Raspberry Pi 4: 4 GByte RAM, 4K, USB 3.0 und mehr Rechenpower

Endlich bekommt der Raspi genügend RAM, schnelle Schnittstellen, mehr Rechenleistung und zwei HDMI-Buchsen - aber nicht alles klappt schon.

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Raspberry Pi 4: 4 GByte RAM, 4K, USB 3.0 und mehr Rechenpower

(Bild: c't/Christof Windeck)

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Mit dem Raspberry Pi 4 dürfte die Raspberry Pi Foundation einen Volltreffer landen: Der Neuling erweitert die Einsatzmöglichkeiten enorm und bleibt dennoch erschwinglich und zum Zubehör des Vorgängers kompatibel. Endlich gibt es mehr als ein mageres Gigabyte RAM, gegen Aufpreis nämlich auch 2 oder 4 GByte. Zudem wuchs die Rechenleistung je nach Anwendung um 60 bis zu über 100 Prozent, die Grafik steuert zwei HDMI-Displays mit hoher Auflösung an und es gibt schnelle Schnittstellen wie Gigabit Ethernet und USB 3.0. Doch auch wenn die Hardware ab heute ausgeliefert wird – die Software muss noch etwas reifen.

Unabhängig davon eignet sich der Raspi 4 viel besser als Media-Player, als Mini-Server beziehungsweise Netzwerkspeicher sowie als Schmalspur-Desktop-PC. Als Media-Player profitiert er davon, dass das neue System on Chip (SoC) jetzt auch 4K-Videos mit H.265 (HEVC) dekodieren (2160p60) kann. Eher für Überwachungsaufgaben ist interessant, dass es gleich zwei Displays mit 4K-Auflösung ansteuert. Die vier stärkeren Rechenkerne vom Typ ARM Cortex-A72 mit Out-of-Order-Mikroarchitektur nützen natürlich in jedem Anwendungsfall, etwa zusammen mit dem größeren Speicher insbesondere beim Einsatz in der Robotik.

Herzstück des Raspberry Pi 4 Model B (RPi4B) ist der Broadcom-Chip BCM2711, der die erwähnten ARM-Kerne mit einer neuen GPU vom Typ VideoCore VI (VC6) sowie mit Controllern für Gigabit Ethernet (GE) und PCI Express (PCIe) vereint. An der einen PCIe-Lane des SoC hängt der USB-3.0-Controller VIA Labs VL805, der zwei USB-A-Buchsen anbindet. Die beiden anderen Typ-A-Buchsen arbeiten wie bisher mit USB 2.0.

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Für die Stromversorgung mit 5 Volt hat der RPi4B nun eine USB-C-Buchse statt MicroUSB. Man braucht also auch ein Netzteil mit USB-C-Stecker oder einen einfachen Adapter. Die Raspberry Pi Foundation verkauft ein passendes USB-C-Netzteil, das 15 Watt liefern kann (5 V/3 A). Wenn keine stromdurstigen USB-Geräte wie schnelle Massenspeicher an den USB-Buchsen hängen, soll der RPi4B weiterhin mit einem 2,5-Ampere-Netzteil auskommen.

Neu sind auch die beiden Micro-HDMI-Buchsen statt nur einer in normal großer HDMI-Bauform - auch hier kommt man mit Adaptern weiter. Achtung: Es gibt auch Mini-HDMI! Die beiden Micro-HDMI-Buchsen liefern HDMI-2.0-Signale für Displays mit Auflösungen bis zu 4K alias Ultra HD (UHD) liefern, also mit 3840 × 2160 Pixeln. Das konnten wir jedoch erst mit der am gestrigen Sonntag fertiggestellten Raspbian-Version ausprobieren. An diesem Part der Software wird in doppelter Hinsicht noch gefeilt: Einige Patches, die die Unterstützung von 4K bei 60 statt nur 30 Hz Bildwiederholfrequenz verbessern sollen, werden in den nächsten Tagen nachgereicht. Außerdem fußt Raspbian nun auf Debian Buster, das offiziell erst im Juli vom Debian-Projekt freigegeben wird.

