Niederlage für Ferrero im Streit um "Kinder.at"

Das Wiener Handelsgericht hat die Unterlassungsklage des Süßwarenkonzerns gegen MediaClan abgeschmettert. In den Augen des Gerichts sind "Kinder" in erster Linie minderjährige Menschen und nicht Lebensmittel.

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Der österreichische Zweig des Süßwarenkonzerns Ferrero ist mit seiner Unterlassungsklage gegen die Besitzerin der Domain "Kinder.at", die Wiener Firma MediaClan, vor dem Handelsgericht Wien erstinstanzlich gescheitert. Die Schokoladenvermarkter waren bereits Ende November 2000 gegen MediaClan vorgegangen, weil der Betrieb der Domain ihrer Ansicht nach eine Verletzung ihrer zahlreichen Marken im Zusammenhang mit dem Begriff "Kinder" darstelle.

Marken wie "Kinder-Riegel", "Kinder-Schokolade" oder "Kinder-Überraschung" genössen im Zusammenhang mit der ebenfalls geschützten Wortbildmarke "kinder" (kleines, schwarz geschriebenes "k" und orangerotes "inder" in fetter Groteskschrift) so überragende Bedeutung, dass Websurfer unter "Kinder.at" eine Web-Präsenz der Hersteller erwarten würden. Diese Argumentation hatte netzweit für Empörung, in den Medien auch vielfach für Hohn und Spott gesorgt. Zahlreiche Netzbürger nahmen den Versuch, einen so alltäglichen Begriff wie "Kinder" im Web exklusiv zu vereinnahmen, übel und sahen darin ein besonders eklatantes Zeichen dafür, dass die Kommerzialisierung des Internet ein bedrohliches Maß erreicht habe.

Mit dem Versuch, eine einstweilige Verfügung zu erwirken, war der österreichische Ferrero-Zweig dann im Januar dieses Jahres vor dem Wiener Handelsgericht gescheitert -- allerdings aus rein formalen Gründen, denn er hatte den Nachweis versäumt, dass er eine Lizenz der Konzernmutter an den fraglichen Marken besitzt. Mit der neuerlichen Entscheidung, die bereits in der zweiten Dezemberwoche gefällt, aber erst jetzt bekannt wurde, musste der Süßwarenhersteller nun auch eine Niederlage in der Sache einstecken.

In der Urteilsbegründung führt das Gericht aus: "Auch der hohe Bekanntheitsgrad der Marke 'kinder' vermag nichts daran zu ändern, dass unter 'kinder' in erster Linie junge, minderjährige Menschen verstanden werden und nicht Lebensmittel." Der Begriff "Kinder" sei "ein Wort der Alltagssprache", bestätigte das Gericht. Während das optische Erscheinungsbild der Wortbildmarke durchaus beim überwältigenden Teil des in Frage kommenden Publikums mit den Marken und Produkten von Ferrero verbunden würde, könne dies für den reinen Begriff nicht gelten.

MediaClan will auf der Website, die bislang nur eine Dokumentation der Auseinandersetzung mit Ferrero nebst dazugehörigem Diskussionsforum enthält, nach eigenen Aussagen ein "Portal für Eltern und Kinder" einrichten. Beobachter rechnen fest damit, dass der Streit in die nächste Instanz gehen wird. Die Frage, woran ein durchschnittlicher Websurfer beim Begriff "Kinder" wohl denkt, wird die österreichischen Gerichte also wohl weiterhin beschäftigen. (psz)