Stromnetzpuffer aus dem Mercedes
Akkus von E-Autos sollen helfen, Schwankungen in der Energieversorgung auszugleichen. Daimler und ein Netzbetreiber arbeiten an dem Projekt.
Besser spät als nie setzt die Daimler AG mittlerweile auf Elektroenergie – sei es nun bei vollelektrischen Fahrzeugen wie dem EQC oder mit der Gründung der eigenen Energietochter Mercedes-Benz Energy GmbH.
In Zusammenarbeit mit dem Stromnetzbetreiber Tennet aus den Niederlanden, der in Deutschland allein über 12.000 Kilometern lange Leitungen in der Energieversorgung besitzt, soll nun demonstriert werden, dass im Auto verbaute Akkus Stromnetze stabilisieren können, die durch erneuerbare Energieformen stark unterschiedlich belastet werden.
Anschlussleistung ein Megawatt
Dazu haben die Partner ein Pilotprojekt namens Enera aufgelegt, das unter anderem vom Bundeswirtschaftsministerium mitfinanziert wird. Es läuft dort im Rahmen des "Schaufensters intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende" (SINTEG).
Der Batteriespeicher der Pilotanlage enthält sowohl Batterien, die als Austauschbauteile vorgehalten werden, als auch ausgemusterte Akkus aus Elektroautos ("2nd-Life- und Ersatzteil-Batterien"). Die Anschlussleistung beträgt ein Megawatt, die Kapazität 750 Kilowattstunden. Nach Angaben von Tennet und Daimler gelang es nachzuweisen, dass sich Lithium-Ionen-Akkus aus Autos "für eine hochdynamische Systemstützung" des Stromnetzes eignen. Damit könnten sie die trägen Massen von Großkraftwerken ersetzen. Wie wirtschaftlich das ist, muss sich noch erweisen. Die Entwicklungspartnerschaft soll weitergehen und letztlich zu Produkten führen.
Systemausfälle vermeiden
Weiterhin habe man demonstrieren können, dass die Pufferspeicher auch dazu nutzbar sind, Kraftwerke nach Systemausfällen wieder anzufahren. Derzeit sind dazu üblicherweise Dieselaggregate notwendig, die einen hohen CO2-Ausstoß aufweisen. "Letzten Endes kann hierdurch der Wegfall konventioneller Energieerzeugung mit kompensiert werden", so die Projektpartner.
Durch die zunehmende Verwendung erneuerbarer Energiequellen wird die Stromerzeugung inkonsistenter als sie es durch traditionelle Träger wie Kohle oder Atomkraft bislang war. Deshalb müssen bei windlosen Phasen oder geringer Sonneneinstrahlung Ersatzkraftwerke vorgehalten werden, die auf Abruf angefahren werden können. Dieser Anfahrprozess kann wiederum von Pufferspeichern profitieren, wie Tennet und Daimler nun zeigen. Weiterhin gilt es, sich gegen Stromausfälle abzusichern.
Starterbatterie fürs Kraftwerk
Letztlich wollen die Projektpartner eine Art Starterbatterie für Kraftwerke entwickeln. Diese schiebt die trägen rotierenden Massen eines Kraftwerks wieder an, die für die Sicherstellung der Haltung der Netzfrequenz von 50 Hertz notwendig sind. "Die benötigte Energie, etwa zwei bis vier Prozent der Nennleistung eines Kraftwerks, wird im Bedarfsfall aus dem Energiespeicher abgerufen", so Tennet und Daimler.
Um dies nachzuweisen, hätten die Projektpartner in Kamenz ein Testnetz aufgebaut und es nach einem simulierten Netzausfall mit Hilfe des automobilen Batteriespeichers wieder aufgebaut. Dies soll nahezu verlustfrei und deutlich umweltschonender sein.
(bsc)