Fahrtenbuch reloaded: Mit dem Elektroauto von Hannover nach Österreich

Der neue Nissan Leaf wartet mit einigen Verbesserungen und höherer Reichweite auf. Grund genug, unseren Langstreckentest von 2016 zu wiederholen und uns auf den Weg nach Österreich zu machen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1444 Kommentare lesen
Fahrtenbuch reloaded: Mit dem Elektroauto von Hannover nach Östereich
Lesezeit: 13 Min.
Von
  • Stefan Porteck
  • Sven Hansen

Der Nissan Leaf ist das weltweit meistverkaufte Elektroauto. Der Ur-Leaf wurde mehr als 300.000 Mal ausgeliefert. Anfang des Jahres hat Nissan die zweite Generation des reinen Elektroautos vorgestellt, die einige Verbesserungen mitbringt. Die wichtigste: Die Batteriekapazität von 40 kWh sorgt nach derzeitigem Fahrzyklus für eine Reichweite von 350 bis 378 km. Nach dem eher realistischen WLTP-Fahrzyklus (Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure) sind es allerdings "nur" 285 km. Damit kommt der neue Nissan Leaf im realen Fahrbetrieb etwa 75 km weiter als sein Vorgänger. c't-Redakteure Stefan Porteck und Sven Hansen fahren am 13. Juni von Hannover nach Österreich, um die Praxistauglich des neuen Leaf auf die Probe zu stellen.

12:30 Uhr: Nach rund 14 Stunden Fahrzeit steht der Leaf 2 wieder vorm Verlagsgebäude. Die Ladung aus Kassel war zu zwei Dritteln aufgebraucht, 140 Kilometer hätte er noch geschafft.

Zeit für ein Fazit der Rückfahrt: Nachdem der Kollege Hansen wegen einer fast permanent zu warmen Batterie für den Hinweg deutlich länger benötigte als geplant, war die Strategie für die Rückfahrt schon festgelegt: Möglichst sparsam fahren, um die maximale Reichweite herauszuholen und vielleicht gelegentlich einen Mini-Stopp unter 15 Minuten einzulegen, um den Akku im mittleren Bereich zu halten, ohne ihn durch längeres Schellladen zu erwärmen.

Trotz der höheren Reichweite des neuen Leaf mussten die Pausen also fast genauso akribisch geplant werden. Die erste vollständige Ladung erfolgte bei einer 20-kW-Säule und dauerte entsprechend mehr als eine Stunde. Eine kurze Schnellladung von 25 Minuten nach 150 Kilometern brachte den Akku dann aber doch aus seiner Wohlfühltemperatur, worauf der Ladestrom gedrosselt wurde.

Durch langsames Fahren, wenig Rekuperieren und den Verzicht auf die E-Pedal-Funktion konnten wir keinen Einfluss auf die Temperatur des Akkus nehmen. Zwar kamen wir mit dem Leaf 2 dank der höheren Reichweite besser und weiter voran. Aber das zügige Hüpfen von einer 50-kW-Säule zur andern klappte wegen der gedrosselten Ladeleistung im Vergleich zum Vorgänger etwas schlechter.

Apropos Säulen: Im Vergleich zu unserer Fahrt vor zwei Jahren sind etliche Ladepunkte hinzugekommen. Doch leider auch immer mehr Anbieter und verschiedenste Bezahlmöglichkeiten - - nicht gerade zum Vorteil der Kunden. Konnten wir ehedem oft umsonst laden oder mit unserem Plugsurf-Chip quasi überall bezahlen, waren heuer drei RFID-Chips und eine Handy-App nötig. Bei drei Ladevorgängen klappte erst nach einem Telefonat mit der Hotline, in zwei Fällen gar nicht. Hier wird sich zeigen, ob der Innogy-Kundendienst den Betrag unkompliziert erstattet.

Wie sich das Akku- und Säulen-Thema weiter entwickelt werden wir spätestens mit dem Leaf 3 ausprobieren …

8:00 Uhr: Frisch erholt geht es vom Hotel aus nun auf die Zielgerade. Der Lief konnte über die Nacht an der Säule des Hotels laden. Dank vollem Akku wird Durchfahren bis nach Hannover kein Problem sein.

