Schweiz will Vorreiter beim E-Voting werden

Ab 2010 sollen die Eidgenossen ihre gesamten politischen Rechte übers Internet ausüben können.

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Während in Deutschland im Bereich Online-Wahlen nach wie vor kleine Pilotprojekte angeschoben werden und die großen Visionen rar sind, will sich die Schweiz zum europäischen Vorreiter beim E-Voting aufschwingen: 2010 sollen die Eidgenossen alle Abstimmungen, Wahlen und Unterzeichnungen von Volksinitiativen und Gesetzesreferenden auf elektronischem Wege erledigen können.

Eine Machbarkeitsstudie der Bundeskanzlei, die über die Abwicklung der E-Government-Projekte in der Schweiz zuständig ist, hat der Bundesrat vergangene Woche angenommen. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Ausübung der vielfältigen politischen Rechte der Eidgenossen über das Internet durchführbar ist. Grundlegende juristische, politische und gesellschaftliche Probleme gelte es allerdings noch zu lösen.

Als eine der größten Herausforderungen bezeichnete Daniel Brändli von der Schweizerischen Bundeskanzlei gestern auf der Omnicard in Berlin die Wähleridentifikation übers Netz bei gleichzeitiger Wahrung des Stimmgeheimnisses. Digitale Signaturen stünden als grundsätzliche Technik dafür zwar zur Verfügung. Noch brüten die Projektbeauftragten aber über der Frage, wie sich damit Sicherheit, Benutzerfreundlichkeit und Kostengünstigkeit zusammenbringen lassen.

Den Kostenbedarf für den Umstieg aufs Internet beziffert Brändli mit insgesamt rund 500 Millionen Franken. Eine lohnenswerte Investition? "Bei rund 20 Abstimmungen im Jahr", erläutert der E-Government-Experte, "wäre es schon von Vorteil, wenn man das Zuhause machen könnte." Den Weg weisen auch in der Schweiz zunächst Testläufe in den Kantonen Genf, Neuenburg und Zürich, die bis 2004 abgeschlossen sein sollen. 80 Prozent der Projektkosten beziehungsweise rund 5 Millionen Franken steuert dabei der Bund bei. Für die Einführung des E-Votings dürfe aber nicht allein das Kosten-Nutzen-Denken der Verwaltung im Vordergrund stehen, warnte Brändli. "Der Staat befindet sich vielmehr in einer Bringschuld gegenüber seiner Bürgerschaft und Wirtschaft, die sich der neuen Kommunikationsmittel längst angenommen hat und diese in Zukunft auch zur Partizipation an politischen Entscheidungsprozessen einsetzen möchte."

Die Schweiz könnte mit dem ambitionierten Vorhaben den Wettbewerb unter den europäischen Ländern im E-Government-Sektor weiter anheizen. Auch hier zu Lande gibt es Stimmen, die Deutschland zum "Geburtsland der Online-Demokratie" werden lassen möchten. Aber auch der Chef des britischen Unterhauses, Robin Cook, forderte Anfang Januar, dass das Königreich als erstes Land seine allgemeinen Wahlen online durchführen müsste. (Stefan Krempl) / (wst)