"Kreative Stadtplanung": Weniger Autofahrer, mehr Roboter-Autos für die Städte?

Städte mit Robotaxis statt menschengesteuerter Kfz wünscht sich Wagniskapitalgeber Jim Scheinman. Die Coronavirus-Krise eröffne die Chance, das auszuprobieren.

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Innenstadt, Stadt, Verkehr, Handel
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"Wir brauchen dutzende Bürgermeister und vielleicht Gouverneure, die sagen: 'Wenn Sie in meine Stadt kommen, werden Sie Ihr Auto beim Flughafen 30 Meilen vor der Stadt lassen und ein Robotaxi nehmen'", stellte Jim Scheinman Ende Juli auf dem Automated Vehicles Symposium 2020 fest. "Ich sporne Sie an, tapfer zu sein und mutige Schritte zu setzen. Die Coronavirus-Pandemie gibt uns die Möglichkeit, das in den nächsten sechs bis zwölf Monaten zu tun." Scheinman ist Gründer und Manager des Wagniskapitalgebers Maven Ventures, der an mehreren Transport-Startups beteiligt ist.

Seiner Ansicht nach eröffnet die Pandemie nicht nur neue Anwendungsgebiete für selbstfahrende Fahrzeuge, etwa im Bereich der Essenszustellung, sondern das geringere Infektionsrisiko führe auch zu mehr Akzeptanz: "Wenn die Pandemie noch etwas länger dauert, wird es sicherer sein, ohne Chauffeur zu fahren als mit Chauffeur." Dazu komme der Abgasaspekt: "Weil die selbstfahrenden Autos elektrisch werden, verschwinden die Emissionen. Wir sind auf dem richtigen Weg."

Jim Scheinman, Founding Managing Partner von Maven Ventures

(Bild: Maven Ventures)

Ob er denn wirklich alle von Menschen gesteuerten Fahrzeuge aus Städten verbannen wolle, auch die Fahrzeuge der Anwohner, wollte heise online von Scheinman wissen. "Was ich angeregt habe, war, dass wir kreative und mutige Stadtverantwortliche und Führer in den USA und weltweit brauchen, die jetzt während COVID aktiv werden, weil wir damit eine einzigartige Gelegenheit haben, städtischen Massenverkehr neu zu denken", erläuterte der Investor im Interview nach dem Symposium.

"Über gängige Lösungsansätze hinausdenkdend werden sie Testprogramme aufsetzen, um zu sehen, wie ein Stadtteil aussehen könnte, wenn nur Robotaxis dort fahren dürfen – und eines Tages vielleicht in der ganzen Stadt." Er glaube, dass Startups und etablierte Autohersteller gemeinsam genügend Kapazität hätten, um mit mehreren US-Städten in den nächsten sechs bis zwölf Monaten solche Versuche aufzusetzen. Aber natürlich nicht sofort für jede US-Stadt.

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Die Testgebiete würden einen Vorteil erreichen: Sie würden herausfinden, wie man das am Besten gestaltet, "und wie man entgangene Einnahmen aus Parkstrafen und -gebühren mit neuen Einnahmen wettmacht", glaubt Scheinman, vielleicht durch Verkauf von Robotaxi-Lizenzen, oder spezielle Liefer- oder Parkgebühren, "und eine ganze Menge anderer möglicher Einnahmen die Sie und ich uns heute noch gar nicht vorstellen können, bevor wir das wirklich mit echten autonomen Fahrzeuge ausprobieren."

Scheinman, der ausschließlich in Startups im Silicon Valley investiert, hat große Hoffnungen in die neue Technik: Mit Robotaxis als Kern ihrer Strategie würden mutige Bürgermeister eine neue Ära der Stadtplanung einleiten "und uns auf diese Weise helfen, eine bessere, sauberere und sichere Welt für uns alle auf diesem Planeten zu schaffen!"

heise online wollte von dem professionellen Investor wissen, ob städtische KFZ-Werkstätten, Tankstellen, Parkgaragen und so weiter entschädigt werden sollten, oder ob ihr Untergang einfach Ausfluss von Evolution sei: "Das weiß ich nicht. Das muss eruiert werden", gab Scheinman offen zu, nicht alle Antworten parat zu haben.

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Doch dann fügt er hinzu: "Ich wette, die Eigentümer dieser Einrichtungen werden kreativ darin sein, herauszufinden, wie sie die Robotaxi-Infrastruktur unterstützen können. Vielleicht werden sie Parkgaragen und Servicestationen oder Akkuwechsler für die neuen elektrischen Robotaxis." Das sei aber nur eine von vielen Ideen, die wahrscheinlich hervorkommen würden.

Scheinman atmet den Geist den Silicon Valley, der nicht allen Beteiligten an der Gesellschaft gefällt: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt; und wenn etwas schief läuft, probiert man es eben anders. Stadt- und Verkehrsplaner denken in der Regel langfristiger, doch haben einige Stadtväter in der Coronavirus-Pandemie durchaus plötzlich Maßnahmen für mehr Raum für Fuß- und Radverkehr gesetzt. Beim Automated Vehicles Symposium 2021 wird sich zeigen, ob sich in den zwölf Monaten auch Stadtverwaltungen für Kfz aber komplett ohne Menschen am Steuer werden begeistert haben lassen.

Das Automated Vehicles Symposium ist die älteste und wohl wichtigste wissenschaftliche Tagung in Nordamerika zu autonomen Fahrzeugen und Verkehrssystemen. Die jährliche Veranstaltung findet in diesem Jahr COVID-bedingt online statt. Veranstalter sind der Branchenverband AUVSI und das Transportation Research Board (TRB), eine Abteilung des Nationalen Forschungsrates der Vereinigten Staaten von Amerika.

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(ds)