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Was war. Was wird. Von Absagen und Ansagen.

Rinder schauen Dich an. Und was schaut zurück? Nicht immer ein intelligentes Wesen, befürchet Hal Faber, nicht nur wegen der Ereignisse auf Deutschlands Straßen

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Was war. Was wird. Von Absagen und Ansagen.

(Bild: FooTToo / Shutterstock.com)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Hal Faber

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

*** Was ist das für ein Land, in dem die Covidioten ohne Masken demonstrieren und davon fabulieren, am kommenden Wochenende mit Panzern vor dem Bundestag aufzufahren, eine Gedenkdemonstration für die Toten von Hanau am Abend vorher aber abgesagt wird? Das Land ist Deutschland, ein Land, das nur eine Kundgebung mit 249 Personen genehmigt und durchgeführt hat, auf der fünf Redner auftraten. Es ist ein Deutschland, das Demos gegen Rechts verbietet, in dem aber zu Forschungszwecken ein Großkonzert stattfinden kann.

*** Es ist ein Deutschland, dass lieber über den Karneval diskutiert und über mögliche False Positives bei den knappen Laborkapazitäten. Wobei die virologische Wissenschaft den Vorteil hat, die Sache nüchtern zu betrachten, ohne die seltsamen Argumente der Karnevalisten, die 11 Gründe aufzählen, warum man vor dem 11.11. einen Impfstoff braucht. Karneval ist für Menschen aus Hannover schwerer verständlich als Studien über die Verbreitung von Aerosolen in geschlossenen Räumen.

*** Stellen wir dem das moderat klingende wissenschaftliche Szenario der Nature gegenüber, wie es in einem Jahr aussehen könnte: "June 2021. The world has been in pandemic mode for a year and a half. The virus continues to spread at a slow burn; intermittent lockdowns are the new normal. An approved vaccine offers six months of protection, but international deal-making has slowed its distribution. An estimated 250 million people have been infected worldwide, and 1.75 million are dead." Temporäre Lockdowns sind die neue Normalität, ein Impfschutz hält sechs Monate, doch die reichen Länder sichern sich den Schutz, die armen gehen leer aus. In der offiziellen deutschen Übersetzung, geht es harmloser zu, hier verhindern internationale Abkommen die Verbreitung des Impfstoffes. Welche Variante man bevorzugt, ist egal, denn so neu klingt diese Normalität gar nicht. Es ist das alte Lied der Ungleichheit.

*** Während bei uns eine Corona-Doku anläuft, hat der chinesische Künstler Ai Weiwei einen Trailer für "seinen" zweistündigen Dokumentarfilm "Coronation" veröffentlicht. Coronation wurde mit versteckten Kameras in Wuhan aufgenommen und zeigt den ersten Lockdown wie auch die Vertuschungsversuche und die Einschüchterungen der chinesischen Behörden. Er zeigt ein Leben ohne Menschlichkeit, wie das sich schaudernde Feuilleton schreibt. Große Banner hängen in Wuhan, auf denen "Ehre für die weißen Engel" gefordert wird, die selbst zu Hunderten marschieren und in Sprechchören den "Sieg" verkünden, während eine Frau im Off sagt: "Seid nett zu ihnen. Sie wissen noch gar nicht, was sie erwartet".

*** Wer wusste schon, was die Vertreter der Volkskammer der DDR erwartete, als sie am 23. August 1990 in einer Doppelsitzung um 2:30 in der Frühe über einen eilig formulierten Änderungsantrag abstimmten. Die Fraktionen von CDU, FDP, SPD und dem demokratischen Aufbruch stimmten für einen "Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland zum 3. Oktober 1990". Zuvor wurde um 21:00 erfolgreich der Antrag der rechtsradikalen DSU abgeschmettert, die den sofortigen bedingungslosen Beitritt der DDR forderte. Danach ging es überraschend schnell. Der Änderungsantrag zum berühmten Volkskammerbeschluss wurde formuliert und musste dann verlesen werden, weil er in schriftlicher Form nicht vervielfältigt und zugestellt werden konnte. Heute feiert die Bundesregierung das historische Ereignis – auf Facebook, gewissermaßen auf US-Gebiet. "Das ist ein historischer Tag" sagte die letzte Repräsentation der DDR, Sabine Bergmann-Pohl, als sie das Ergebnis verkündete. Was sagt sie heute, ziemlich pragmatisch gestimmt? "Das Beste an der Einheit war die Spülmaschine". Ganz nebenbei erfährt man, dass ihr Pressechef, ein ehemaliger Stasi-Offizier, Details eines Shopping-Trips in Westberlin an die Boulevardpresse verriet, die prompt über die unerfahrene Politikerin herfiel. Willkommen im Westen.