Raspberry Pi 4 Model B im c't-Labor (12 Bilder)

Raspberry Pi 4 am Leistungsmessgerät: 4,4 Watt braucht der neue Raspi im Leerlauf mit USB-Tastatur, Maus und Gigabit Ethernet.

Wie bei früheren Modellwechseln achtet die Raspberry Pi Foundation auf möglichst gute Kompatibilität zu den Vorgängern, damit sich vorhandene Software weiter nutzen lässt. Deshalb bleibt Raspbian zunächst 32-bittig. Diese Version kann auch die potenziellen Vorteile der ARMv8-komatiblen Cortex-A72-Kerne nicht ausreizen, es spricht sie als ARMv7-Kerne an. Von der Rechenleistung einfacher x86-Prozessoren wie Intels "Atom-Celeron" N4100 bleibt der RPi4B weit entfernt, er kostet aber auch nur einen Bruchteil.

Auch der neue Raspberry Pi 4 bootet von einer MicroSD-Karte, die in einem Reader an der Unterseite der Platine steckt.

Im Test mit einer Vorabversion LibreELEC 10 ließen sich HEVC-(H.265-)kodierte 4K-Videos mit 60 Bildern pro Sekunde (2160p60) flüssig dekodieren und auf einem 4K-Display abspielen – aber bisher eben nur mit 30 Bildern pro Sekunde. Der Hardware-Decoder für H.264 (MPEG-4 AVC) arbeitet nur bis Full HD (1080p60). Für den bei YouTube-Videos gängigen VP9-Codec gibt es keine Spezial-Hardware.

Der Browser Chromium unter Raspbian kann die Video-Decoder im BCM2711 bisher nicht nutzen; hier ruckelt es daher bei hohen Auflösungen. Genauso sieht es beim Videoplayer VLC aus. Bei beiden könnte es eine Weile dauern, bis sie die HEVC-Hardware nutzen können, meint Eben Upton von der Raspberry Pi Foundation. Der Integrationsweg sei ein anderer als beim H.264-De- und Encoder, es muss also eine Menge Code neu geschrieben werden.

Die Leistungsaufnahme des Raspberry Pi 4 Model B ist zwar absolut gesehen gering, er braucht im Leerlauf 4,4 Watt inklusive USB-Tastatur, Maus und Gigabit-Ethernet-Verbindung. Mit WLAN statt GE sind es etwa 0,2 Watt weniger. Im Vergleich zu den Vorgängern ist die Leistungsaufnahme aber deutlich gestiegen: Der Raspberry Pi 3 Model B+ braucht 3,1 Watt mit GE und 2,5 Watt ohne. Um die 1,3 Watt Mehrbedarf ins Verhältnis zu setzen: Viele USB-3.0-Sticks brauchen ähnlich viel, selbst wenn sie bloß in der USB-Buchse stecken.

Unter Last schluckt der Neuling mit maximal 7.6 Watt nicht nennenswert mehr als der 3B+ (7 Watt). Unter Dauer-Höchstbelastung etwa mit OpenSSL-Verschlüsselung auf allen CPU-Kernen gleichzeitig erhitzen sich letztere innerhalb einiger Minuten auf über 80 Grad Celsius, dann drosselt der Chip seine Leistung stufenweise. Bis es soweit ist, dauert es aber wesentlich länger als beim Raspi 3B+.

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Mit Gigabit Ethernet und zwei USB-3.0-Buchsen eignet sich der RPi4B deutlich besser als Mini-Server als seine Vorgänger, die nur USB 2.0 haben und auch ihre GE-Adapter darüber anbinden. GE liefert beim RPi4B die volle Transferrate von rund 925 MBit/s und ist über einen Broadcom-Standardtreiber eingebunden.