23:15 Uhr: Die nächste Etappe lief etwas zügiger, was den Verbrauch auf rund 13 kWh anstiegen ließ. Rechnerisch hätte das für einen finalen und nur kurzen Stopp zwischen Göttingen und Hannover gereicht. Die Erfahrung hat jedoch gezeigt, dass wegen der steilen Anstiege in den Kasseler Bergen die Reichweitenprognose mit Vorsicht zu genießen ist. Aufgrund der fortgeschrittenen Stunde wurde der Nissan deshalb kurz vor Kassel komplett geladen und dann dort im Hotel das Nachtlager aufgeschlagen.

Der Ladevorgang fand wieder an einer Säule von Innogy statt und scheiterte wieder beim ersten Versuch mit einem Handshake-Fehler zwischen Auto und Säule. Die Telefonhotline wusste Rat: Der Ladestart muss in der App und anschließend an der Säule bestätigt werden. Anders als die App es suggeriert, darf der Stecker dabei noch nicht im Fahrzeug stecken. Nachdem der Innogy-Mitarbeiter die Säule aus der Ferne erneut aktivierte, klappte das Laden problemlos.

19:15 Uhr: Die zweite Etappe verlief aufgrund von Baustellen recht schleppend. Dem Verbrauch mit gerade mal 11 kWh und damit einer Reichweite von voraussichtlich 320 km kam das zu Gute. Nach 180 km führte der Weg trotzdem an eine Säule. Der Grund: Neugierde, ob der Nissan wirklich mit 50 kW lädt.

Geplant war das als Mini-Stopp von 15 Minuten. Leider war es eine Säule von Innogy – daran war der Kollege Hansen schon auf der Hinfahrt gescheitert. Erste Hürde: Über Mobilfunk die 35 MByte große App herunter laden, weil die Säule nicht mit RFID-Chips gestartet werden kann. Leider berechnet Innogy pauschal sieben Euro, was für einen kurzen Stopp zu teuer ist.

Teuer wurde es: Nach der Bezahlung in der App mit PayPal verlor das Handy kurz das Netz, worauf die App das Laden verweigerte. Beim zweiten Versuch klappte der Handshake zwischen Auto und Säule nicht. Piepen. Rotes Blinken. Kein Strom. Ein neuer Verbindungsaufbau ließ sich in der App nicht anstoßen. Fazit: 14 Euro ausgegeben, keinen Strom bekommen und die nächste Säule 20 Kilometer weiter angefahren.

Hier lädt der Leaf 2 nun mit 28 der möglichen 50 kWh. Laut der Temperaturanzeige ist die Batterie nach 15 Minuten aber schon merklich wärmer, als sie es die bisherige Fahrt über gewesen ist. Mal schauen, ob sie sich auf gemächlicher Fahrt später wieder abkühlt.

16:15 Uhr: Nach etwas mehr als einer Stunde ist der Akku nun bei 95% und die prognostizierte Reichweite bei 280 km. Das reicht, die letzten 5% tröpfeln ja bei jedem Elektroauto in den Akku. Interessanterweise ging die Säule zwischendurch noch auf 19 kW hoch.

15:24 Uhr: Der Versuch, den Akku kühl zu halten, hat übrigens funktioniert. Doch trotzdem genehmigt sich der Nissan nicht die volle Leistung: Verfügbar war leider eh nur eine Säule mit 20 kW, die den Wagen aber nur mit 16 kW befüllt. Die Pause soll knapp zwei Stunden dauern.

15:06 Uhr: Zum ersten Mal laden wir nach 200 km in Parsberg zwischen Regensburg und Nürnberg. Der Leaf verspricht zwar noch 80 km, doch die Reichweite schwankt in bergigen Gegenden merklich. Da ihre Hochrechnung auch auf einer bisherigen Bummelfahrt basiert, scheint der frühe Stopp gerechtfertigt.

