E-Government: IT-Planungsrat dampft Bürgerportal-Verbund ein

Der geplante Portalverbund für Online-Dienste der Verwaltung von Bund, Ländern und Kommunen wird keine eigene Plattform, sondern nur über eine Suche vernetzt.

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Behördengang per Mausklick

Bürger sollen die wichtigsten Behördengänge künftig im Internet erledigen können - bei der Vernetzung der Verwaltungsportale gab es jedoch einen Rückschlag.

(Bild: dpa, Marc Müller)

Lesezeit: 3 Min.

Der IT-Planungsrat von Bund und Ländern hat am Mittwoch in einer erstmals per Videokonferenz abgehaltenen Sitzung beschlossen, sein Prestigeprojekt eines gemeinsamen Verwaltungsportals deutlich abzuspecken. Das Steuerungsgremium habe beschlossen, bei dem geplanten Portalverbund für die digitalen Verwaltungsdienste von Bund, Ländern und Kommunen "die technische Komplexität zu reduzieren", wie es das Bundesinnenministerium ausdrückt.

Es sei verabredet worden, "die Komponente 'Suchen & Finden' zu priorisieren", teilt das Innenressort weiter mit. Diese werde nun mit einiger Verspätung "bis 30. Juni 2020 bereitgestellt". Im Klartext: Aus dem Großvorhaben, die Bürgerportale der gesamten öffentlichen Verwaltung über eine gemeinsame Plattform mit eigenen Registern und vielen Kategorien zu vernetzten, wird vorerst und vermutlich auf Dauer nichts. Stattdessen gibt es eine gemeinsame Startseite mit einer übergeordneten Suchmaske, über die auch E-Government-Verzeichnisse der Länder und Gemeinden zumindest virtuell erschlossen und verlinkt werden sollen.

Die Erwartungen für den Portalverbund waren hoch gesteckt: Das IT-Großprojekt sei "wichtiger als die Autobahn" und werde die digitale Basis für den gesamten öffentlichen Sektor bilden, hatte der Verwaltungsinformatiker Jörn von Lucke 2018 noch als Parole ausgegeben. Zugleich gab er aber zu bedenken, dass alle Beteiligten dafür eine "Herkulesaufgabe" stemmen müssten. Nach Verschiebungen hätte Anfang Januar eigentlich endgültig der Pilotbetrieb starten sollen, wobei Hessen, Berlin und Hamburg gemeinsam mit dem Bund federführend sein wollten. Nach wie vor gibt es aber nur eine Betaversion des Verwaltungsportals des Bundes.

Beteiligte hätten den Strategiewechsel schon im Vorfeld der Sitzung auf einer Palette zwischen "geordnetem Rückzug" bis zu einem "Eingeständnis des Scheiterns" verortet, berichtet der Tagesspiegel. In der Beschlussvorlage habe das Innenministerium "wesentliche Projektverzögerungen" eingeräumt, für die "vor allem Probleme bei der Integration der Software" verantwortlich gewesen seien.

Die Zeit drängt nun stärker denn je. Laut dem im August 2017 in Kraft getretenen Onlinezugangsgesetz (OZG) müssen alle "rechtlich und tatsächlich geeigneten Verwaltungsleistungen" bis Ende 2022 auch online angeboten und über den Portalverbund zugänglich gemacht werden. Mittlerweile lassen zwar Digitalstaatsministerin Dorothee Bär und Vertreter des Hauses von Horst Seehofer (beide CSU) durchblicken, dass man bis dahin eventuell doch nur die wichtigsten Dienste verfügbar machen könne.

Trotz der Probleme zeigte sich der IT-Planungsrat laut Innenministerium "zufrieden mit den aktuellen Fortschritten bei der OZG-Umsetzung". In einigen Bereichen gebe es "eine neue Qualität in der Zusammenarbeit" aller Seiten, die nun Früchte trage. Über standardisierte Verwaltungsvereinbarungen zwischen Bund und Ländern solle "die Nachnutzung bereits entwickelter Leistungen" wie dem Wohn- oder Kindergeld über Referenzimplementierungen erleichtert werden. Ferner werde an der "flächendeckenden Interoperabilität der Servicekonten" für Bürger gearbeitet.

Update 27.03.2020: Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums legt gegenüber heise online Wert auf die Feststellung, dass der Portalverbund "nicht aufgegeben" worden sei. Vielmehr sei "bewusst eine Priorisierung vorgenommen" worden, "die am Nutzererlebnis der aktuellen Ausbaustufe" des Vorhabens nichts ändere. Beim Aufbau der föderalen IT-Architektur gingen Bund, Länder und Kommunen weiter gemeinsam Schritt für Schritt voran. Die Vernetzung der einzelnen Bürgerportale finde im Hintergrund statt, der Nutzer greife weiterhin über die bekannten dezentralen Plattformen auf die künftig virtuell zusammengeführten Angebote zurück. Eigene Register seien nicht geplant gewesen. (vbr)