Marktanalyse: Microsoft-Abhängigkeit führt zu "Schmerzpunkten" beim Bund

Die Bundesverwaltung hängt im Software-Bereich am Tropf von Microsoft, haben Forscher herausgefunden. Die digitale Souveränität des Staates sei gefährdet.

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Marktanalyse: Microsoft-Abhängigkeit führt zu "Schmerzpunkten" beim Bund

(Bild: VDB Photos/Shutterstock.com)

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Analysten des Beraternetzwerks "PwC Strategy&" stellen der Bundesverwaltung in einer vom Bundesinnenministerium in Auftrag gegebenen Studie im IT-Bereich kein gutes Zeugnis aus. Die Behörden seien auf der Software-Ebene "in allen Schichten" von wenigen Anbietern "stark abhängig", heißt es in der am Donnerstag veröffentlichten Untersuchung. Das gelte "besonders für Microsoft", dessen Produkte wie Office, Windows und Windows Server "vielfach eingesetzt werden und eng miteinander verknüpft sind". Konditionsverträge und Lizenzausgaben deuteten zudem auf brenzlige Beziehungen etwa zu Oracle oder SAP hin, wobei es sich dort aber nur um einzelne Produktsegmente handle.

Insbesondere die Abhängigkeit von Microsoft-Produkten führt gemäß den Ergebnissen "zu Schmerzpunkten bei der Bundesverwaltung, die im Widerspruch zu den strategischen Zielen der IT des Bundes stehen". Als kritisch befinden die befragten Anwender und Strategen demnach vor allem die damit eingeschränkte Informationssicherheit und rechtliche Unsicherheiten etwa im Bereich Datenschutz. Dabei handle es sich um Punkte, "die die digitale Souveränität des Staates gefährden". Ferner knacke es im Getriebe aufgrund "unkontrollierbarer Kosten", "eingeschränkter Flexibilität" und "fremdgesteuerter Innovation".

Die Autoren des Berichts sehen daher "dringenden Handlungsbedarf", wobei sich die Bundesverwaltung an vielen nationalen und internationalen Initiativen anderer Organisationen orientieren und die daraus abgeleiteten Erfolgsfaktoren für ihren eigenen Lösungsweg anwenden könne. Ein Großteil dieser Ansätze ziele darauf ab, Microsoft-Produkte durch Open-Source-Lösungen zu ersetzen. Dabei handle es sich um ein "probates Mittel", um die "digitale Souveränität der Bundesverwaltung langfristig zu sichern". Dabei sei es aber wichtig, etwa Nutzerakzeptanz sicherzustellen sowie IT-Kompetenz aufzubauen, um Rückschlägen wie in München vorzubeugen.

Leitende Beamte im Innenressort hatten bereits im Mai mit dem "großen Wurf" gegen Microsoft geliebäugelt. "Bereits in den nächsten Tagen werden wir Gespräche mit Software-Anbietern führen", kündigte Bundesinnenminister Horst Seehofer nun an. "Um unsere digitale Souveränität zu gewährleisten, wollen wir Abhängigkeiten zu einzelnen IT-Anbietern verringern", betonte der CSU-Politiker. "Außerdem prüfen wir Alternativ-Programme, um bestimmte Software ersetzen zu können. Dies geschieht in enger Abstimmung mit den Ländern sowie der EU."

Die Bundesverwaltung werde der beschriebenen Entwicklung in den nächsten Jahren etwa durch Anforderungen an die Nutzungsbedingungen von Software, aber auch durch die konkrete Produkt- und Lieferantenauswahl begegnen. Dabei werde der Einsatz freier Software eine wesentliche Rolle spielen. Peter Ganten von der Open Source Business Alliance (OSB) forderte, das Vergaberecht so zu justieren, "dass bei zwei ähnlichen Angeboten Open-Source-Software gewählt wird, da es im Sinne der digitalen Souveränität das bessere Angebot ist". (axk)