Bundesdatenschützer: Kritik an Darknet-Gesetz, will "Sicherheitsgesetz-Pause"

Ulrich Kelber hält das geplante Gesetz gegen Marktplätze im Darknet für zu weitreichend. Außerdem fordert er eine Pause für neue Sicherheitsgesetze.

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Vorratsdatenspeicherung

(Bild: asharkyu/Shutterstock.com)

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Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber hat den Plan für ein Darknet-Gesetz kritisiert und eine Pause für neue Sicherheitsgesetze gefordert. Das sagte er der Süddeutschen Zeitung und rügte auch die hohe Zahl von Sicherheitsgesetzen der vergangenen Jahre, die unzulässig weit in Freiheitsrechte eingreifen würden. Man müsse nun erst einmal pausieren, um die Ergebnisse der bereits geltenden Gesetze in der Praxis zu überprüfen. Durch das Darknet-Gesetz würden Unschuldige ins Visier der Behörden geraten, präzisierte er seine Kritik an den aktuellen Plänen.

Der Bundesrat hatte Mitte März einen Gesetzesentwurf gebilligt, der Ermittlungen gegen Betreiber illegaler Handelsplattformen im Darknet erleichtern soll. Im Strafgesetzbuch soll dafür mit dem Paragraph 126a ein neuer Straftatbestand eingeführt werden, der das Betreiben illegaler Marktplätze im Internet unter Strafe stellt. Die vorgesehene Höchststrafe beträgt drei Jahre Gefängnis. Danach wäre das Anbieten von Leistungen im Darknet strafbar, wenn diese wiederum Straftaten wie das Verbreiten von Rauschgift, Sprengstoff oder Kinderpornografie ermöglichen. Vor allem das Betreiben von Tor Hidden Services soll damit unterbunden werden können.

Kelber (SPD) meint nun, dass sich Anbieter von Anonymisierungssoftware Gedanken machen müssten, ob ihre Dienste illegal wären, sollte das Gesetz beschlossen werden. Dabei sei das über den Tor-Browser erreichbare Netzwerk gar nicht pauschal mit dem Darknet gleichzusetzen. Auch Regimegegner und Whistleblower nutzten es als geschützte Möglichkeit zur Kommunikation, erklärt der Datenschützer. Sogar hierzulande gebe es legitime Gründe, ins Darknet auszuweichen, etwa um Tracking zu entgehen. Gleichzeitig hätten Ermittler Möglichkeiten, Straftäter im Darknet ausfindig zu machen, wie die Schließung mehrere Darknet-Marktplätze in jüngster Zeit deutlich mache.

Kelber sieht gegenüber der Süddeutschen Zeitung zwei Aspekte des geplanten Gesetzes ungeklärt: "Wann ist der Dienst darauf ausgerichtet, die Begehung rechtswidriger Taten 'zu ermöglichen oder zu fördern'? Und wie konkret muss dies geklärt sein?" Es müsse in solch einem Gesetz genau ausgeführt werden, welches Verhalten strafbar ist und welches nicht. Dass die Polizei schon wegen eines vagen Anfangsverdachts ermitteln dürfe, sei außerdem "ein kaum zu rechtfertigender Eingriff in die Bürgerrechte".

Insgesamt konstatiert Kelber gegenüber der Zeitung eine gefährliche Entwicklung, mit "bürgerrechtlich fragwürdigen Gesetzentwürfen" Probleme lösen zu wollen. Damit mache es sich der Staat zu einfach. Teilweise seien solche Gesetze auch schon vom Bundesverfassungsgericht wieder gekippt werden. Nötig sei jetzt zu pausieren, statt neue Sicherheitsgesetze zu verabschieden, und bereits beschlossene Gesetze bezüglich ihrer realen Folgen zu überprüfen. (mho)