Europarlament sagt Ja zu Spam und Nein zu Cookies

In erster Lesung der neuen Datenschutzrichtlinie zur elektronischen Kommunikation hat das Plenum ein lange diskutiertes Änderungspaket gebilligt.

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Das europäische Parlament hat am Dienstag Nachmittag im Plenum das seit einem guten Jahr debattierte Änderungsbündel zu einer neuen Datenschutzrichtlinie für den Bereich der elektronischen Kommunikation in erster Lesung verabschiedet. Die Abgeordneten billigten den zweiten Report des Berichterstatters Marco Cappato. Strittig waren dabei in der letzten Runde vor allem noch die Klauseln zum Bereich "unerbetene Nachrichten" (sprich: Spam), bei dem sich die Europarlamentarier nun auf einen schalen Kompromiss geeinigt haben.

Für Direktwerbung müssen sich Vermarktungsexperten demnach nur dann eine ausdrückliche Genehmigung des Empfängers ("Opt-in-Regelung") einholen, wenn sie ihre Botschaft per SMS auf das Handy, per Fax oder mit Hilfe von automatischen Anrufsystemen der potenziellen Kundschaft nahe bringen wollen. Für elektronische Post werden dagegen keine vergleichbaren europaweiten Regelungen getroffen, obwohl die Brüsseler Kommission in ihrem ersten Entwurf hier ebenfalls eine klare Opt-in-Lösung gefordert hatte.

Spam per E-Mail wird nur verboten, wenn "die Identität des Absenders verschleiert oder verheimlicht wird, in dessen Namen die Nachricht übermittelt wird". Ebenfalls unzulässig soll es sein, ohne "authentische" Adresse, bei der der Empfänger das Einstellen der unerwünschten Nachrichten beantragen kann, Werbemails zu versenden. Die Online-Marketiers sollen zudem zur Entwicklung technischer Lösungen verpflichtet werden, mit deren Hilfe die Adressaten zunächst nur die Absender sowie die Betreffszeile erkennen können --­ ohne die gesamte Nachricht herunter laden zu müssen. Die Umsetzung dieser Einschränkungen soll allerdings der Umsetzung durch die EU-Mitgliedsstaaten vorbehalten bleiben.

Kritiker der Spam-Regelung wie Joe McNamee vom Verband der Europäischen Internet-Provider (EuroISPA) in Brüssel fürchten daher, dass "alles beim alten bleibt". Deutschland etwa habe kein allgemeines Gesetz, das Spam verbiete. Daher gebe es keine effektive Möglichkeit für deutsche Surfer, britische oder französische Firmen am Aussenden ihrer Massenmailings zu hindern. Den getroffenen Formulierungen, gegen die sich Informationskommissar Erkki Liikanen am Montag noch einmal ausgesprochen hatte, kann auch die grüne Europarlamentarierin Ilka Schröder "nicht viel abgewinnen". Sie würden dem Titel der Richtlinie nicht gerecht.

Aufregung hatten zudem in jüngster Zeit die Bestimmungen des Cappato-Berichts zu Cookies ausgelöst. Das Parlament billigte nun die umstrittene Formulierung, wonach die Mitgliedstaaten "die Benutzung elektronischer Kommunikationsnetze für die Speicherung von Informationen oder den Zugriff auf Informationen, die auf dem Endgerät eines Teilnehmers oder Nutzers gespeichert sind, ohne die vorherige ausdrückliche Einwilligung des betreffenden Teilnehmers oder Nutzers" verbieten sollen. Cookies, Web Bugs oder andere Software zum Ausspionieren der Nutzer, warnt der Cappato-Bericht, könnten schließlich die Basis für eine ernsthafte Verletzung der Privatsphäre darstellen.

Für Deutschland würde die getroffene Regelung beim Inkrafttreten allerdings keine Änderung der Rechtslage mit sich bringen, sagte Sven Hermerschmidt vom Büro des Brandenburger Landesdatenschutzbeauftragten gegenüber heise online. Das Teledienstedatenschutzgesetz ([www.netlaw.de/gesetze/tddsg.htm TDDSG]) stelle bereits in § 6 klar, dass Anbieter ohne Zustimmung der Betroffenen nur unbedingt zur geschäftlichen Abwicklung erforderliche Nutzungsdaten verarbeiten dürfen. Cookies oder andere beliebte Marketingtechniken, in deren Verwendung der Nutzer nicht einwilligt, seien daher nur im Rahmen einer einzigen Websitzung erlaubt.

Die vom Parlament in der ersten Runde gebilligte Richtlinie geht nun zunächst an den Europäischen Rat. Beobachter rechnen damit, dass sich dieser nicht mit den getroffenen Beschlüssen einverstanden erklären wird. Mit den zu erwartenden Eingaben wird sich das Parlament dann erneut beschäftigen und in der zweiten Lesung eine absolute Mehrheit für allen strittigen Fragen finden müssen. (Stefan Krempl) / (hob)