Bundestag geht schärfer gegen Cyberstalking und Rachepornos vor

Der Straftatbestand des Nachstellens wird deutlich ausgeweitet und digitales Stalking etwa über Apps inklusive gefälschter Profile miterfasst.

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(Bild: Sam Wordley/Shutterstock.com)

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Der Bundestag hat am Freitagmorgen um 01:45 Uhr einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem er das Strafgesetzbuch (StGB) ändert und so einen effektiveren Kampf gegen Nachstellen ermöglichen sowie Online-Stalking besser erfassen will. Strafverfolger müssen Verdächtigen bisher ein beständiges Nachstellungsverhalten nachweisen, das geeignet ist, die Lebensgestaltung des Opfers massiv zu beeinträchtigen. Diese Hürde hat das Parlament mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD, AfD und der Grünen deutlich abgesenkt. Die FDP und die Linke enthielten sich.

In Paragraf 238 des Strafgesetzbuches wird mit dem Beschluss "beharrlich" durch "wiederholt" und "schwerwiegend" durch "nicht unerheblich" ersetzt. Der Strafrahmen sieht laut der Initiative prinzipiell weiter Haft bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor. Für besonders schwere Fälle wie länger anhaltende Nachstellungen, körperliche Angriffe oder den Einsatz sogenannter Stalkingware für das digitale Ausspähen von Dritten kann aber eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren verhängt werden. Verursacht der Täter den Tod des Opfers oder eine dem Opfer nahestehenden Person, drohen dem Täter bis zu zehn Jahren Haft.

Den ursprünglichen Referentenentwurf aus dem Bundesjustizministerium hatte die Bundesregierung bereits an mehreren Punkten verschärft. Ein schwerer Fall liegt so etwa schon nach vier statt bisher sechs Monaten täglichem Stalking vor. Bis zu fünf Jahren Haft drohen zudem auch, wenn ein Täter über 21 und das Opfer unter 16 Jahre alt ist.

Die Abgeordneten haben Paragraf 238 nun noch dahin gehend erweitert, dass neben Taten nach Paragraf 202a StGB zum unbefugten Ausspähen von Daten auch solche des Abfangens von Informationen und Vorbereitungshandlungen nach den Paragrafen 202b und 202c als Stalking aufgefasst werden können. Wer also etwa unbefugt Daten des Opfers auf seinen Computer umleitet, kann so nicht nur eine Straftat nach Paragraf 202b begehen, sondern zugleich einen Teilakt einer Nachstellungstat vollziehen.

Besonders intensives und länger andauerndes Stalking hat der Bundestag von einem relativen Antrags- in ein Offizialdelikt umgewandelt, das staatlich verfolgt werden muss. Damit will er "der gestiegenen Bedeutung der Nachstellungskriminalität, auch in der öffentlichen Wahrnehmung, Rechnung" tragen. Als längeres Stalking gilt es ferner bald schon, wenn jemand dem Opfer durch eine Vielzahl von Tathandlungen über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten auflauert. Die Regierung hatte hier neun Monate vorgesehen.

Unter Stalking fallen laut dem Entwurf etwa Anrufe oder Nachrichten zu allen Tages- und Nachtzeiten, das Verfolgen und Auflauern vor der Wohnung oder am Arbeitsplatz sowie Warenbestellungen unter dem Namen von Opfern. Auch wer Dritte veranlasst, Kontakt zum Opfer etwa über gefälschte Profile auf Single-Portalen aufzunehmen, macht sich künftig strafbar.

Ausdrücklich erfasst werden ferner Konstellationen, in denen der Täter Bildaufnahmen des Opfers oder ihm nahestehender Personen verbreitet. Vor allem ein Veröffentlichen intimer Fotos ehemaliger Beziehungspartner sei derart häufig, dass für das Phänomen mit "Revenge Porn" aka "Racheporno" bereits feste Begriffe bestünden, begründen die Volksvertreter diese Klausel. Opfern empfänden ein solches Vorgehen teils "als derart verheerenden Eingriff in die Intimsphäre", dass "nicht wenige in ihrer Ohnmacht und Verzweiflung Suizidversuche unternehmen".

(olb)