Via USB 3.0 konnten wir lokal mit bis zu 200 MByte/s von einer externen SSD lesen. Das schöpft zwar bei Weitem nicht die Möglichkeiten von USB 3.0 mit über 400 MByte/s aus, aber die von Gigabit Ethernet mit maximal rund 110 MByte/s. Zugriffe via USB 3.0 auf eine mit LUKS verschlüsselte SSD lieferten bis zu 115 MByte/s. Der Zugriff auf díe SSD übers Netz (Samba) ist naturgemäß etwas langsamer. Hier konnten wir Schreib- und Leseraten um die 80 MByte/s auf die unverschlüsselte SSD messen, verschlüsselt waren es immer noch um die 60 MByte/s.

Mit dem Raspberry Pi 4 Model B erfüllt die Raspberry Pi Foundation viele Wünsche der Raspi-Gemeinde und die 1-GByte-Version hält sogar den alten den Preis. Das Einsatzspektrum des Raspi wächst dadurch weiter. Schwächen hat derzeit noch die Software: Die beiden HDMI-Anschlüsse lassen sich noch nicht voll ausreizen und 64-bittiges Raspbian, das alle Vorteile der Cortex-A72-Kerne nutzbar macht. steht weiter aus. Doch als Mini-Server oder als Desktop-PC-Alternative leistet der Raspberry Pi 4 schon jetzt spürbar mehr als seine Vorgänger.

Konkurrierende Einplatinencomputer – aktuelle Raspi-Alternativen stellt Make vor – haben es ab sofort deutlich schwerer: Zwar sind viele leistungsfähiger als der Raspberry Pi oder haben schnellere Schnittstellen, sind dann aber meistens auch teurer und oft komplizierter in der (Software-)Konfiguration.

Raspberry Pi 4 Model B
Einplatinencomputer mit BCM2711
Prozessor Broadcom BCM2711
CPU-Kerne 4 x ARM Cortex-A72, max. 1,5 GHz
RAM 1, 2 oder 4 GByte LPDDR4-1866 (x32, Micron D9WHV/MT53D1024M32D4DT-053)
GPU VideoCore VI (VC6)
Video-Decoder H.264 (1080p60), H.265 (2160p60)
Gigabit Ethernet MAC im BCM2711, PHY: BCM54213PE
WLAN, Bluetooth SDIO: 802.11ac (2,4 & 5 GHz, 1x1), BT 5.0
USB-3.0-Controller VIA Labs (VLI) VL805
externe Anschlüsse 2x Micro-HDMI, 1x RJ45, 2x USB-A 3.0, 2x USB-A 2.0, 1x MicroSD, 1x Audio-Klinke + Video-Out, 1x USB-C für Netzteil
Onboard-Anschlüsse GPIO-Stiftleiste, 1x PoE-Header, 1x DSI (Display), 1x CSI (Kamera)
Benchmarks (Raspbian Buster, 2019-06-20)
7-zip, 4 Kerne (Zip / Unzip) 3562 / 7755
CoreMark 1 / 8 Kerne 8239 / 32813 Punkte
Datentransferraten
USB 3.0 (mit LUKS verschlüsselt) 200 MByte/s (115 MByte/s)
Ethernet (Senden / Empfangen) 924 / 926 MBit/s
NAS-Zugriff auf USB-SSD (mit LUKS verschlüsselt) 80 (60) MByte/s
Leistungsaufnahme (inkl. mitgeliefertes USB-C-Netzteil, angeschlossen: USB-Eingabegeräte, Full-HD-Display)
Soft-off 0,3 Watt
Raspbian: Leerlauf ohne / mit Ethernet, Maus, Tastatur 3,5 / 4,4 Watt
Leerlauf mit WLAN, Maus & Tast. 4,2 Watt
Last mit YouTube (Chromium) / openSSL 6,0 / 7,6 Watt
Leerlauf Kommandozeile & Ethernet, ohne Maus, Tastatur, Monitor 3,8 Watt
LibreElec 10: Leerlauf / 4K-Video 4,2 / 4,5 Watt
Preise
mit 1 / 2 / 4 GByte 35 / 45 / 55 US-$, geschätzt 40 / 50 / 60 €

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