NetSat: Formationsflüge im All

Vier Kleinsatelliten aus Würzburg sollen semi-autonome Formationsflüge im All erforschen. Sie starten am morgigen Montag im russischen Plessezk.

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Illustration von vier vernetzten Satelliten

(Bild: Zentrum für Telematik e.V.)

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Vier in Würzburg entwickelte Kleinsatelliten – sogenannte Cubesats – sollen am morgigen Montag von Russland aus ins All geschickt werden. Das "NetSat" genannte Projekt wird einen selbstorganisierten, dreidimensionalen Formationsflug von Satelliten erproben. Die Satelliten übernehmen dabei die Feinjustierung ihrer Konstellation selbst, indem sie unabhängig von einer Bodenstation miteinander kommunizieren. Sie sollen so auch Störungen ihrer Formation von alleine ausgleichen können. Langfristige und aufgabenabhängige Anpassungen der Formation werden dagegen von der Bodenstation in Würzburg vorgegeben.

Das selbstorganisierte Einhalten einer Formationen in drei Dimensionen wäre nach Angaben der Entwickler eine Weltpremiere. Mehrere Monate lang soll das Projekt verschiedene Konstellationen testen. "Wir erproben Formationsflüge im All - in einer Reihe, in einer Ebene, als Tetraeder", erklärt Daniel Eck, der Geschäftsführer des Zentrums für Telematik in Würzburg. An dieser unabhängigen Forschungseinrichtung wurden die vier NetSat-Satelliten entwickelt, in Kooperation mit dem Startup "S4", der "Smart Small Satellite Systems GmbH". Beides sind Gründungen des Forscherteams, das mit den "Universität Würzburg Experimental-Satelliten" – kurz UWE – bereits mehrere Cubesats ins All geschickt hat. UWE-1 war der erste deutsche Picosatellit überhaupt.

Die NetSats sind vier Kilogramm schwer und in etwa so groß wie ein Schuhkarton. Sie sollen vom russischen Weltraumbahnhof Plessezk aus auf eine Umlaufbahn in etwa 600 Kilometer Höhe gebracht werden. "Wissenschaftliches Ziel ist es, dass sich die Satelliten dann selbstständig untereinander koordinieren und kontrollieren, um im Team möglichst optimale Beobachtungspositionen im dreidimensionalen Raum abzustimmen", sagt Professor Klaus Schilling, Leiter des Lehrstuhls für Informatik VII der Universität Würzburg.

Davon verspricht man sich neue Fähigkeiten in der Erdbeobachtung, etwa bei der Vermessung von Wolken. Bei einem Vulkanausbruch wie dem des isländischen Eyjafjallajökull im April 2010 könnten Satelliten im Formationsflug eine 3D-Karte der Aschewolke aufnehmen. Das würde Flugzeugen erlauben die Wolke zu umfliegen und verhindern, dass der Flugverkehr so lange und großräumig ausfallen müsste, wie es 2010 der Fall war.

Eine Sojus-Rakete wird die NetSats zusammen mit diversen anderen kleinen und drei großen russischen Telekommunikationssatelliten transportieren. Wer will, kann den Start live auf YouTube verfolgen. Die Launch-Party startet am Montag (28. 9.) um 12:00 Uhr, der eigentliche Start ist für 13:20 Uhr mitteleuropäischer Zeit angesetzt.

Update 20. 09. 2020, 15:10: UWE-1 war der erste deutsche Pico-Satellit, nicht der erste deutsche Kleinsatellit. Das war TUBSAT-A, entwickelt an der TU Berlin. Die falsche Angabe wurde korrigiert. (syt)