business Planning, deren Vorsitz Anfang Dezember von Konzernchef Akio Toyoda und zwei seiner Vizepräsidenten übernommen wurde. Aber seine Ressourcen konzentriert der Konzern auf Hybridtechnik, machte am Dienstag der Chef der Motoren- und Getriebesparte Toshiyuki Mizushima bei einem Briefing über die Antriebsstrategie klar.

Bis 2021 will er die Mitarbeiter an dem Entwicklungsteam für diese Technik um 30 Prozent aufstocken und die Technik auch mit anderen Konzernmarken oder gar über die Konzerngrenzen hinaus teilen. Denn noch immer glaubt Toyota, dass reinelektrische Autos für den Durchschnittskunden nicht weit genug fahren und zu teuer sind.

Gewiss, für Kurzstrecken könnte man sofort Stromer in den Markt einführen, sagte Mizushima. Und in gewisser Weise tut der Konzern das bereits. Die Toyota-Tochter Toyota Auto Body verkauft bereits seit Jahren den Coms, ein kleines elektrisches vierrädriges, einsitziges Minimobil. Es wird in Japan meist als Auslieferungsfahrzeug genutzt – und von Toyota als ein Vehikel seines experimentellen Mobilitätsdienst Ha:Mo.

Doch bei allem Interesse an Stromern, die japanischen Autokäufer wollen mindestens eine Reichweite von 300 Kilometer mit einer Benzin- oder Stromfüllung, so Mizushima. In anderen Ländern seien es sogar 500 bis 600 Kilometern. Das lässt sich natürlich auch batterieelektrisch bewerkstelligen, wenn man nur genug Akkus ins Auto packt. Aber für Mittelklassewagen sah Mizushima Probleme, dies erschwinglich und – man merke – sicher genug zu machen.

Hybridtechnik ist dabei für Toyota die passendere Antwort, sowohl die Wünsche der Kunden wie auch die immer schärferen Abgasrichtlinien zu erfüllen. Toyota müsse den Anteil an Hybridautos bis 2025 verdoppeln, wenn das Unternehmen die neuen Vorschriften erfüllen wolle, sagte Mizushima. Derzeit läge er bei knapp über zehn Prozent.

Selbst am Elektroauto-Pionier Nissan ist die Bedeutung des Hybridautos nicht vorbeigefahren. Der Stromer Leaf, den Nissan- und Renault-Chef Carlos Ghosn ​im Unternehmen durchsetzte, mag zwar das am meisten verkaufte Elektroauto der Welt sein. Aber Ghosn hatte sich mehr erhofft. Gerade stellte er einen seriellen Hybridantrieb namens e-Power vor, wie wir auch berichteten.

Zur Erinnerung: Wie beim Opel Ampera sorgt bei Nissans Konzept allein ein Elektromotor für Vortrieb, während ein kleiner Benziner den Strom produziert. Im Gegensatz zum Opel ist die Batterie allerdings sehr klein und kann nicht an der Steckdose aufgeladen werden. Dadurch hält Nissan die Kosten für die Hybridtechnik so gering, dass sie auch zu halbwegs wettbewerbsfähigen Preisen im Kompaktkombi Note eingebaut werden kann. Gleichzeitig verspricht der Konzern einen Verbrauch von unter drei Litern Benzin im japanischen Testzyklus.

Gleichzeitig sieht sich Toyota durch seinen Fokus auf Hybridtechnik auch für Elektroautos gut gerüstet. "Die Schlüsseltechnik für Plug-in-Hybride, Elektro- und Brennstoffzellenautos basiert auf Hybridtechnology", erklärte Mizushima. "Durch die Vergrößerung unseres Hybridteams können wir neue Entwicklungen auch zum Vorteil elektrischer Antriebe nutzen."

Zudem baut Toyota bei elektrifizierten Antriebssträngen kostensenkende Skaleneffekte durch Großserienproduktion von Elektromotoren, Batterien, Steuerungstechnik und vielem mehr auf, von den Newcommer wie Tesla noch nur träumen können. 20 Jahre nach der Vorstellung des ersten Prius sind die benzinelektrischen Kombiantriebe längst kein Zuschussgeschäft mehr, sondern ein Gewinnmotor. Toyota dürfte damit eine Offensive bei Elektroautos relativ leicht fallen, wenn sich der Konzern erst einmal zu ihr entschließt.

Zudem entwickelt der Konzern auch Benzinmotoren weiter. Bis 2021 sollen 37 Variationen von 19 Grundmodellen von reinen Benzin- und Hybridsystemen auf den Markt gebracht werden. Die neuen Motoren sollen 20 Prozent weniger Benzin verbrauchen, aber zehn Prozent mehr Leistung bringen. Mal sehen. Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie sich das Thema Elektroautos weiterentwickeln wird – gerade bei Toyota. ()