*** Was das Gezeter über Politiker anbelangt, hat sich nicht viel geändert. In dieser Woche hat es den SPD-Mann Ulrich Kelber getroffen, seines Zeichens Bundesbeauftragter für den Datenschutz. Seine Einwände gegen die elektronische Patientenakte werden von diversen Experten "fassungslos" zur Kenntnis genommen und in den wirtschaftsfreundlichen Blättern heftig hinter den Paywalls kritisiert. Der wichtigste Einwand zielt auf das Datenschutzmanagementsystem, das 2021 mit einem eingebauten schweren Fehler startet, den alle ePA-Befürworter geflissentlich ignorieren: In der ersten Variante haben die Nutzer der Akte keine Möglichkeit, bestimmte Arztbesuche oder Medikamente im Medikationsplan vor Ärzten zu verbergen. So kann der Zahnarzt sehen, was der Psychotherapeut macht und vice versa. Die notwendige Granularität soll später kommen. Bis dahin ist niemand "Herr seiner Daten", wie es so schön heißt. Derweil hat sich die FDP für einen Neustart des gesamten Systems ausgesprochen. Immerhin haben in der Vergangenheit zwei Gesundheitsminister am alten System kräftig mitgearbeitet, Philipp Rösler und Daniel Bahr. Der eine ist jetzt bei Bertelsmann, der andere ist bei der Allianz Private Krankenversicherung und damit oberster Erklärbär der App Vivy.

"Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen." Dieser Satz gehört zur deutsch-deutschen Geschichte. Nun ist er auch in einer US-Version verfügbar, dank der Verhaftung von Trumps ehemaligen Strategieberater Steve Bannon. Er veruntreute Spendengelder der Aktion "We build the Wall". Mit seiner Verhaftung beginnt die Woche der Entscheidung im Leben von Donald Trump. Er muss auf dem Parteitag seiner Republikaner eine Rede halten, die ihn wählbar macht für US-Amerikaner, die von den Demokraten nicht überzeugt sind. Damit sind nicht die Verrückten von QAnon gemeint, die Trump in dieser Woche als Menschen gelobt hat, die ihr Land lieben. Umgekehrt lobten QAnons den Präsidenten als einen, der den "Sumpf" in Washington ausrottet, inklusive den Kinderschänderring, der unter einer Pizzeria in Washington mit dem Geld von George Soros betrieben wird.

Tatsächlich sprach auch Trump wieder vom tiefen Staat, der ausgetrocknet werden muss, meinte aber diesmal die staatliche Medizinbehörde FDA. Viel eher sind es evangelikale Christen die Trump erreichen muss. Sie würden gerne sehen, dass er mindestens einen Satz aus der Bibel aufsagen kann, was Trump bisher nicht geschafft hatte. Seine neueste Unterstellung ist, die Demokraten hätten "unter Gott" aus ihrem Treueschwur bei Versammlungen gestrichen. Für seine Rede, die aus dem Weißen Haus übertragen wird, hat Trump eine "nie dagewesene Show" versprochen. Gut möglich ist es, dass sich Trump einen schweren Ausfall gegen Barack Obama leisten wird, etwa gegen den von Obama verabschiedeten Global Magnitsky Act, mit dem die Aktionen des Kreml gegen Alexej Nawalny untersucht werden könnten. Zu diesem Vorfall hat Trump noch nichts getwittert. Auch über den großen Asteroiden, der im November auf Befehl des tiefen Staates am Tag vor der US-Wahl nahe an der Erde vorbeifliegen soll, hat Trump noch nichts geschrieben.

Kündigt sich in der IT ähnlich Großes wie eine nie dagewesene Trump-Show an? Immerhin ist die IFA im Anmarsch und will ausgewählten Fachbesuchern mit einem ausgefuchsten Sicherheitskonzept die Pforten öffnen. Was nicht alle für eine gute Idee halten, wie die Händler-Präsentation von Hama zeigt. Seit Wochen steht das IFA-Versprechen, für die anderen, also für die Privatbesucher ein nie gekanntes "digitales Erlebnis" zur Verfügung zu stellen. Doch wie das aussehen mag, weiß noch keiner. Vielleicht so eines zum gemütlichen Anschauen und Abspulen, wie es die gerade stattfindende Froscon 2020 im bequemen Videomodus bietet. Ein bisschen kämpferisch kann es auch sein, wenn die digitale Souveränität Europas zum Schnäppchenpreis zu haben ist. Man könnte zu Forschungszwecken mal etwas Souveränes tun, anstelle die üblichen Sonntagsreden über die Souveränität zu verbreiten. Das wird man ja noch sagen dürfen, bevor am Montag der Midnight Madness von Microsoft gedacht wird.

(jk)