Technik-Segen: Fusion aus Robotik und Religion

Können Roboter Priester ersetzen? Oder gar etwas Göttliches repräsentieren? Die Antwort auf diese Fragen ist vielschichtiger, als es auf den ersten Blick scheint.

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Martin Luther, Denkmal, Dresden, Frauenkirche

Martin Luther – hier noch unrobotisch.

(Bild: Peter H, Gemeinfrei (Creative Commons CC0))

Lesezeit: 2 Min.

"Du klammerst dich an dein egoistisches Ego", sagt die ­Maschine mit einer hellen, kindlichen Stimme. "Welt­liche Wünsche sind nichts anderes als ein auf See ver­lorener Geist." Was der Roboter Mindar rezitiert, ist das Herz-­Sutra, einer der zentralen Texte des Zen-Buddhismus.

Auf dem Roboter Pepper läuft Software, die menschliche Emotionen analysiert. 2017 hat das japanische Unternehmen Nissei Eco Co. den humanoiden Roboter darauf programmiert, bei buddhistischen Trauerzeremonien zu assistieren. Der Einsatz des Roboters soll umgerechnet etwa 400 Euro kosten – signifikant weniger als ein echter Priester.

(Bild: Nissei Eco Co.)

Der Einsatz der Maschine, die von einer audiovisuellen Präsentation begleitet wird, ist jedoch mehr als eine spektakuläre Show: Nach dem Glauben der Priester repräsentiert die Maschine in diesem Moment tatsächlich eine Gottheit. Für manche ­japanischen Robotiker ist die Interaktion mit einer Maschine zudem eine wirksame Methode, um Menschen mit der Frage zu konfrontieren, ob es wirklich einen Gegensatz gebe zwischen ­belebter und unbelebter Natur, zwischen dem eigenen Ego und der Welt.

Bereits im Mittelalter ­verwendete die Kirche ­mechanisch angetriebene Figuren, meist von Heiligen, die die Gläubigen in Staunen ­versetzen sollten. Dieser mechanisch angetriebene Mönch kann beten und den Rosenkranz ­küssen. Er war vermutlich ein Geschenk, um einen ­Adeligen zu ­beeindrucken.

(Bild: National Museum of American History)

Der japanische Roboter-Pionier Masahiro Mori, der den Begriff vom "uncanny valley" geprägt hat – wenn Roboter uns zu ähnlich werden, empfinden wir sie als unheimlich –, skizzierte die Idee bereits 1974 in einem Buch mit dem Titel "The Buddha in the Robot".

Ganz so weit würde Gabriele Trovato wahrscheinlich nicht ­gehen. Der Italiener, der zurzeit an der japanischen Waseda ­University in Tokio arbeitet, ist aber davon überzeugt, dass die Fusion aus Robotik und Religion nützlich sein kann, denn religiöse Praxis erfülle gerade bei älteren Menschen wichtige Funktionen. Soziale Roboter könnten dabei unterstützen und begleiten – allerdings müssten sie von den Menschen tatsächlich akzeptiert werden.

Der Robotiker Gabriele Trovato mit zwei Prototypen, die Gläubige durch "Gesten, Dialog und Blickkontakt beim Gebet ­begleiten" sollen. Die dafür notwendige Software ist allerdings noch nicht vollständig implementiert.

(Bild: Gabriele Trovato/Waseda University)

Trovato hat deshalb ein Designkonzept für "theomorphe ­Roboter" erarbeitet – religiöse Maschinen. Die begrenzten ­Fähigkeiten vieler real existierender Roboter etwa in Sachen Konversation und Bewegung soll der Roboter durch mystisches Auftreten überdecken. Bewegungen sind gemessen, würdevoll, und sparsam einzusetzen. "Weniger ist mehr", rät Trovato.

(wst)