Bruce Willis lizenziert sich für Deepfake-Werbespots

Der Hollywood-Star tritt in russischen Werbespots auf, ohne einen Fuß auf das Filmset gesetzt zu haben. Künstliche Intelligenz zaubert Willis Gesicht herbei.

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"Bruce Willis" und Asamat Mussaghalijew sind an eine Bombe gefesselt, deren Countdown auf 36 Sekunden steht

Der Screenshot zeigt den Unterschied: Die rechte Gesichtshälfte gehört dem russischen Schauspieler Konstantin Solowjow, die linke wurde mittels Face-Swapping durch Bruce Willis Antlitz ersetzt.

(Bild: Megafon/Screenshot)

Lesezeit: 3 Min.

Bruce Willis wirbt für einen russischen Mobilfunk-Netzbetreiber, ohne dafür vor die Kamera getreten zu sein. Der Hollywood-Star hat sein Konterfei für Deepfake-Videos und Bilder lizenziert. Geplant ist eine Serie von mindestens 15 Werbespots, die zusammen eine Geschichte zweier Agenten erzählen. Einer wird vom russischen Komödianten Asamat Mussaghalijew gespielt, der andere von seinem Landsmann Konstantin Solowjow. Dessen Antlitz ist aber nicht zu sehen – es wird durch Willis' Gesicht ersetzt (sogenanntes Face-Swapping).

Die Idee stammt von der Werbeagentur Instinct, die zur BBDO-Gruppe gehört. Instinct-Kreativdirektor Roman Firainer glaubt, dass lizenzierte Deepfakes Prominenter die Zukunft des Werbefilms sind. Wassili Bolschakow, Marketingchef des auftraggebenden Mobilfunkers Megafon, sieht zahlreiche Vorteile: Schwierigkeiten mit Pandemie-bedingten Reiseeinschränkungen fallen weg, und die Produktion ist billiger, als einen Hollywood-Star auf ein Filmset zu bringen.

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Außerdem gehe es mit Deepfakes einfach schneller, sagte Bolschakow zum russischen Medium Sostav. Zwar dauere die Generierung des Computermodells ein ganzes Monat, diese Arbeit müsse aber nur einmal geleistet werden. Danach ließen sich die einzelnen Videos schnell fertigen: Für die Postproduktion sind pro Werbeclip nur drei Wochen veranschlagt. Künstliche Intelligenz (KI) macht es möglich.

Dass es sich um Deepfakes handelt, ist kein Geheimnis. Megafone gibt das bewusst preis. Für den Mobilfunker hat das sogar zusätzlichen Werbeeffekt, möchte sich das Unternehmen doch als besonders innovativ darstellen.

Regisseur Ilja Naischuller hat allerdings damit zu kämpfen, dass sich der eigentliche Schauspieler nur sehr beschränkt bewegen darf. Zum Beispiel sind Heben und Senken des Kopfes tabu, Seitwärtsbewegungen aber möglich. Beim Casting galt es, einen Mann mit gleicher Kopfform und Schulterbreite zu finden. Auch die Glatze war wichtig. Solowjow erfüllt diese Anforderungen. Der russische Schauspieler hat sich selbst als großer Fan des in Deutschland geborenen Bruce Willis geoutet.

Im August ist der erste Reklameclip mit Deepfake-Willis erschienen. Der Spot soll vermitteln, wie Megafon-Kunden mit ihren Kindern gebührenfrei in Verbindung bleiben können, selbst wenn sie bei der Arbeit "festhängen". Bis nächsten August sind 14 weitere Folgen der Geschichte geplant. Die Serie heißt "Partner" und wird mit eigenen Filmplakaten als der "erste Familien-Blockbuster" beworben.

Die Beteiligten hoffen, dass Russlands Verbraucher stets gespannt auf den nächsten Werbeclip warten, um zu sehen, wie die Geschichte weitergeht. Nebendarsteller gibt es auch, in der ersten Folge die "Tochter" des von Mussaghalijew gespielten Agenten.

Für das der Deepfake-Manipulation zugrundeliegende Computermodell war das KI-Labor Deepcake zuständig. Die Mitarbeiter mussten sich zirka 40 Willis-Filme anschauen und passende Szenen mit unterschiedlichen Kopfstellungen und Farben auswählen. Schließlich wurde ein neuronales Netzwerk auf mehr als 34.000 Willis-Bilder losgelassen.

Perfekt ist die Methode nicht, mitunter wachsen dem falschen Willis zusätzliche Augenbrauen, oder eine Nase ragt plötzlich aus dem Ohr. Diese Missbildungen finden natürlich keinen Eingang in die Reklame.

(ds)