Rot-Grün-Rot in Berlin: Open Source soll Vorfahrt haben

SPD, Grüne und Linke in Berlin erklären freie Software und offene Standards für eine "digital souveräne Stadt" für unverzichtbar. Algorithmen werden reguliert.

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(Bild: Motortion Films/Shutterstock.com)

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Nach rund fünfwöchigen Verhandlungen haben SPD, die Grünen und die Linke in Berlin am Montag ihren Koalitionsvertrag vorgelegt. Das alt-neue Regierungsbündnis hält demnach "Open Source und offene Standards" für eine "digital souveräne Stadt" für "unverzichtbar". Die Koalition will daher "bei jeder Softwarebeschaffung" nach Alternativen und Angeboten im Bereich freier Software suchen und speziell für die Verwaltung erarbeitete Programme unter freien Lizenzen der Allgemeinheit zur Verfügung stellen.

"Auch zentrale Förderprogramme für IT-Projekte sollen diesen Ansatz verfolgen", heißt es auf den rund 150 Seiten für die "Zukunftshauptstadt". "Die Nichtbeschaffung von Open Source muss begründet werden", lautet die Ansage. Der "BerlinPC Open Source" – der standardisierte IT-Arbeitsplatz für die Verwaltung – soll "als Referenz für alle entsprechenden Ausschreibungen dienen".

"Innovative Beschaffungsinstrumente" wie "vorkommerzielle Auftragsvergaben" will die Koalition "zur Weiterentwicklung von Produkten" einsetzen, "bei denen erst mittel- und langfristig eine Marktreife erreicht werden kann". Beim kommunalen IT-Dienstleister ITDZ Berlin soll ein Kompetenzzentrum Open Source eingerichtet werden. Ferner gehe es darum, "Synergiepotenziale in länderübergreifenden und internationalen IT-Kooperationen nutzbar" zu machen. Schleswig-Holstein etwa arbeitet ebenfalls am Einzug von mehr freier Software in die Verwaltung.

Laut der Vereinbarung sollen möglichst Open Data zur Verfügung gestellt und offene Programmierschnittstellen (APIs) sowie Creative-Commons- und Open-Access-Lizenzen verwendet werden. "Bei Beschaffungen werden alle Kosten über den gesamten Betriebszeitraum als Kriterium der Wirtschaftlichkeit berücksichtigt, einschließlich der Möglichkeit zur Anpassung und Erweiterung (Baukastenprinzip)", ist dem Papier zu entnehmen. "Dies gilt auch für Cloud-Technologien."

Programmroutinen etwa für Künstliche Intelligenz (KI) will die Koalition regulieren: "Qualitätssichernde Prozesse, Tests und Dokumentationspflichten sollen sicherstellen, dass die öffentliche Verwaltung nur objektive und diskriminierungsfreie Algorithmen einsetzt." Ein "Berliner Algorithmen-Register" ist vorgesehen, wobei die Zusammenarbeit mit einschlägigen Projekten in Amsterdam und Helsinki zu prüfen ist.

Die beschlossene Linie hat etwa Auswirkungen auf die Polizei: "Personenkontrollen dürfen nur am Verhalten und nicht am äußeren Erscheinungsbild von Personen anknüpfen", betont das Bündnis. Daher soll ein Verbot von "Racial Profiling" im Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) verankert werden. Die Videoüberwachung an Orten mit viel Kriminalität wollen die drei Parteien aber ausbauen. Den Einsatz biometrischer Systeme etwa zur Gesichtserkennung oder automatisierte Entscheidungen lehnen sie ab.

(olb)