Regierungsbericht: IT-Modernisierung des Bundes droht zu scheitern

Viele Ministerien und Behörden des Bundes arbeiten noch mit Windows 7. Ein Großprojekt soll die IT-Landschaft aktualisieren, kommt aber nicht voran.

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Regierungsbericht: IT-Modernisierung des Bundes droht zu scheitern

(Bild: Ian Dyball/Shutterstock.com)

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Schon seit fünf Jahren läuft die milliardenschwere Initiative "IT-Konsolidierung Bund". Sie soll die Betriebssysteme und Computerarbeitsplätze aller 180 Ministerien und Behörden der Bundesverwaltung modernisieren und vereinheitlichen. Das Upgrade läuft aber nach wie vor nicht rund, geht aus einem als vertraulich eingestuften "Fortschrittsbericht" des mittlerweile federführenden Finanzministeriums vom August hervor: Es hakt an allen Ecken und Enden, Zeit- und Kostenplan scheinen nicht mehr zu halten, das Vorhaben wirkt insgesamt bedroht.

Als "abgeschlossenes" Pilotprojekt führe das Haus von Finanzchef Olaf Scholz (SPD) nur das kleine Bonner "Büro der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz", schreibt der Spiegel unter Verweis auf das Zwischenfazit. Die meisten Ämter hätten dagegen noch nicht einmal mit den Vorbereitungen für die angestrebte "IT-Konsolidierung" begonnen. In vielen Behörden läuft so noch das eigentlich nicht mehr unterstützte Microsoft-Betriebssystem Windows 7 auf den Rechnern. Für den erforderlichen Sonder-Support zahlt der Bund allein in diesem Jahr rund 800.000 Euro.

Laut dem Bericht befinden sich erst vier Behörden überhaupt "in der Vorbereitungsphase". Diese ziehe sich aber etwa beim Bundespresseamt schon seit November 2018 hin. Bei 18 Behörden seien bereits eingeleitete Systemerneuerungen wegen eines Wechsels der Gesamtprojektleitung "zunächst pausiert". Dort werde geprüft, ob weitere Schritte unter den neuen Rahmenbedingungen überhaupt sinnvoll seien. "Im Ergebnis wurden alle Projekte gestoppt" zitiert das Magazin aus dem "Stillstandsbericht". Dazu gehörten die Ministerin für Justiz, Verkehr und Bildung sowie der Bundesrechnungshof.

Auf mehr als drei Seiten soll der Bericht "Risiken und Probleme" auflisten. Fraglich sei etwa, ob die Netze des Bundes, über die der Datenverkehr laufen soll, "in der gewünschten Zeit und Qualität" verfügbar seien. Der Bundesrechnungshof hatte 2016 und 2017 die Konzeptlosigkeit dieses Unterfangens kritisiert.

Vielfach herrschten "wegen der hohen Aufwände" Zweifel, sich überhaupt weiter an dem Großprojekt zu beteiligen, heißt es. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sorgten in den IT-Abteilungen für zusätzliche Belastungen. "Hierdurch sowie durch die wiederholte öffentliche Kritik" könne die Einsatzbereitschaft der Häuser gefährdet sein. Das Resümee: "Eine fehlende Akzeptanz in den Ressorts und Behörden könnte zu weiteren Verzögerungen" oder gar zum "Scheitern der Konsolidierung führen".

Auch die Wirtschaftlichkeit des teuren, mittlerweile auf 3,4 Milliarden Euro taxierten Vorhabens soll dem Dokument zufolge noch gar nicht erwiesen sein. Nach ersten Berechnungen gehe das Finanzministerium aber davon aus, dass "den relativ hohen Ausgaben für die Planung und den Aufbau" wohl nur "überschaubare monetäre Einsparpotenziale" gegenüberstünden. Der schon erweiterte Kostenrahmen laufe vermutlich auch aus dem Ruder.

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Der Bundesrechnungshof hatte angesichts der zögerlichen Aktivitäten rund um die IT-Harmonisierung bereits wiederholt Alarm geschlagen und etwa vor einer Kostenexplosion gewarnt. Der Haushaltsausschuss des Bundestags sperrte daraufhin im Juni 2019 die Mittel und verlangte eine grundsätzliche Neukonzeption. Auf dem Papier soll diese mit dem Wechsel der Verantwortlichkeit vom Innenministerium über das Kanzleramt zum Finanzressort zum 1. Januar wirksam geworden sein. Es stehe aber nicht einmal ein Fahrplan fest, in welcher Reihenfolge Behörden an die neue "IT-Betriebsplattform Bund" angeschlossen würden.

(olb)