Bundestag lässt mehr Drohneneinsätze in Flughafennähe prinzipiell zu

Ein Entwurf zur Drohnenregulierung der Bundesregierung sah pauschale Verbote vor. Der Bundestag hat diese in Erlaubnistatbestände mit Grenzen umgewandelt.

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(Bild: Lukas Gojda/Shutterstock.com)

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Mit den Stimmen der Großen Koalition hat der Bundestag am Donnerstag zu später Stunde einen Gesetzentwurf verabschiedet, mit dem er das nationale Recht an die EU-Drohnenverordnung anpassen will. Damit soll der flächendeckende Einsatz unbemannter Fluggeräte in Deutschland grundsätzlich "leichter, schneller und sicherer" werden. Die Opposition war geschlossen dagegen.

Die Initiative der Bundesregierung hatten Sachverständige bei einer parlamentarischen Anhörung als untauglich kritisiert. Sie rieben sich vor allem an den geplanten zahlreichen Verbotstatbeständen. Diese machten es schwierig, sinnvolle Aufgaben wie die Umweltüberwachung in Naturschutzgebieten durch Drohnen zu erledigen. Auch Kraftwerke, Stromleitungen oder Solarpanel auf dem Dach dürften nicht mehr angesteuert werden, obwohl die Fluggeräte hier ideal für Inspektionen seien.

Die Regierungsfraktionen von CDU/CSU und SPD haben den Spieß mit ihrem umfassenden Änderungsantrag umgedreht und die Verbote in Erlaubnistatbestände gewandelt. Gleichwohl sollen in der Luftverkehrsordnung die schutzwürdigen Aspekte zahlreicher Einrichtungen und geografischer Regionen berücksichtigt werden. Damit strebt Schwarz-Rot einen besseren Ausgleich aller Interessen im Sinne des Drohnen-Aktionsplans der Regierung an.

So ist der Betrieb unbemannter Luftfahrzeuge in der "speziellen" Betriebskategorie nun etwa zulässig über und innerhalb eines seitlichen Abstands von 1,5 Kilometern von der Begrenzung von Flugplätzen. Flughäfen mit mehr zusätzlicher Infrastruktur und einem größeren Gelände dürfen sich Drohnenpiloten über und innerhalb eines seitlichen Abstands von einem Kilometer nähern sowie "innerhalb einer seitlichen Entfernung von weniger als 1000 Metern aller in beide An- und Abflugrichtungen um jeweils 5 Kilometer verlängerten Bahnmittellinien".

Die Kategorie "speziell" betrifft den Betrieb von Drohnen, die etwa beim Betrieb außerhalb der Sichtweite fliegen beziehungsweise eine Startmasse von über 25 Kilogramm haben. Dem steht die Gruppe "offen" gegenüber mit unbemannten Fluggeräten, die eine Startmasse von weniger als 25 Kilogramm haben, innerhalb der Sichtweite bis maximal 120 Meter Höhe verkehren und keine gefährlichen Güter transportieren oder Gegenstände abwerfen.

Fliegen dürfen Drohnen zudem etwa auch über und innerhalb eines seitlichen Abstands von 100 Metern von der Begrenzung von Industrieanlagen, Justizvollzugsanstalten, militärischen Organisationen sowie Anlagen der zentralen Energieerzeugung und Energieverteilung, wenn die zuständige Stelle oder der Betreiber der Einrichtungen dem ausdrücklich zugestimmt hat.

Dies gilt unter anderem auch für Grundstücke, auf denen die Verfassungsorgane des Bundes oder der Länder, oberste und obere Bundes- oder Landesbehörden, diplomatische und konsularische Vertretungen sowie internationale Organisationen ihren Sitz haben sowie bei Liegenschaften von Polizei und anderen Sicherheitsbehörden.

Ähnliche Vorgaben gelten etwa für Krankenhäuser, Unfallorte, Einsatzorte von Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben sowie Truppen der Streitkräfte. Leicht abgewandelte Regeln und Sonderbestimmungen haben die Abgeordneten für Bundesfernstraßen, Bahnanlagen, Wasserwege und Naturschutzgebiete vorgesehen.

Flüge über Wohngrundstücke sind zulässig, wenn der Eigentümer oder Mieter ausdrücklich zugestimmt hat, die Startmasse maximal 0,25 Kilogramm beträgt und keine Kamera oder Mikrofon an Bord ist oder die Flughöhe über 100 Meter beträgt. Weitere Voraussetzungen sind ein berechtigter Betriebszweck und ein Flug zwischen 6 und 22 Uhr. Zudem müssen "alle Vorkehrungen getroffen werden, um einen Eingriff in den Privatbereich und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen zu vermeiden. Dazu zähle vor allem eine Vorabinformation.

Bei der Erteilung von Betriebsgenehmigungen in der Kategorie "speziell" soll ferner nicht mehr unterschieden werden, ob das unbemannte Fluggerät ein Gewicht von über oder unter 25 Kilo hat. Die Zuständigkeit liegt zwar grundsätzlich bei den Bundesländern. Diese können die Aufgabe aber auch dem Luftfahrt-Bundesamt übertragen. Für das Steigenlassen von Modellfliegern durch Mitglieder von Luftsportverbänden gelten Ausnahmen von den Auflagen, solange verbandsinterne Verfahren befolgt werden.

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Das Gesetz verhindere die innovative und klimafreundliche Nutzung von Drohnen, monierte Bernd Reuther (FDP). Bis ein Landwirt mit Feldern in verschiedenen Bundesländern, durch die eine Hochspannungsleitung gehe, eine Genehmigung bekomme, sei die Ernte längst gelaufen. Die Koalition habe zwar das Wort Verbote gestrichen und durch Gebote ersetzt, aber die Sachverhalte in anderer Fassung neu eingebaut. Es bleibe einfacher, mit einem Helikopter als mit einer Drohne Baumwipfel zu überfliegen, was ökologischer Unfug sei.

Weitere Eingriffe in den "äußerst sensiblen unteren Luftraum" beklagte die Grüne Daniela Wagner. Die Regierung habe richtigerweise Abstandsregelungen und Flugverbote vorgesehen gehabt, die die Koalition deutlich abgeschwächt habe. Es gebe zwar viele sinnvolle Anwendungen neuartiger Fluggeräte. Aber das stark Industrie-getriebene Geschäftsmodell verfolge auch einen massenhaften Personentransport im städtischen Bereich. Das Gefühl der Bedrohung und Belästigung bei der Bevölkerung werde dabei schlicht ignoriert. Mehr Drohnen und Flugtaxis über den Köpfen bedeuteten nicht weniger Verkehr auf dem Boden.

"Wir müssen Akzeptanz für diesen neuen Verkehrsträger schaffen", betonte der parlamentarische Verkehrsstaatssekretär Steffen Bilger (CDU). Hunderttausende Privatleute besäßen Drohnen, auch kommerziell würden immer mehr eingesetzt. Flugtaxis seien eine vielversprechende konkrete Technik. Die Vorgaben würden nun so gestaltet, dass genug Freiheiten bestünden. Bedingungslose Verbote hätten die Drohnenökonomie abwürgen können.

"Der Luftraum ist frei", laute die Maxime nun, ergänzte Arno Klare (SPD). Die zunächst vorgesehene Verbotslitanei sei passé. In der nächsten Legislaturperiode müsse aber noch die europäische U-Space-Verordnung mit abgesteckten Nutzungsszenarien für Drohnen mit einem zugehörigen Kontrollsystem umgesetzt werden.

(olb)