GeForce RTX 3000: Haben RTX 3080 und 3090 Stabilitätsprobleme?

Es mehren sich Meldungen zu Stabilitätsproblemen mit Nvidias RTX-3000-Grafikkarten. Die Ursache wird bei Kondensatoren in der GPU-Stromversorgung vermutet.

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GeForce RTX 3000: Haben RTX 3080 und 3090 Stabilitätsprobleme?

Asus' TUF Gaming RTX 3080 nutzt durchweg MLCCs anstelle der strittigen SP-/POS-CAPS.

(Bild: c't)

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Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Nvidias GeForce-RTX-3000-Grafikkarten verkauften sich bei ihrem Marktstart am 17. (RTX 3080) und 24. September (RTX 3090) wie geschnitten Brot, sodass die Händlerregale binnen Sekunden geleert waren.

Doch die Freude über die neuen High-End-Karten währte bei einigen offenbar nicht lange. Seit ein paar Tagen mehren sich Berichte in Userforen, wonach die RTX-Karten in Spielen zu Abstürzen zurück zum Desktop neigen. Betroffen sind vor allem Karten von Nvidia-Partnern, aber auch Nvidias eigene "Founders Edition"-Referenzmodelle, schreibt etwa die Website computerbase.de.

Erste Analysen deuten darauf hin, dass eine Kombination aus hohen Taktraten jenseits der 2 GHz und der jeweiligen Platinenbestückung durch die Kartenhersteller die Ursache für die Abstürze ist. Dabei muss es sich nicht einmal um übertaktete Grafikkartenmodelle handeln, denn auch normale GeForce-RTX-Karten können unter bestimmten Voraussetzungen wie niedriger Last und geringer Chiptemperatur über 2 GHz boosten. Bei Pascal- und Turing-Karten aus der 1000er/2000er-Reihe, den Vorgängern der aktuellen Ampere-RTXen, war meist bei 1920 MHz Schluss.

Moderne Grafikchips reagieren sehr schnell auf Lastwechsel und verändern ihre Boost-Taktraten. Damit wiederum steigt und fällt auch die Leistungsaufnahme und schließlich der Stromfluss. Um diese Schwankungen abzufedern und die Spannung stabil zu halten, kommen Kondensatoren zum Einsatz.

Dicht beim GPU-Chip sind ganze Gruppen aus kleinen Kondensatoren in SMD-Bauform platziert. So gibt es auf den Platinenrückseiten der bisher erschienenen RTX-3000-Karten eine Ansammlung von Kondensatoren im Bereich des Grafikchips. Das Nvidia-Referenzdesign sieht hier vier (Tantalum Polymer-)Kondensatoren wie etwa Panasonics POSCAPs oder generell SP-CAPs vor sowie zwei Zehnergruppen von Multi Layer Ceramic Capacitors, kurz MLCCs.

MLCCs sind SP-CAPs allerdings nicht generell überlegen. Die größeren SP-CAPs können je nach Design der Spannungsversorgung durchaus gleich gut oder sogar besser funktionieren. Die jeweiligen Chiphersteller versorgen ihre Fertigungspartner üblicherweise mit detaillierten Design-Vorgaben für die Auslegung der Spannungsversorgung.

Nvidias Founders Edition der RTX 3080 nutzt vier SP-/POS-CAPS und 2 × 10 MLCCs

(Bild: Nvidia)

Manche Hersteller setzen auf bis zu sechs SP-CAPs und verzichten auf die MLCCs, andere, wie Asus bei der TUF Gaming RTX 3080 OC, gehen den umgekehrten Weg und verwenden anstelle jedes SP-CAPs jeweils zehn MLCCs.

Das c't-Testlabor blieb von derartigen Abstürzen während der Testphase der GeForce RTX 3080 weitgehend verschont, da wir mit der Asus TUF Gaming RTX 3080 OC bislang nur ein einziges RTX-3080-Exemplar vermessen konnten; diese stieg ein einziges Mal beim Beenden des Shooters "Metro: Exodus" aus und diesen Fehler konnten wir nicht reproduzieren. Seit dem Launch versucht c't, weitere Testexemplare der (ausverkauften) Karten zu erwerben.

Wir haben Nvidia um eine Stellungnahme gebeten. Der Hersteller teilte uns schriftlich mit, dass man die Berichte über die Abstürze sehr ernst nähme und ihnen nachgehe. Details, wie etwa, ob es auch in dieser Grafikkartengeneration eine Abnahme der Partnerdesigns durch Nvidia gegeben habe und wie es für betroffene Kunden nun weitergehe, blieben unbeantwortet.

Nvidia-Partner EVGA geht in einer Stellungnahme seines Produktmanagers Jacob Freeman auf das Problem ein und gibt an, frühzeitig das Problem erkannt und noch vor Auslieferung der ersten Charge der GeForce RTX 3080 FTW reagiert zu haben. Die an Endkunden ausgelieferten Karten sollen allesamt der neuen Spezifikation mit vier SP-CAPs und zehn MLCCs entsprechen, nur Hardware-Tester sollen mit der ersten Version der Karte beliefert worden sein.

Etwas Würze bekommt das EVGA-Statement durch einen Nebensatz. Erst in der Qualitätskontrolle der Massenproduktion sei in Tests mit Real-World-Applications, also normalen Programmen, aufgefallen, dass die Bestückung mit sechs SP-CAPs hierfür nicht ausreiche. Im Vorfeld des RTX-3000-Launches gab es, so wurde anderweitig berichtet, nur Treiber von Nvidia, die ausschließlich ausgesuchten Testprogrammen arbeiteten. Voll funktionsfähige Treiber wurden bis zum Launch strikt unter Verschluss gehalten.

Im Nvidia-Forum von reddit.com pflegt derweil ein Moderator des sogenannten subreddits eine Liste mit der Bestückung der einzelnen GeForce-RTX-Karten.

Wer von dem Problem betroffen ist, kann sich zwischenzeitlich mit einem Profil in Tuning-Tools wie dem MSI Afterburner 4.6.3 beta 2 (funktioniert auch mit den Karten anderer Hersteller) behelfen, welches den Takt etwas senkt.

Update, 29.09.2020, 10:00 Uhr

2) Nvidia hat vor wenigen Stunden den neuen GeForce-Treiber 456.55 WHQL veröffentlicht. Er soll neben Game-Ready-Eignung für Call of Duty: Modern Warfare und Warzone auch die Stabilität mit GeForce RTX 3080/3090 verbessern, schreibt ein Nvidia-Mitarbeiter in einem Foren-Eintrag auf der Hersteller-Website. Er führt auch weiter aus, dass, wie c't bereits schrieb, es vom Board-Design abhängt, wie sich das Verhältnis von POSCAPs und MLCCs auswirkt und die jeweilige Anzahl allein noch kein absolutes Qualitätskriterium ist.

Was genau man geändert hat, wird allerdings weder dort noch in den Release-Notes zum Treiber nicht genauer beschrieben. Einige Userberichte sprechen von stabilen Taktraten mit dem neuen Treiber, andere wollen eine leichte Absenkung bemerkt haben.

1) Inhaltliche Korrektur: An zwei Stellen POSCAPs durch SP-CAPs ersetzt, Anzahl der MLCCs pro Block von fünf auf zehn korrigiert.

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(csp)