EU-Copyright: 130 europäische IT-Firmen wehren sich gegen Upload-Filter und Leistungsschutzrecht

Europäische IT-Unternehmen warnen, dass sie durch Artikel 11 und Artikel 13 der EU-Copyrightreform gegenüber den US-Giganten im Netz ins Hintertreffen gerieten.

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EU-Copyright-Reform: die Modernisierung des Urheberrechts ist aus dem Blickfeld geraten

(Bild: metamorworks / shutterstock.com)

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Inhaltsverzeichnis

Gründer, Geschäftsführer und weitere führende Mitarbeiter von 130 IT-Firmen aus Europa schlagen Alarm, dass die von den EU-Gremien gefundene Übereinkunft zur Urheberrechtsreform "die europäische Wirtschaft schädigen" würde. Der Entwurf untergräbt ihrer Ansicht ernsthaft die Fähigkeit europäische Unternehmen, "mit großen Internetgiganten" wie Google oder Facebook zu konkurrieren.

EU-Urheberrechtsreform und Artikel 13/17

"Wir unterstützen das Ziel der Gesetzgebung, die Rechte von Schöpfern und Verlegern zu schützen", erklären die Firmenvertreter. Die vorgeschlagenen Maßnahmen gingen aber nach hinten los und erreichten keinen fairen Ausgleich zwischen Urhebern, Verwertern und allen anderen Teilen der Gesellschaft. Der geschäftliche Erfolg ihrer Unternehmen werde damit in Frage gestellt, befürchten die Unterzeichner des offenen Briefs an das EU-Parlament. Zu den Beteiligten gehören etwa Manager von Nextcloud aus Deutschland, dem britischen Blockchain-Startup Parity, dem Schweizer Messenger-Dienst Wire oder dem schwedischen Host-Provider Bahnhof.

Vor allem Artikel 13 stelle ein "gefährliches Experiment mit den Grundfesten des Internet-Ökosystems" dar, schreiben die Verfasser. Man müsse Milliarden investieren, um angesichts der vorgesehenen Haftung der Betreiber für die Inhalte von Nutzern rechtlich angemessene Entscheidungen zu treffen und die Legalität der Uploads einzuschätzen. Die meisten Firmen seien weder entsprechend ausgerüstet noch fähig, die dafür erforderlichen automatischen Prüfmechanismen zu installieren. Derlei Upload-Filter seien teuer und "fehleranfällig".

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Das mit Artikel 11 verknüpfte EU-weite Leistungsschutzrecht für Presseverleger im Internet würde es den Firmen zudem schwerer machen, die "rechtlichen Hürden für den Start neuer Projekte zu überspringen", heißt es weiter. Europa würde damit "jede Chance vertun, eine bedeutsame Rolle auf der Weltbühne zu spielen". Startups, die ihre Dienste auf aggregierten Online-Informationen aufbauten, gingen bankrott.

Das Ansinnen des Gesetzgebers, die Macht der großen US-Plattformen zu begrenzen, wird laut den Unternehmen so insgesamt ins Gegenteil verkehrt. Europäische Online-Firmen müssten ihre Daten den US-Konzernen zum Filtern übergeben, was ihre digitale Unabhängigkeit genauso aufs Spiel setze wie die Privatsphäre ihrer Nutzer. Die Firmen appellieren daher an "alle sich für Startups stark machenden" EU-Abgeordneten, gegen die beiden Artikel zu stimmen und damit die gesamte Copyright-Reform abzulehnen.

Der Bundesverband Deutsche Startups hat zugleich die Initiative von Rechts- und Digitalpolitikern der CDU abgelehnt, bei der nationalen Umsetzung eine Bagatellgrenze sowie eine Vergütungspauschale für nutzergenerierte Inhalte auf YouTube & Co. einzuführen, um Upload-Filter zu vermeiden. Wenn die Partei damit anerkenne, "dass Artikel 13 ein schädliches und schlecht ausgearbeitetes Stück Gesetzgebung ist", mache es wenig Sinn, diesen erst zu verabschieden und dann wieder im Alleingang umgehen zu wollen.

Der renommierte Urheberrechtler Thomas Dreier vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sieht Artikel 13 ebenfalls skeptisch: Um Klagen von vornherein aus dem Weg zu gehen, könnten Plattformen deswegen sehr restriktive Upload-Filter einrichten und so die Axt an die Internetkultur anlegen, warnt der Experte. Letztere baue auch auf dem freien Zitieren und Teilen von Inhalten auf. Derlei Auswirkungen sollten "nochmals genau überdacht werden".

Letztlich sei eine Novelle des Urheberrechts aber nötig, mahnt Dreier. Rechteinhaber monierten etwa "die erheblichen Einnahmen der Plattformbetreiber wie YouTube, an denen sie nicht beteiligt sind". Der gewählte Lösungsansatz passe aber nicht. Der Professor beklagte zudem, "durch die laute Diskussion über die Internetkultur" gerate in den Hintergrund, dass der Entwurf etwa auch Text- und Data-Mining, grenzüberschreitende Online-Lehre oder die Digitalisierung von Archivbeständen regele. Die laufende Protestwelle soll am Samstag bei einem europaweiten Aktionstag ihren Höhepunkt finden vor der finalen Abstimmung im Parlament nächste Woche.

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(jk)