Strom in Jahr 2050

Der Großteil der Weltbevölkerung lebt bereits heute in Ländern, in denen sich Strom am billigsten mit Sonne oder Wind erzeugen lässt. Das ist eine gute Nachricht für das Klima – wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

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Energiewende, Klimawandel

(Bild: Gerd Altmann, Lizenz: Public Domain (Creative Commons CC0))

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Sascha Mattke
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Das Zeitalter der Dominanz von Kohle und Öl in der Stromerzeugung geht zu Ende, und an die Stelle dieser fossilen Brennstoffe tritt sauberer und erneuerbarer Strom aus Sonne und Wind. Anders als in der Anfangszeit sind dafür nicht einmal mehr Subventionen erforderlich, denn zunehmend wird die erneuerbare Stromerzeugung allein durch Marktkräfte zur günstigsten Option. Dies ist eines der Hauptergebnisse aus dem neuen New Energy Outlook des Informationsdienstleisters Bloomberg New Energy Finance (BNEF).

Der BNEF-Bericht mit Prognosen zur Entwicklung bei erneuerbaren Energien wird im Jahresrhythmus veröffentlicht. Schon in den Vorjahren zeigte er einen Trend zu mehr sauberer Stromerzeugung, doch nach der neuesten Ausgabe erscheint diese Entwicklung weitaus deutlicher als zuvor. Weltweit sollen Wind und Sonne bis 2050 demnach die Hälfte des gesamten Strombedarfs decken, in manchen Ländern sogar um die 80 Prozent.

Entscheidend für diese Entwicklung ist der Preisverfall, den BNEF bei Solar- wie Windkraft-Technologie ausgemacht hat. Die Kosten für Photovoltaik-Module sind demnach seit 2010 bereits um 90 Prozent gesunken, bis 2030 wird ein weiterer Rückgang um 34 Prozent gegenüber heute erwartet. Ähnlich seien Windräder seit 2010 um 40 Prozent billiger geworden, bis 2030 sollen die Kosten um weitere 36 Prozent sinken und bis 2050 um insgesamt 48 Prozent gegenüber heute.

Bereits jetzt seien Wind und Sonne in den Ländern, in denen zusammen zwei Drittel der Weltbevölkerung leben, damit zur billigsten Option der Stromerzeugung geworden. Vor fünf Jahren habe es noch genau andersherum ausgesehen – damals ließ sich Strom zumeist noch mit Kohle und Gas am billigsten produzieren.

Bei Strom ist der reine Preis allerdings nicht alles – es kommt auch auf die Verfügbarkeit zum richtigen Zeitpunkt an. Wegen ihrer schlechten Planbarkeit hatten Sonnen- und Windstrom hier bislang Nachteile, doch diese schwinden laut BNEF aufgrund einer weiteren Technologe ebenfalls rasch: "Batterien komplettieren das Triumvirat neuer Technologien, das den Elektrizitätssektor transformieren wird", schreiben die Analysten.

Denn mit großen Batteriesystemen wird es möglich, in Zeiten geringer Nachfrage produzierten Strom aufzuheben und später bei hoher Nachfrage abzugeben. Und auch deren Kosten sollen nach der Analyse drastisch sinken: von 187 Dollar je Kilowattstunde Kapazität auf nur noch 62 Dollar in 2030 – eine Verringerung um rund zwei Drittel. Bis Mitte der 2020er Jahre sollen Systeme mit erneuerbarer Stromerzeugung und Speichern dadurch zur weltweit billigsten Option für die Bedienung von Lastspitzen werden. Auch hier stehen Kohle und Gas als Mittel der Wahl also vor der Ablösung.

Die stark sinkenden Kosten sollen laut der Prognose gleichzeitig dazu führen, dass mehr Kapazität für Stromerzeugung und -speicherung privat installiert wird, also von Unternehmen und Haushalten statt von spezialisierten Erzeugern. 40 Prozent der im Jahr 2050 installierten Speicherkapazität werde sich "hinter dem Stromzähler" befinden, sagt BNEF voraus. Diese Entwicklung werde etwa 2025 beginnen, weil der Wert eines höheren Anteils Eigenversorgung zunehmend die Kosten für Speichersysteme übersteige.

Der von solchen wirtschaftlichen Erwägungen angetriebene Umbau des weltweiten Energiesystems lässt laut der Analyse Investitionen in atemberaubender Höhe erwarten: Bis 2050 sollen insgesamt 13,3 Billionen US-Dollar für neue Erzeugungskapazität einschließlich Speichern für erneuerbare Energien ausgegeben werden. 9,5 Billionen Dollar sollen allein zu Wind und Solar fließen. In fossile Kraftwerke werde vor allem in Asien noch investiert, insgesamt aber soll dieser Bereich bis 2050 nur noch 2 Billionen Dollar an Investitionen anziehen. Doch selbst in China werde der Höhepunkt bei den CO2-Emissionen durch fossile Stromerzeugung im Jahr 2027 überschritten werden.

"Die Zeiten, als noch direkte Unterstützung wie Einspeisevergütungen benötigt wurde, gehen zu Ende", zieht Elena Giannakopoulou, Leitende Energie-Ökonomin bei BNEF, mit Blick auf Wind- und Sonnenstrom als ein Fazit der Studie.

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Grundsätzlich würde das dafür ausreichen, dass der weltweite Elektrizitätssektor seine Emissionen bis zum Jahr 2030 so weit verringert, dass die Entwicklung mit dem Ziel vereinbar ist, die Erderwärmung auf maximal 2 Grad begrenzt zu halten. Anschließend wird aber noch deutlich mehr geschehen müssen. Ab einem gewissen Punkt, so BNEF, müssten neben sauberen Quellen und Batteriespeichern noch weitere Technologien zum Einsatz kommen. Als Kandidaten werden "Kernkraft, Biogas-to-Power, Verstromung grünen Wasserstoffs sowie Kohlendioxid-Abscheidung" genannt.

Die aktuelle Analyse spreche dafür, dass Regierungen zwei Dinge zu tun hätten, kommentiert dies Seb Henbest von BNEF. Zum einen müssten sie sicherstellen, dass ihre Märkte die richtigen Rahmenbedingungen für das Wachstum bei Wind, Sonne und Batterien bieten. Zum anderen sei aber Unterstützung für Forschung und frühe Installationen der anderen Technologien erforderlich, damit sie ab 2030 im großen Maßstab genutzt werden können.

[Korrektur, 27.6.2019: Bei den Angaben zu den Kosten von Stromspeichersystemen hat sich ein Fehler eingeschlichen. Megawattstunden wurden nun in Kilowattstunden korrigiert. jle]

(sma)