Formel E: Technik und Taktik in der Elektro-Rennwagen-Serie

Beim zehnten Lauf der diesjährigen Formel-E-Saison siegte der Brasilianer Lucas di Grassi. heise online hatte Gelegenheit zum kurzen Blick hinter die Kulissen.

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Formel E: Technik und Taktik
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Die Formel E ist der Elektromotor-betriebene Ableger der Formel 1. Anders als bei dieser sind alle Fahrer mit den gleichen Wagen unterwegs, einem Spark SRT05e. Die Autos der einzelnen Teams unterscheiden sich lediglich beim Antriebsstrang, den die Unternehmen selbst entwickeln oder zukaufen dürfen.

Die Technik spielt eine größere Rolle als in der Formel 1. Denn die Fahrer müssen mit dem 54 kWh großen Akku über die ganze Distanz kommen, anders als noch in der vergangenen Saison, als die Fahrer etwa zur Mitte des Rennens in ein anderes Auto mit vollem Akku wechselten. Die Leistung der Elektromotoren liegt bei 250 kW, sie wird während des Rennens jedoch auf 200 kW gedrosselt. Ein Rennen geht über 45 Minuten, danach wird noch eine zusätzliche Runde gefahren.

In Berlin fand das zehnte Rennen der Saison 2018/2019 statt, der fünften Saison der noch jungen Rennklasse. 22 Fahrer aus 11 Rennteams kämpften um Plätze und Sonderpunkte – die Entscheidung über den diesjährigen Sieger dürfte jedoch erst beim letzten Rennen am 14. Juli in New York fallen.

Formel E (7 Bilder)

Blick auf das Lenkrad eines Venturi-Rennwagens. Da alle Autos gleich sind, sehen jedoch die Cockpits der Konkurrenten genauso aus.
(Bild: Lutz Labs)

Auf dem ehemaligen Flughafen Berlin Tempelhof siegte der Brasilianer Lucas di Grassi, der sich vom dritten Startplatz nach einigen Runden an die Spitze gesetzt hatte. Teilweise betrug sein Vorsprung auf das Verfolgerfeld einige Sekunden. Der Deutsche Andre Lotterer, der sich von einem der letzten Startplätze weit nach vorn gekämpft hatte, musste etwa zehn Minuten vor Rennende mit Akkuproblemen aufgeben. Auch Alex Lynn konnte das Rennen nicht beenden, er blieb mit Problemen an der Hinterachse stehen. Sein Auto musste mit einem Kran von der Strecke geholt werden.

Während der Bergungsaktion war die Geschwindigkeit für die anderen Fahrer auf 50 km/h begrenzt. Dadurch entluden sich die Akkus langsamer: Am Ende des Rennens lag der Akkustand bei allen Fahrern noch zwischen 6 und 10 Prozent – bei einem Rennen ohne solche Bremsen liegt der typische Wert eher bei 2 Prozent; auch ist es schon passiert, dass Rennautos auf der Zielgeraden der Saft ausging und der Führende noch überholt wurde.

Wir hatten bereits am Freitagabend die Gelegenheit, mit Damian Griffith, dem Chief Commercial Officer des Venturi-Teams, sowie dem CEO von Acronis, Serguei Beloussov, über die Technik hinter der Formel E zu sprechen.

Die etwa 400 Sensoren in den Autos speichern pro Rennwochenende rund 5 GByte. Diese Daten müssen nach einem Lauf oder dem Qualifying gesichert werden, damit sie für Analysen zur Optimierung möglichst noch vor dem nächsten Einsatz nutzbar sind. Dazu benutzt das Venturi-Team Software von Acronis.

Beloussov will die KI-Software seines Unternehmen, die bereits in einigen Sportarten eingesetzt wird, auch für die Formel E optimieren und damit schnellere Runden ermöglichen. Autonome Autos, sagte er, seien derzeit noch rund 5 Prozent langsamer als menschliche Fahrer, aber er sei sich sicher, dass sich das ändern werde.

Beide zeigten sich überzeugt, dass die sichere Übertragung der Telemetriedaten eine große Rolle spiele, da die Konkurrenten aus deren Kenntnis Vorteile erlangen könnten. Vorteile versuchen die Teams jedoch auch auf einem legalen Weg zu gewinnen: Da die Sprachkommunikation mit den Fahrern über einen offenen Kanal läuft, den alle Teams benutzen, wird die Kommunikation der anderen Teams auch während des Rennens analysiert.

Selbst die aktuelle Akkuladung müssen die Fahrer per Sprechfunk an die Teams melden, sagte Oliver Turney, Rennfahrer im Team Nio, am Samstag im Gespräch mit heise online. Telemetriedaten würden während des Rennens nur wenige zwischen Auto und dem Rennteam vor Ort ausgetauscht, dazu gehört – wohl vor allem aus Sicherheitsgründen – die Akkutemperatur. Auf die Frage, welchen Einfluss Software oder die Optimierung einzelner Komponenten auf den Verlauf des Rennens habe, meinte er "It's all about the driver" (Es hängt alles vom Fahrer ab).

Hinweis in eigener Sache: heise online wurde von Acronis zu der Veranstaltung eingeladen. Das Unternehmen hat auch Anreise und Übernachtung bezahlt. (ll)