Zur Navigation nutzen wir die Wattfinder-App und Android Auto zum Einsatz. Letzteres stürzt jedoch ständig ab. Ob das am Smartphone oder Auto liegt, ließ sich bislang nicht ergründen. Immerhin haben wir dieses Mal den Anfängerfehler vermieden, bei der letztmöglichen Säule an der Autobahn vorbeizufahren, um dann sehr langsam im Umland tanken zu müssen.

13:32 Uhr: Der erste Stopp findet in Steinach statt – nicht, weil das Auto das verlangt, sondern die menschlichen Bedürfnisse. Seit der Abfahrt aus Kollerschlag sind wir 125 km gefahren, die errechnete Reichweite des Leaf liegt bei 215 km beziehungsweise 69% Akku. Das reicht eventuell bis Nürnberg und ist ein guter Schnitt. Dafür war die Fahrt aber zäh: Wir haben den Tempomat auf 105 km/h gestellt und an einen leeren LKW "angedockt". Langweilig, aber wenigstens ist die Batterie fast kalt.

10:40 Uhr: Heute morgen haben wir das Smart Home in Kollerschlag besucht. Nun steht der Fahrerwechsel für die Rückfahrt an, Stefan Porteck übernimmt das Steuer. Nach den Erkenntnissen der Hinfahrt wird das Ziel also sein, mit einer Ladung so weit wie möglich zu kommen. Die Herausforderung: sparsam fahren und den Akku kühl halten. Wir werden an der nächsten Raststätte berichten, wie das geklappt hat.

14. Juni, 10:30: Die gestrige Etappe fand ein jähes Ende: Um kurz nach 21 Uhr erreichte Sven Hansen nach rund 15-stündiger Fahrt Passau. Es stand fest, dass die Etappe dort enden sollte, denn der Nissan hatte für die letzte anstehende Ladung eine Dauer von zwei Stunden kalkuliert.

Wir haben uns stattdessen dafür entschieden, das Fazit der Hinfahrt direkt im Parkhaus zu ziehen. Leider ließ sich das Video nicht mehr online stellen, weil das Hotel-WLAN nicht mitspielte. Hier reichen wir es nach.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes Video (Kaltura Inc.) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Kaltura Inc.) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

16:43 Uhr: Über Passau werden wir heute auf keinen Fall mehr hinauskommen. Kennt ihr eine coole Location in der Dreiflüssestadt, wo wir den Leaf aufladen können? Schreibt sie gerne ins Forum!

15:49 Uhr: In den vergangenen Stunden hat sich viel bewegt -- allerdings sind wir mit unserem Fahrzeug nicht wirklich weiter gekommen. Spätestens beim Stopp vor Würzburg wurde klar, dass sich der Akku so weit erwärmt hat, dass eine Schnelladung mit 50 kW nicht mehr möglich ist. Beim zweiten Stopp nahm das Fahrzeug noch 19 kW, beim dritten noch 16 kW.

Nissan-Pressesprecher Alexander Sellei bestätigte, dass die Ladeleistung zum Schutz des Akkus bei ansteigender Akku-Temperatur herabgeregelt wird. Die Temperatur steigt durch schnelles Fahren, aber auch durch stärkere Energierückführung im B-Modus beim Bergabfahren. Für uns bedeutet dies, dass wir das Fahrzeug heute nur noch mit maximal 15 kW betanken können und sich die Stehzeiten an den Ladesäulen mindestens verdreifachen.

Für Verdruss sorgten auch die Innogy-Säulen, die sich nur sehr umständlich über App und am Ende sogar nur über die Support-Hotline zum Aufladen des Fahrzeugs bewegen ließen. Vor zwei Jahren waren viele Charger noch frisch und standen zur Gratis-Nutzung bereit. Seitdem ist die Nutzung der E-Tanksäulen nicht gerade intuitiver geworden.

Übrigens: Weil das GPS des Privathandys spinnt, haben wir auch noch ein paar Ausfahrten verpasst – besonders ärgerlich, weil das Nissan-Navi, dem wir nicht so ganz getraut haben, uns eigentlich richtig geführt hätte. So haben wir, wie voriges Jahr auch schon, eine kleine Autobahn-Ehrenrunde eingelegt. Nächstes Ziel: Passau. ETA: 18:00 Uhr.

