Mobilfunkausbau: Scheuers Kampf gegen Funklöcher stockt

Die Verkehrsminister Scheuer unterstellte Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft kommt kaum vom Fleck. Der Staat sollte die Masten selbst bauen, fordert die Linke.

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(Bild: Shutterstock/Juan Aunion)

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Der Aufbau der staatlichen Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft (MIG) kommt weiter nur schleppend voran. Mit der umstrittenen, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) unterstellten Fördereinrichtung sollen mithilfe eines Milliardenbudgets Funklöcher geschlossen werden. Auf Anfrage des umverteilungspolitischen Sprechers der Linksfraktion des Bundestags, Victor Perli, konnte das Haus von Andreas Scheuer (CSU) aber weder eine aktuelle Zahl an Beschäftigten angeben noch mitteilen, welche Personen in Aufsichtsrat, Lenkungskreis und Beirat sitzen und möglicherweise bereits mit welchem Ergebnis getagt haben.

Der Aufbau der 2019 vom Bundestag geforderten MIG werde derzeit über einen speziellen Stab vorangetrieben, schreibt das BMVI in dem heise online vorliegenden Bericht an Perli. Dieser bestehe aus dem Geschäftsführer der Gesellschaft, Mitarbeitern der bundeseigenen Firma Toll Collect, bei der die MIG angedockt ist, sowie Vertretern des Ressorts von Scheuer. Zumindest die "vorbereitenden Tätigkeiten für die Personalsuche" seien "nahezu abgeschlossen". Die MIG-Geschäftsführung habe zudem "bereits zahlreiche Vorstellungsgespräche mit potenziellen Führungskräften" geführt.

Eigentlich sollte die MIG schon 2020 mit dem Kampf gegen die weißen Flecken auf der Karte der Mobilfunkversorgung beginnen. Die CSU hatte in ihrer digitalen Agenda 2021 Anfang des Jahres noch einmal versprochen, bis spätestens 2024 alle Funklöcher mit stationären und mobilen Masten zu stopfen. Seit Anfang Dezember stand fest, dass die MIG in Naumburg sitzen soll. Eine entsprechende Niederlassung gibt es dort aber noch nicht: Eine "geeignete Immobilie" sei mittlerweile "identifiziert" worden, teilt das BMVI mit. Es hofft: "Ein entsprechender Mietvertrag wird in Kürze unterzeichnet."

Auch wenn der feste Sitz noch fehlt, war die MIG während ihres Rumpfbetriebs laut dem Ministerium nicht untätig. Sie habe die IT-Grundstruktur für ein Geoportal und die Geodatenanalyse entwickelt sowie die "zur objektiven Beurteilung der Versorgungssituation relevanten Daten" etwa zur bestehenden Versorgung, zu Verkehr, Sozioökonomie und Topologie "aus validen Quellen beschafft und aggregiert". Auf dieser Grundlage sei ein Vorgehen zur "objektiven Identifizierung, Clusterung und Priorisierung" weißer Flecken entwickelt worden.

Bei ersten Versorgungsanalysen sollen 60 potenzielle Gebiete und 17 konkrete Standorte definiert worden sein, die ein mittleres bis hohes Förderpotenzial hätten, heißt es beim BMVI. Für diese werde nun ein Markterkundungsverfahren parallel zur Notifizierung der Förderrichtlinie bei der EU-Kommission gestartet. Begleitend führe die MIG "regelmäßig Gespräche zur Kooperation mit den relevanten Beteiligten der Mobilfunkförderung sowie mit den relevanten Datenlieferanten".

Bis vor Kurzem waren im Bundeshaushalt noch Mittel für Verwaltungsausgaben der MIG und zur Umsetzung der Mobilfunkstrategie der Bundesregierung in Höhe von 35 Millionen Euro blockiert. Diese Sperre hat das Bundesfinanzministerium nach den BMVI-Darstellungen am 25. März aufgehoben. Insgesamt beantragte Scheuers Ressort die Freigabe von 160 Millionen für die Geschäftsaufnahme.

Für das Implementieren der Mobilfunkstrategie der Bundesregierung und für ihren eigenen Betrieb sollen der MIG bis 2025 finanzielle Mittel in Höhe von fünf Milliarden Euro aus dem Sondervermögen digitale Infrastruktur zur Verfügung stehen. Vorgesehen ist zudem, dass weitere 1,1 Milliarden Euro für Förderprogramme dazukommen. Ein Großteil des Geldes soll aus der Auktion der 5G-Frequenzen stammen, die bei 6,55 Milliarden Euro endete.

[Update, 13.04.2021, 10:30 Uhr ] Die Aufstellung im BMVI-Bericht zum Geldfluss aus der Versteigerung zeigt für das Haushaltsjahr 2020 nur an, dass die Deutsche Telekom ihre Rate für den Erwerb der Frequenzen für die neue Mobilfunkgeneration in Höhe von etwas über 110 Millionen Euro zahlte. Eigentlich wären im vorigen Jahr von allen Providern rund 348 Millionen Euro fällig gewesen. Perli witterte daher drei säumige Zahler.

Das BMVI stellte dazu aber klar: Die Zahlungen von Vodafone, Telefónica und 1&1 Drillisch seien zwar erstmalig zum 1. Januar 2020 fällig gewesen. Aufgrund des Jahreswechsels hätten die betroffenen Netzbetreiber ihre Raten aber so frühzeitig im Dezember 2019 überweisen, "dass diese noch im Jahr 2019 als Zahlungseingang verbucht wurden". Alle Mobilfunknetzbetreiber seien so "ihren aus der Frequenzauktion 2019 folgenden ratenweisen Zahlungsverpflichtungen bislang rechtzeitig und in vollem Umfang nachgekommen".

Die geforderte "vollständige Versorgung der Hauptverkehrswege" habe aber "kein Mobilfunknetzbetreiber innerhalb der Frist erfüllen" können, meldet das BMVI unter Verweis auf die Bundesnetzagentur. [/Update] Alle drei aktuellen Versorger hätten vorgetragen, dass dies auf temporären "Unmöglichkeiten" rechtlicher beziehungsweise tatsächlicher Natur beruhe. Die Regulierungsbehörde prüfe dies nun "in jedem Einzelfall bei den betroffenen Standorten". Erst dann könne über das "ob" und die Höhe von Zwangs- oder Bußgeldern entschieden werden.

[Update, 13.04.2021, 10:30 Uhr ] Seit Jahren schaut die Bundesregierung tatenlos zu, wie die Mobilfunkanbieter ihren Verpflichtungen beim Netzausbau nicht nachkommen", ärgert sich Perli über den Bescheid. "Für fehlenden Handy-Empfang in Ortschaften und an Bahnstrecken kommen die Konzerne bislang ungestraft davon. [/Update]

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An der "neuen Mega-Behörde" in Form der MIG hagelt es seit Langem Kritik aus der Opposition. Auch Perli hält sie für unnötig: "Der Staat sollte die Masten selbst bauen und den Betreibern die Nutzung in Rechnung stellen", fordert der linke Haushaltspolitiker. Der Steuerzahler würde so "auf Dauer entlastet und es gibt endlich flächendeckenden Handy-Empfang".

(bme)