US-Provider sollen ausländische Musikseite sperren

13 US-amerikanische Plattenfirmen wollen vier große US-Internet-Provider gerichtlich dazu bringen, den Zugang zu einer in China registrierten Musik-Download-Site zu blockieren.

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Die Plattenindustrie legt im Kampf gegen Musikseiten, die Urheber- und Verwertungsrechte missachten, einen Zahn zu: Gleich 13 US-Plattenfirmen haben am Freitag in New York Klage gegen vier große, stark im Breitbandbereich engagierte US-amerikanische Provider eingereicht. Die Labels, zu denen Töchterfirmen der Größen Universal Music, Sony Music, BMG aus dem Hause Bertelsmann sowie Warner Brothers gehören, wollen eine einstweilige Verfügung erwirken. Die Netzanbieter sollen demnach für ihre Nutzer den Zugang zum Musikportal listen4ever.com sperren. Die Labels behaupten, dass Surfer auf der "ungeheuerlichen" Site zahlreiche urheberrechtlich geschützte, aber nicht lizenzierte Songs von Stars aus ihrem Repertoire wie Christina Aguilera, Bruce Springsteen, Red Hot Chili Peppers, Lenny Kravitz oder Whitney Houston abrufen können. Auch noch nicht veröffentliche Tracks seien darunter.

Da das umstrittene, ganz in Englisch gehaltene Angebot dem Whois-Domainverzeichnis zufolge einem Bürger der chinesischen Stadt Tianjin gehört und von einem Administrator in Rotterdam verwaltet wird, wollen die Labels die Provider selbst als Überbringer der offenbar illegalen Ware in die Pflicht nehmen. Sie argumentieren damit, dass sich in China niemand auf ihre Anschreiben hin gemeldet habe und der Arm des Gesetzes nicht bis in das Reich der Mitte reiche. Angeklagt sind die Firmen AT&T Broadband, Cable & Wireless USA, Sprint und UUnet, eine Tochter des insolventen Telekommunikationskonglomerats Worldcom. Die sollen die Musikseite nun blockieren, wobei die Plattenfirmen keine näheren Angaben über die zu verwendeten Sperrtechniken machen. Nicht aufgeführt ist interessanterweise der Provider AOL. Er gehört genauso wie Warner Brothers zum Konzern AOL Time Warner.

Der Vorstoß reiht sich ein in eine ganze Reihe von Initiativen, mit denen die Musikindustrie gegen Urheberrechtsverletzer vorgeht. Geklagt hat die Lobby der US-Labels, die Recording Industry Assocation of America (RIAA) bisher unter anderem gegen die Mutter der Musiktauschbörsen Napster sowie mehrere andere P2P-Netzwerke. Allerdings mit zweifelhaftem Erfolg: Napster ist zwar seit über einem Jahr vom Netz, andere, dezentralere Tauschbörsen blühen und gedeihen dagegen. Unterdessen widersprechen Studien dem Argument der Musikindustrie, wonach die Tauschlust der Nutzer an den sinkenden Umsatzzahlen im Geschäft mit CDs verantwortlich sei.

Das Mittel der Blockade von Websites ist zudem heftig umstritten. Das Europäische Parlament hat derlei Methoden, denen sich hierzulande auch der Düsseldorfer Regierungspräsident Jürgen Büssow in seinem Kampf gegen Neonazi-Schmutz im Web verschrieben hat, als ineffektiv und nicht einem demokratischen Gemeinwesen entsprechend verurteilt. Die Sperren sind nämlich entweder leicht zu umgehen oder verursachen "Kollateralschäden", durch die auch andere, in einem Domain- und Serverbereich gelagerte Inhalte nicht mehr verfügbar sind. Rechtsexperten befürchten zudem, dass Provider bald lange Listen von Webadressen erhalten, die sie blockieren sollen. Damit werde ihr Alltagsgeschäft unverhältnismäßig behindert.

Vielleicht ist hierzulande daher der Verband der Phonographischen Wirtschaft bislang davor zurückgeschreckt, gegen das spanische Portal Weblisten.com, das angeblich auch nicht-lizenzierte Songs anbietet, mit Sperrungsverfügungen an deutsche Provider vorzugehen. Die Initiative der US-Labels hat bisher zumindest einen kleinen Zwischenerfolg erzielt, der sich bald aber in den gegenteiligen Effekt umkehren dürfte: Nach der unfreiwilligen Werbung für die chinesische Seite ist diese momentan zumindest aus Deutschland so gut wie nicht zu erreichen. Der Server scheint dem Andrang der Surfer nicht standzuhalten. (Stefan Krempl) / (anw)