Grün-Rot: Stadt München soll rasch fünf Open-Source-Projekte entwickeln

Grüne und SPD haben in München ein Paket für freie Software auf den Weg gebracht, um dem vereinbarten Prinzip "Public Money, Public Code" Leben einzuhauchen.

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(Bild: Andrey Suslov/Shutterstock.com)

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Das seit Frühjahr in München regierende grün-rote Bündnis will Versprechen aus seinem Koalitionsvertrag erfüllen und trotz des Aus für das Linux-basierte Desktop-Projekt LiMux wieder stärker auf freie Software setzen. Die beiden Regierungsfraktionen haben dazu nun ein Antragspaket auf den Weg gebracht. Es sieht unter anderem vor, dass das IT-Referat dem Stadtrat fünf Projekte vorschlägt, die kurzfristig als Open Source realisiert werden sollen.

Neue Software für die Verwaltung soll laut der Koalitionsvereinbarung generell mit offenem Quellcode entwickelt und frei verfügbar gemacht werden, wo immer dies "technisch und finanziell möglich" ist. In dem Antrag dazu erläutert Grün-Rot nun: "Notwendige Kriterien" für die Auswahl als Open-Source-Projekt seien auch die Leistungsfähigkeit und Benutzerfreundlichkeit der Programme im Produktiveinsatz. Werde ein Vorhaben als ungeeignet für diesen Weg eingestuft, "muss diese Entscheidung dem IT-Ausschuss bekannt gegeben und fachlich begründet werden".

Die "erste Stufe" sollen die in absehbarer Zeit verfügbaren fünf Projekte bilden, zu denen die Koalition zunächst keine weiteren Vorgaben macht. Vom 4. Quartal 2021 an werde dann neue Individualsoftware "grundsätzlich auf der Basis von Open Source entwickelt". Die Büropakete Open Office beziehungsweise LibreOffice fielen explizit nicht darunter.

Einschlägiger Quellcode ist dem Plan zufolge öffentlich unter einer "freizügigen" Lizenz wie der MIT oder der European Public License (EUPL) zugänglich gemacht werden. Die ans europäische Rechte angepasste EUPL ist ausdrücklich zur bekannteren GNU General Public License (GPL) in der Version 2 kompatibel. Externe Beiträge sollen anhand spezieller Regeln dafür ermöglicht werden, wobei "keine Haftung übernommen wird und auch kein Support geleistet werden kann".

"Die Entwicklung findet von Anfang an auf einem geeigneten öffentlichen Repository wie zum Beispiel https://github.com/it-at-m statt, zusätzlich auf einem internen Mirror wie https://git.muenchen.de", heißt es in dem Antrag. Das Benutzerhandbuch müsse mindestens auf Deutsch verfügbar sein. Ferner müssten "offene, austauschbare Schnittstellen verwendet" werden. Mehraufwände durch "Clean Code", also das Befolgen eines Kodex für sauberen Quellcode, seien "grundsätzlich im Projekt zu tragen".

Das IT-Referat soll zudem Schulungen für Entwickler im Bereich Open Source "je nach Anwendungsbereich auf Windows, Linux oder anderen Betriebssystemen und Plattformen" durchführen. Die Open-Source-Community soll ermutigt werden, an den entsprechenden Vorhaben der Landeshauptstadt mitzuwirken.

Neu ist weiterer Antrag, wonach das IT-Referat einen "Open-Source-Hub" einrichten wird. An dem Zentrum sollen Beschäftigte "mit fest zugeordneten personellen und finanziellen Ressourcen" sowie "engagierte Externe miteinander an Open-Source-IT-Lösungen für die Landeshauptstadt arbeiten können". Damit will Grün-Rot freier Software "die jetzt im Koalitionsvertrag geforderte Priorität" verschaffen. Es gehe darum, "unbürokratisch und unkonventionell innovative Lösungen für kleine und größere IT-Projekte der Stadt" zu finden.

Bereits Teil des Koalitionsvertrags sind zwei andere Vorhaben, die nun in Angriff genommen werden sollen. Die Stadt wird demnach ein öffentlich zugängliches "IT-Dashboard" inklusive Kostenbilanz unterhalten. Daran soll sich ablesen lassen, welche Software in der Kommune und ihren Eigenbetrieben eingesetzt wird. Ziel ist es zu veranschaulichen, in welchem Umfang bereits freie Software läuft und wo dies geplant ist.

"Fachlich qualifizierten" Programmierern will es Grün-Rot zudem erlauben, im Rahmen eines "Sabbaticals" für "eine bestimmte Zeit" fest an Open-Source-Projekten zu arbeiten. Das Stipendium soll "in attraktiver Höhe" kompensiert und international ausgeschrieben werden, wobei ein "besonderes Interesse" an Bewerbungen von Frauen in die Ausschreibung aufzunehmen sei. Die Koalition begründet dies damit, das freie Software "das Allgemeinwohl fördert".

Insgesamt will Grün-Rot mit dem Paket, das noch vom Stadtrat beschlossen werden muss, das vereinbarte Prinzip "Public Money, Public Code" mit Leben erfüllen. Die entsprechende Kampagne besagt, dass mit Steuergeld finanzierte Programme für die Verwaltung frei und wiederverwendbar sein sollen. Ein LiMux-Revival soll es nicht geben, nachdem SPD und CSU 2017 die Rückkehr zu Microsoft beschlossen hatten.

"Open Source vermeidet Kosten, die durch die monopolartige Stellung mancher Software-Anbieter entstehen", warb die Grünen-Stadträtin Judith Greif für das Vorhaben. Zugleich werde damit das Know-how eines großen Potenzials versierter Programmierer für die Stadt nutzbar. "Wir streben digitale Souveränität an", betonte ihr SPD-Kollege Lars Mentrup. "Wir befreien uns in Teilen davon, von einzelnen Anbietern abhängig zu sein."

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