15:33 Uhr: Verbindungsprobleme, ein warmgelaufener Akku und eine kleine Irrfahrt machen uns das Leben schwer. Hier erstmal ein Flashback zur Mittagszeit, als die Welt noch ein wenig besser ausgesehen hat. Und gleich mehr zu den Problemen, die darauf folgten.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes Video (Kaltura Inc.) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Kaltura Inc.) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

10:28 Uhr: In der Pause hat sich ein Renault Zoe angeschlichen. Keine Gleichsstrom-Schnelladung, "nur" Wechselstrom. Unser Leaf 2 bedient sich am Triple-Charger mit maximal 19 kW, der Zoe überholt uns mit den voll ausgenutzten 22 kW.

(Bild: c't)

9:57 Uhr: Zwischenstopp Kirchheim: Leider etwas länger als ein Tässchen Tee. Rapidgate oder kaputte Säule? Unser Leaf 2 lädt an der 50-kW-Säule nur mit 19 kW -- es dauert also ein wenig länger. Ob es an der warmgefahrenen Batterie oder an einem Problem mit der Säule liegt, lässt sich nicht sagen. Hier in Kirchheim steht das Verhältnis CCS zu Chademo 3:1. Es gibt für uns also nur eine Lademöglichkeit.

(Bild: c't)

Die Fahrt ab Seesen verlief ruhig. Über weite Strecken ließ sich das Fahrzeug mit der neuen Pilotfunktion äußerst stressfrei bewegen. Ein paar Baustellen haben den Verbrauch zusätzlich gedrückt. Der Leaf 2 gibt für diese Etappe einen Durchschnittsverbrauch von 17,1 kWh/100 km an.

7:33 Uhr: Apropos Schnelllader: Unter dem Begriff "Rapidgate" sind man Beschwerden von Fahrern zu finden, laut denen sich der Nissan bei wiederholten Ladevorgängen an Schnellladestationen überhitzt. Wir behalten die Akkutemperatur im Blick.

Nissan Leaf: Erster Ladestopp (3 Bilder)

(Bild: c't)

6:55 Uhr: Der Nissan-Fahrtenplaner in der App macht uns wenig Hoffnung auf einen erfolgreichen Tag. Die App spuckt eine vermutete Fahrdauer von 32 Stunden aus. So viel Zeit ist nicht eingeplant. Wenn man nur die Schnelllader nimmt, sollte es deutlich fixer gehen.

(Bild: ct)

13. Juni, 6 Uhr: Der Nissan Leaf ist jetzt auf der Straße, im Morgengrauen geht es los – natürlich mit mehr oder weniger voll geladenem Akku. Die erste Etappe ist unerwartet kurz, der Schnelllader in Seesen war einfach zu verführerisch, und einen Kaffee haben wir auch gebraucht. Erstes Fazit: Es macht richtig Spaß, den Leaf zu fahren.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes Video (Kaltura Inc.) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Kaltura Inc.) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Originalmeldung

Schon bei unserem ersten Leaf machten wir die Probe aufs Exempel und fuhren 750 Kilometer von Hannover nach Kollerschlag in Österreich. Damals empfanden wir die Langstreckenfahrt angenehmer als befürchtet, aber planungsintensiv und sehr entschleunigt.

Mit dem Leaf 2 müsste das doch nun besser klappen: Vielleicht macht allein die geringfügige Reichweitenerhöhung einen Unterschied auf langen Strecken. Eventuell sorgt das dichtere Netz an Schnellladesäulen für zugigeres Vorankommen. Im Januar auf Teneriffa konnte c't-Redakteur Sven Hansen den Leaf 2 erstmals Probe fahren – allerdings ohne Strecke zu machen. Das wollen wir nun nachholen.

Ab morgen können Sie uns im Online-Tagebuch in dieser Meldung folgen und unseren Live-Standort auf der Fahrt nach Österreich verfolgen. Falls Sie Fragen rund um die Fahrt und Elektroautos haben, melden Sie sich einfach übers Forum; wir werden versuchen, vor Ort einige der Fragen zu beantworten.

(spo)