Games und Filme: Bundestag verschärft Jugendmedienschutz

Der Bundestag hat die Reform des Jugendschutzgesetzes beschlossen, mit der Alterseinstufungen strenger werden und "Interaktionsrisiken" berücksichtigen müssen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 58 Kommentare lesen

(Bild: George Rudy/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Mit der Mehrheit der großen Koalition hat der Bundestag am Freitag die Novelle des Jugendschutzgesetzes verabschiedet. Filme oder Spiele sollen damit künftig die gleiche Alterseinstufung bekommen unabhängig davon, ob sie online gestreamt oder im Geschäft an der Ladentheke verkauft werden. Die FDP und die Linke stimmten dagegen, AfD und Grüne enthielten sich.

Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle oder zertifizierte Jugendschutzbeauftragte müssen bei der Vergabe von Alterskennzeichen laut der Novelle auch Zusatzfunktionen eines Spiels berücksichtigen, nicht mehr nur den Inhalt. Insbesondere Kontaktmöglichkeiten, die zu Cybermobbing, Anmache und Missbrauch führen können, sollen bei Games künftig zu einer Freigabe erst für eine höhere Altersklasse führen. Dies gilt auch für Kostenfallen etwa durch In-Game-Käufe und "Lootboxen" sowie "glücksspielsimulierende Elemente" in Spielen.

Der Bundestag bemüht sich hier mit zusätzlichen "Deskriptoren" um Klarstellungen gegenüber dem Regierungsentwurf. Die aufgeführten "Interaktionsrisiken" sollen demnach nur in eine Bewertung einfließen, wenn sie "auf Dauer angelegter Bestandteil des Mediums sind". Dazu zählen die Abgeordneten auch "Mechanismen zur Förderung eines exzessiven Mediennutzungsverhaltens", die "Weitergabe von Bestands- und Nutzungsdaten ohne Einwilligung an Dritte" sowie "nicht altersgerechte Kaufappelle".

Entwicklungsbeeinträchtigende Medien sind laut Bundestag insbesondere solche, die übermäßig ängstigen, Gewalt befürworten oder das sozial-ethische Wertebild beeinträchtigen. Er betont zudem, dass "die an die Inhalte von Telemedien zu richtenden besonderen Anforderungen" sich aus dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag ergeben, um Überschneidungen auszuschießen.

Vor allem Betreiber sozialer Netzwerke wie Facebook, TikTok, Twitter oder YouTube werden verpflichtet, ein "Melde- und Abhilfeverfahren mit einer für Kinder und Jugendliche geeigneten Benutzerführung" sowie ein "Einstufungssystem für nutzergenerierte audiovisuelle Inhalte" bereitzustellen.

Facebook & Co. müssen Voreinstellungen so setzen, dass sie Kinder und Jugendliche vor Gefahren wie Mobbing, sexualisierter Ansprache ("Cybergrooming"), Hassrede, Tracking und Kostenfallen schützen. Sie sollen sicherstellen, dass Kinder und Jugendliche etwa bei Spielen von Fremden nicht mehr einfach gefunden und angesprochen werden können. Von den Auflagen befreit sind Portale, die im Inland weniger als eine Million Nutzer haben oder Inhalte ausschließlich Erwachsenen zugänglich machen.

Die bisherige Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien wird zu einer "Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz" ausgebaut. Sie soll Verstöße auch gegenüber ausländischen Anbietern ahnden. Laut EU-Recht gilt im Bereich Medien und Internet aber das Herkunftslandprinzip. Ein Anbieter muss sich demnach nur nach den Regeln des Staates richten, in dem er sitzt.

Ein Beirat, dem zwei Minderjährige angehören, soll die Arbeit des Gremiums unterstützen. Die bestehende Institution jugendschutz.net wird dem Beschluss nach als gemeinsames Kompetenzzentrum etabliert und dauerhaft finanziert. Ferner hat Schwarz-Rot eine Evaluierungspflicht für das Gesetz nach drei Jahren eingefügt.

Die Verbände Bitkom, Game, die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft und die Vaunet-Allianz der Privatsender monierten, dass CDU/CSU und SPD ihre Chance verpasst hätten, den Jugendmedienschutz angemessen zu novellieren. Statt das bestehende Dickicht aus Landes- und Bundesrecht zu vereinheitlichen, würden zusätzliche Regulierungs- und Aufsichtsstrukturen daneben gestellt. Bereits gut funktionierende Instrumente schwäche der Gesetzgeber.

(anw)