Nach Halle-Attentat: CDU fordert umfangreiches Überwachungspaket fürs Internet

Der CDU-Bundesvorstand drängt auf eine Meldepflicht "strafrechtlich relevanter Fälle" auf sozialen Netzen und Spieleplattformen sowie Vorratsdatenspeicherung.

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Nach Halle-Attentat: CDU fordert umfangreiches Überwachungspaket fürs Internet

(Bild: Shutterstock/Electric Egg)

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Die CDU-Spitze hat den Terroranschlag von Halle vorige Woche zum Anlass genommen, erneut weitgehende Überwachungsmaßnahmen zu fordern und diese mit neuen Auflagen insbesondere für soziale Netzwerke sowie Spieleplattformen zu ergänzen. In einem Beschluss des Bundesvorstands der CDU zum Kampf gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus vom Montag heißt es dazu: "Wir brauchen adäquate Möglichkeiten für Ermittlungen der Behörden im Darknet, bei der Überwachung von Messenger-Diensten, der Speicherung und Analyse relevanter Daten sowie bei Online-Durchsuchungen."

"Datenschutz darf nicht zum Täterschutz werden!", greift das Führungsgremium mit dem Papier einen alten Slogan rechtskonservativer Innenpolitiker auf. Es gelobt: "Wir werden in unseren Anstrengungen nicht nachlassen, dass die im analogen Bereich vorhandenen Befugnisse des Verfassungsschutzes endlich in die digitale Welt übertragen werden." So soll das zuständige Bundesamt etwa die Lizenz zum Einsatz von Bundestrojanern erhalten. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) setzt sich dafür schon seit einiger Zeit ein, biss damit beim Koalitionspartner SPD aber bislang auf Granit.

Das heftig umstrittene Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) muss laut dem CDU-Bundesvorstand erweitert werden. Betroffene Plattformbetreiber wie Facebook, Google oder Twitter sollen ihm zufolge verpflichtet werden, "bei strafrechtlich relevanten Fällen proaktiv an die Strafverfolgungsbehörden heranzutreten". Diese Meldeauflage soll unabhängig vom Geschäftssitz gelten, wenn die Netzwerke hierzulande genutzt werden können. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte sich zu diesem Punkt bereits ähnlich geäußert.

"In besonders schweren Fällen von Verleumdung, Beleidigung oder Bedrohung im Netz müssen die Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden auch ohne Anzeige eingeleitet werden können", gehen die Christdemokraten einen Schritt weiter. Auch der Strafrahmen und Deliktcharakter müsse hier dringend angepasst werden. Einschlägige mögliche Vergehen sollen also zu einem Offizialdelikt werden, wofür die Ordnungshüter die Internetüberwachung insgesamt etwa mit Cyber-Streifen deutlich ausbauen müssten. Kritiker fürchten hier um die Meinungsfreiheit.

"Verstärkt bieten Online-Spiele virtuelle Räume für Hass und Hetze" und förderten die Gewaltbereitschaft durch menschenverachtende Inhalte, zeigen sich die Konservativen besorgt. Spieleplattformen müssten daher in die besondere Verantwortung der Dienstanbieter "ausdrücklich einbezogen werden". Seehofer hatte schon am Wochenende die Parole ausgegeben: "Wir müssen die Gamer-Szene stärker in den Blick nehmen." Vertreter etwa aus der Branche und der FDP warnten dagegen davor, Computerspieler als Ursache von Gewalt und Problemen mit Rechtsextremismus an den Pranger zu stellen.

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Innenpolitiker fordern verstärkt härteres Vorgehen gegen rechtsextreme Strukturen. Die Ideen sind aber altbekannt und wenig effektiv, meint Keywan Tonekaboni.

Die derzeit ausgesetzte Vorratsdatenspeicherung will der CDU-Vorstand wieder genutzt wissen, da sie "für Verfassungsschutz und Polizei von größter Bedeutung" sei. Daten auffälliger Personen sollen länger aufbewahrt werden können, "um zu verhindern, dass Extremisten unter dem Radar verschwinden", nur weil sie für eine gewisse Periode "unauffällig" seien.

Vor allem eine "Verlängerung der DNA-Speicherfristen über 10 Jahre hinaus" halte man für notwendig, "damit Spuren zur Aufklärung schwerer Straftaten nicht verloren gehen". Die "Verbreitung von Bauanleitungen" für Waffen müsse "strikt verboten werden". Der Halle-Attentäter Stephan B. soll Berichten zufolge einen 3D-Drucker verwendet haben, um Teile seiner Ausrüstung selbst anzufertigen. (tiw)