Bundesrat stimmt für erweiterte Pflicht zur Passwortherausgabe

Nach dem Bundestag hat der Bundesrat den Gesetzentwurf für den Kampf gegen "Rechtsextremismus und Hasskriminalität" mit BKA-Verdachtsmeldungen befürwortet.

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Bundesrat stimmt für erweiterte Pflicht zur Passwortherausgabe

(Bild: Shutterstock/selinofoto)

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Der umstrittene Gesetzentwurf "zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität" hat am Freitag auch den Bundesrat passiert. Die Länderkammer verzichtete trotz anfänglicher Bedenken hinsichtlich finanzieller Auswirkungen auf die Justizbehörden darauf, den Vermittlungsausschuss anzurufen und billigte das Vorhaben. Die neuen Bestimmungen etwa zur Passwortherausgabe können so direkt nach der Gesetzesverkündung in Kraft treten. Für die Teile, die das Netzwerkdurchsetzungsgesetz betreffen, gilt eine zehnmonatige Übergangsfrist.

Laut dem vom Bundestag Mitte Juni beschlossenen Vorhaben müssen Anbieter von Telemediendiensten sensible Daten von Verdächtigen wie IP-Adressen und Passwörter künftig an Sicherheitsbehörden herausgeben. Betreiber großer sozialer Netzwerke müssen darüber hinaus strafrechtlich relevante Inhalte wie Hassbeiträge, Terrorismuspropaganda oder Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs nicht mehr nur zu löschen, sondern auch mit IP-Adressen und Portnummern ans Bundeskriminalamt (BKA) melden melden.

Mit dem Vorhaben weitet der Gesetzgeber die Möglichkeiten zur Bestandsdatenauskunft aus. Neben Name und Anschrift können Polizei und Geheimdienste damit fortan auch Zugangsdaten für Nutzerkonten, Geräte und Cloud-Konten von sozialen Medien, Chatdiensten, Spiele-Apps, Suchmaschinen, Shops und privaten Seiten im Web, Webmail-Dienste, Podcasts und Flirt-Communities abfragen. Kritiker warnten, dass so eine umfassende "Verdachtsdatenbank" in Form eines polizeilichen Zentralregisters beim BKA entstehe

Eine Richtergenehmigung ist nötig, wenn es um Passwörter und Sicherheitskennungen geht, aber nicht bei IP-Adressen und zugehörigen Nutzernamen. Auskunft erhalten prinzipiell Behörden, die "besonders schwere Straftaten" verfolgen oder für die "Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung zuständig" sind. Bei Telekommunikationsanbietern nutzen die berechtigten Stellen dieses Instrument seit Jahren intensiv, aber nicht immer rechtskonform.

Laut der Großen Koalition kommt der Abfrage im Bereich Telemedien – im Gegensatz zum Mobilfunksektor – aber "kaum Praxisrelevanz" zu. Passwörter müssten auch weiterhin verschlüsselt gespeichert werden.

Das BKA soll "im Rahmen seiner Zentralstellenaufgabe" auch berechtigt werden, bei Anbietern von Telemediendiensten "die Login-IP-Adressen von Urhebern strafbarer Internetinhalte" abzufragen. Die Befugnis wird auf Fälle begrenzt, "in denen dies ausschließlich zur Identifizierung erforderlich und der Inhalt bereits polizeilich bekannt ist". Damit soll das BKA die zuständige Strafverfolgungsbehörde feststellen können, um dieser den Inhalt und die Identität des Nutzers zur dortigen Aufgabenerfüllung weiterzuleiten.

Kriminalisiert wird zudem schon das "Billigen" oder Androhen von Straftaten etwa in sozialen Netzwerken, wenn damit der öffentliche Frieden gestört werden kann. Drohungen mit Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen Sachen von bedeutendem Wert, die sich gegen die Betroffenen oder ihnen nahestehende Personen richten, werden strafbar. Wer im Netz Dritte beleidigt, dem drohen bis zu zwei Jahre Haft. Dazu kommt ein neues "Delikt der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener".

Update: Zeitrahmen des Inkrafttretens im ersten Absatz konkretisiert.

(vbr)