Gesetz gegen Hassrede: Wissenschaftlicher Dienst des Bundestags hat Bedenken

Laut eines Gutachtens des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags ist das Gesetz gegen Hassrede teilweise verfassungswidrig.

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Justizia ist blind

(Bild: Gemeinfrei (via pixabay))

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Das Gesetz gegen Hassrede, das bereits im Bundestag beschlossen wurde, ist laut eines Gutachtens des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags teilweise verfassungswidrig. Das berichtet die Süddeutsche Zeitung(SZ), denen der Bericht, den die Bundestagsfraktion der Grünen in Auftrag gab, vorliegt.

Die SZ fasst zusammen: "Einige der Befugnisse zur Übermittlung und zum Abruf sogenannter Bestandsdaten der Internetnutzer gehen zu weit, und zwar deshalb, weil sie den Datenzugriff an keinerlei nennenswerte Voraussetzung knüpfen." Der Abruf von Informationen wie Name, Anschrift oder Geburtsdatum bedeute einen Eingriff in Grundrechte.

Der Wissenschaftliche Dienst bezieht sich in seiner Beurteilung auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zu Telekommunikationsanbietern. Auch darin geht es um die Erhebung von Bestandsdaten. Die SZ nennt als Beispiel die Identifizierung von Nutzern durch die IP-Adresse. Das Verfassungsgericht hatte im Fall der Telekommunikationsanbieter gesagt, es müsse "eine hinreichend präzise Umgrenzung des Verwendungszwecks der betroffenen Informationen" geben, die jedoch nicht zu entdecken sei. Das würde die Meldepflicht, die das Gesetz zur Bekämpfung von Hass vorsieht, unmöglich machen.

Dabei geht es um die automatische Weitergabe von Daten an das Bundeskriminalamt, im Falle von Hasspostings in den sozialen Netzwerken. Der Beschluss des Verfassungsgerichts stammt aus dem Juli, also nachdem das Hassrede-Gesetz abgesegnet wurde. Renate Künast (Grüne) schreibt bei Twitter, das Gesetz müsse geändert werden, um verfassungskonform zu sein – und "Wir bleiben dran".

Kritik am "Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität", wie es konkret heißt, kam auch schon von anderer Seite. Datenschützer bemängeln etwa, dass unrechtmäßig gesperrte Beiträge zwar wieder online genommen werden müssen, dann die dazugehörigen Daten aber bereits beim BKA gelandet sind. Die EU-Kommission soll unterdessen auch nicht begeistert von dem Vorhaben Deutschlands sein. Mit dem "Digital Service Act" plant diese nämlich ein europaweit greifendes und einheitliches Gesetz, das die Haftung von sozialen Netzwerken und Telediensten regeln soll. Noch dieses Jahr soll ein Gesetzesvorschlag vorliegen.

Da das Gesetz gegen Hassrede vom Bundestag bereits beschlossen und nicht zustimmungspflichtig ist, tritt es im Herbst in Kraft – sofern der Bundesrat keinen Einspruch erhebt. Nach Inkrafttreten könnte das Verfassungsgericht in Karlsruhe tätig werden.

(emw)