TKG-Novelle: Verzögerung beim Recht auf schnelles Internet

Eigentlich sollte der Referentenentwurf für das überarbeitete TK-Gesetz an Länder und Verbände gehen, doch es gibt Widerstand – auch aus dem Kabinett.

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VDSL-Kabelverweiger Berlin

(Bild: heise online/vbr)

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Die Bundesministerien für Wirtschaft sowie für Verkehr und digitale Infrastruktur haben ihren Referentenentwurf für eine neue große Reform des Telekommunikationsgesetzes (TKG) noch leicht überarbeitet und unter anderem die erforderlichen Änderungen damit verknüpfter Gesetze eingearbeitet. Eigentlich sollte der auf 415 Seiten angewachsene Entwurf am Freitag in die Länder- und Verbändeanhörung gehen, bevor die Bundesregierung ihr abgestimmtes Papier vorlegen wollte. Doch daraus wird zunächst nichts.

Nach Informationen von heise online ist das Vorhaben innerhalb des Bundeskabinetts noch so umstritten, dass die federführenden Ressorts den Entwurf bislang nicht offiziell herausgeben und Stellungnahmen etwa aus der Wirtschaft einholen können. Mehrere Verbände erklärten, die Vorlage noch nicht erhalten zu haben.

Das Bundesinnenministerium und das Bundesverteidigungsministerium haben dem Vernehmen nach Bedenken in Sicherheitsfragen. Das Innenressort reagierte auf eine Anfrage von heise online zu den genauen Gründen im Lauf des Vormittags zunächst nicht. Auch das Bundesjustizministerium blockiert offenbar das weitere Verfahren, da es auf "faire" Verbraucherbedingungen setzt und die maximalen Laufzeiten von Handy- und Internetverträgen mit einer eigenen Initiative auf maximal ein Jahr verkürzt wissen will.

Mit dem Entwurf für ein "Telekommunikationsmodernisierungsgesetz" soll unter anderem der europäische Kodex für die elektronische Kommunikation ins nationale Recht umgesetzt werden. Die Frist dafür läuft Ende des Jahres ab. Deutschland dürfte diese Vorgabe bei dem ohnehin schon als ambitioniert geltenden Zeitplan nun nicht mehr einhalten können: Mit einem Beschluss der TKG-Novelle durch Bundestag und Bundesrat rechnen selbst Optimisten nun erst im Februar oder März. Um ein Vertragsverletzungsverfahren könnte die Bundesrepublik aber noch herumkommen, wenn die parlamentarische Arbeit zumindest schon läuft.

Das EU-Paket soll die Basis dafür bilden, "dass sich die EU zu einer Gigabit-Gesellschaft entwickeln kann". Zudem müssen die Mitgliedsstaaten beim Verbraucherschutz teils gehörig nachbessern. So sollen Kunden hierzulande etwa künftig Providerentgelte mindern können, wenn ein Netzbetreiber nicht die vertraglich zugesicherte Internetgeschwindigkeit liefert. Den Grünen etwa reicht dies aber nicht aus, sie fordern hohe Bußgelder für einschlägige Zugangsanbieter.

Laut dem Entwurf der beiden Ministerien sollen Verbraucher zudem bei Störungen oder im Falle von versäumten Kundendienst- und Installationsterminen eine Entschädigung erhalten. Zum "Kundenschutz" zählen sie auch den Plan, das sogenannte Nebenkostenprivileg abzuschaffen. Die monatlichen Grundgebühren für Breitbandanschlüsse über das TV-Kabel könnten dem Mieter so nicht mehr dauerhaft auf die Betriebskosten umgelegt und in Rechnung gestellt werden.

Ein weiteres Kernvorhaben ist es, das von der großen Koalition geplante Recht auf schnelles Internet für alle Bürger einzuführen, um ihnen die "soziale und wirtschaftliche Teilhabe" an der digitalen Gesellschaft zu ermöglichen. Dafür soll die Bundesnetzagentur Mindestanforderungen festlegen und dabei die von der "Mehrheit der Verbraucher genutzte Mindestbandbreite" berücksichtigen. Der Anspruch wird dem Entwurf nach insbesondere bei besonders schwer erschließbaren Randlagen greifen, die mittelfristig nicht von Förderprojekten erreicht werden.

Die Gesetzesnovelle soll einen Ordnungsrahmen schaffen, der "wichtige Impulse für einen schnelleren und flächendeckenden Ausbau von Gigabitnetzen setzt", erklären die Ministerien. Dabei spielten Ko-Investitions- und Open-Access-Modelle eine große Rolle, die Anreize für den gemeinsamen Ausbau und die Öffnung der Netze zu angemessenen Preisen schafften. Für solche Kooperationen soll die strenge Vorab-Regulierung der Deutschen Telekom deutlich zurückgefahren werden, die "bewährten" Prinzipien blieben sonst aber erhalten. Auf Messenger-Dienste wie WhatsApp kommen bei Interoperabilität, Kundenschutz und Sicherheit höhere Auflagen zu.

Glasfaser-Baumaßnahmen sollen durch vereinfachte Genehmigungsverfahren, gestärkte alternative Verlegemethoden wie Trenching und oberirdische Kabel sowie die erleichterte Nutzung von Wegen und Grundstücken beschleunigt werden. In einem Datenportal wollen die Ministerien dazu auch Planungs- und Informationswerkzeuge zusammengetragen wissen. Die Abschnitte Fernmeldegeheimnis und Datenschutz sollen aus dem TKG sowie dem Telemediengesetz in ein eigenes Gesetz für E-Privacy ausgelagert und mit neuen Cookie-Bestimmungen angereichert werden.

Der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) begrüßte die Ansätze zum beschleunigten Glasfaserausbau, sieht diese aber durch das Recht auf schnelles Internet konterkariert. Die erweiterte Universaldienstklausel führe allenfalls zu Zwischenschritten "statt zu einem direkten Ausbau von Glasfaser". Wo die Versorgung von Bürger und Unternehmen besonders schlecht sei und sich ein Ausbau für die Betreiber nicht rechne, seien "ergänzend und zielgerichtet" weitere staatliche Fördermaßnahmen nötig.

(vbr)