Innenminister: Melderegister sollen über die Steuer-ID vernetzt werden

Die Innenministerkonferenz will beim geplanten "registerübergreifenden Identitätsmanagement" Anfang 2020 Nägel mit Köpfen machen und die Steuer-ID ausweiten.

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Innenminister: Melderegister sollen über die Steuer-ID vernetzt werden

(Bild: Neosiam32896395/Shutterstock.com)

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Bei der seit Jahren in Expertenkreisen diskutierten Registermodernisierung mit einem verfahrensübergreifenden "Identitätsmanagement" machen die Innenminister von Bund und Ländern weiter Druck. "Bis zum 1. Quartal 2020" müsse klar sein, welches Identitätsmerkmal hierzulande genutzt werden solle, um etwa Angaben zu Unternehmen, Gebäuden und Wohnungen sowie Flurstücken mit einzelnen Personen aus den Datenbeständen der Behörden zusammenzuführen, schreibt die Innenministerkonferenz in einem jetzt veröffentlichten Zwischenbericht.

"Verlässliche Angaben zur Identität von Personen sind die Basis aller Verwaltungsleistungen", betont das Bundesinnenministerium in der Analyse. "Wird die Verwaltung zunehmend digitalisiert, muss auch in der digitalen Kommunikation gewährleistet sein, dass Personenverwechslungen ausgeschlossen und die betroffene Person eindeutig identifiziert wird." Heißer Favorit des Hauses von Horst Seehofer (CSU) für eine einschlägige übergreifende Kennziffer: die an sich bereits umstrittene einheitliche Steueridentifikationsnummer.

Die "Steuer-ID" sei "der bekannteste der bereits bestehenden Identifier in Deutschland", betonen die Berichterstatter. Zusätzlich habe diese Kennung den großen Vorteil, dass das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) bereits in mehreren Jahren unter einigen Mühen eine zugehörige zentrale Datenbank aufgebaut habe. Ein solches Identitätsregister sei generell nötig, "um eine registerübergreifend einheitliche Verantwortung für die Aktualität, Qualität und Konsistenz des Basisdatensatzes einer Person" mit Vor- und Nachname, Geburtsdatum und -ort, aktueller Meldeadresse und Staatsangehörigkeit "zu etablieren und einen eindeutigen Identifier zu vergeben".

Die Steuer-ID-Datenbank des BZSt enthalte keine Finanz- oder Steuerinformationen, sondern Angaben, "die der eindeutigen Identifikation einer Person dienen", heißt es in dem Papier weiter. Dabei würden durch Datenübermittlungen der Meldebehörden alle meldepflichtigen sowie über die Finanzämter weitere steuerpflichtige Personen erfasst. Unstimmigkeiten bei Datensätzen kläre das BZSt zusammen mit den anderen beteiligten Stellen ab. Das System spiele damit schon heute "eine wichtige Rolle bei der Qualitätssicherung der Daten in den Registern der Innenverwaltung".

Auch "Datenkranz, Personenkreis und Aufgaben der Steuer-ID-Datenbank" weisen laut den Autoren bereits jetzt einen hohen Deckungsgrad zu den Anforderungen der Innenministerkonferenz (IMK) auf. Sie heben vor allem "die große Expertise des BZSt im Bereich der Qualitätssicherung von Identitätsdaten und bei der Vergabe eindeutiger Identifikatoren" hervor, auch wenn "die wahre Identität von Personen" bisher nicht hinterfragt werde und hier noch nachgebessert werden müsse. Für erforderliche Datenübermittlungen in oder aus anderen Registern könnte ferner "weiterhin das Meldewesen seine Stärke als 'informationelles Rückgrat der Verwaltung' ausspielen".

Datenschützer, für die ein allgemeines Personenkennzeichen ein rotes Tuch ist, bemängeln seit Langem, dass die Steuer-ID entgegen der ursprünglichen politischen Beteuerungen zunehmend in den verschiedensten Lebensbereichen verwendet werde. Banken, Versicherungen und Krankenkassen hätten das personenbezogene Merkmal für sich entdeckt, was die Gefahr der Anlage aussagekräftiger Persönlichkeitsprofile vergrößere.

Das Bundesinnenministerium sieht dagegen keine Probleme rund um die Privatheit der Bürger. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht sei mit Blick auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht zwar insbesondere durch organisatorische, technische und rechtliche Maßnahmen zu verhindern, dass alle mit dem Kennzeichen verbundenen Daten zusammengeführt werden, wissen die Beamten. Ferner sei "begründet darzulegen, dass unter Berücksichtigung der verfolgten Ziele der Grundrechtseingriff im Ergebnis verhältnismäßig ist". Dies sei im Rahmen des Konzepts aber machbar.

Einschlägige rechtliche Rahmenbedingungen fänden sich in der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und gegebenenfalls in "ergänzenden Regelungen", legen die Autoren dar. Diese lasse in Artikel 87 "Kennzeichen von allgemeiner Bedeutung ausdrücklich zu". Um Risiken zu begegnen, sollten "Abhilfemaßnahmen" aber schon bei der Konzeption durch geeignete Weichen- und Voreinstellungen im Sinne von "Privacy by Design" berücksichtigt werden. Der IMK-Beschluss beinhalte zudem eine Maßgabe, dass die betroffenen Personen im Rahmen ihres datenschutzrechtlichen Auskunftsrechts über eine Art Cockpit "jederzeit auf einfache Weise feststellen können, welche Behörde zu welchem Zweck auf welche ihrer Daten zugegriffen hat".

"Die fachlichen Themen und die Gestaltung der Prozesse und der Verantwortung für die neuen Verwaltungsaufgaben" sollen laut den Innenministern nun bis zum Frühjahr mit einem Abschlussbericht so weit vorangebracht werden, "dass eine Entscheidung darüber getroffen werden kann", ob das vorgesehene Identitätsmanagement über die Steuer-ID realisiert "oder eine neue Datenbank aufgebaut werden soll". Zumindest für das Bundesressort ist dabei angesichts des "dargestellten fachlichen Mehrwerts" der bestehenden Lösung schon klar, wohin die Reise gehen soll. Die IMK insgesamt begrüßte diese Linie vorige Woche bei ihrer Herbsttagung in Lübeck. (bme)