Zoom, Turing und die Daten – auf den Spuren von Alan Turing

Die Ruhrfestspiele Recklinghausen inszenieren eine historische Spurensuche als Zoom-Konferenz. Kann das gutgehen?

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Ein Forschungsinstitut untersucht im Rahmen der Ruhrfestspiele Recklinghausen die Todesumstände von Alan Turing: Das ist das Setting, das die 12 Teilnehmer bei "reconstruct:alan_turing" erwartet. Teilnehmer - denn das Stück sieht die aktive Mitarbeit vor. Es gilt, Turings Schlafzimmer zu inspizieren, die Infotafeln an den dort befindlichen Gegenständen zu lesen und diese Beweise zu gewichten.

Die KI CRIS führt per Zoom durch den Abend.

Über allem wacht eine KI namens CRIS in Form einer pixeligen Zoom-Animation. Sie schickt die Teilnehmer in Breakout-Räume, um zu überprüfen: War es Mord, Unfall oder Selbstmord? Zwischendurch sammelt sie die Ergebnisse per Online-Fragebögen ein. Denn letztendlich dient der Abend dazu, Daten zu sammeln: CRIS soll aus den Ergebnissen lernen.

Die gut anderthalb Stunden gestalten sich wie eine mehrschichtige Übung in Empathie. Auf der einen Ebene gilt es darum, sich in den britischen Mathematiker einzufühlen: Was für ein Mensch war Alan Turing, was waren seine Beweggründe? Ist ein Selbstmord wirklich vorstellbar? Dabei müssen die per Zoom zusammengeschalteten Fremden in der kurzen Zeit auch Vertrauen untereinander aufzubauen, um sich offen zu ihren Eindrücken auszutauschen.

Dass "reconstruct:alan_turing" per Zoom stattfindet, ist der Pandemie geschuldet. Eigentlich ist die Koproduktion mit dem Büro für Eskapismus als analoge Aufführung geplant gewesen. Die Teilnehmer hätten das Schlafzimmer in Form eines Zelt betreten, "Beweisstücke" in die Hand nehmen und sich von Angesicht zu Angesichts austauschen können. In diesem Jahr müssen eine Zoom-Konferenz und ein 3D-Modell des Zimmers genügen.

Der Austausch funktioniert so zunächst eher schleppend. Anfangs herrscht mitunter unangenehme Stille, obwohl CRIS die Vorzüge der menschlichen Sprache preist. Und dennoch gelingt das Experiment. Im Laufe des Abends kommt dann doch ein offenerer Austausch zustande. Das liegt auch an Übungen wie der, in der Fotos von Alan Turing gezeigt und die Teilnehmer aufgefordert werden, den Gesichtsausdruck zu interpretieren und nachzumachen.

Diskussions- und Erklärungsbedarf gab es dann noch nach dem Schluss-Spin des Abends, über den hier nicht mehr verraten sei, als dass es um die erhobenen Daten ging. Gut, dass Katharina Laage und Miriam Wendschoff vom Büro für Eskapismus dazu noch in die Runde kamen.

reconstruct:alan_turing läuft noch bis zum 6. Juni im Rahmen der Ruhrfestspiele Recklinghausen.

(jo)