TKG & TTDSG: Recht auf "schnelles" Internet und Cookie-Vorgaben greifen

Die jüngste Novelle des Telekommunikationsgesetzes sowie neue E-Privacy-Regeln treten in Kraft. Wirtschaft und Verbraucherschützer sehen Licht und Schatten.

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(Bild: Pixelvario/Shutterstock.com)

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Am 1. Dezember tritt die lange umstrittene Reform des Telekommunikationsgesetzes (TKG) in Kraft, die der Bundestag im April beschlossen hatte. Mit der Initiative sollen Unternehmen mehr Anreize für einen zügigen und flächendeckenden Glasfaserausbau erhalten. Dazu kommt ein Recht auf "schnelles" Internet, das aber erst in sechs Monaten einklagbar sein wird. Generelles Anliegen des Gesetzgebers ist es, den EU-Kodex für die elektronische Kommunikation verspätet in nationales Recht umzusetzen.

Für den Anspruch auf ein flächendeckendes Festnetz muss die Bundesnetzagentur die Anforderungen noch festlegen. Sie soll dafür die von mindestens 80 Prozent der Verbraucher im Bundesgebiet genutzte Mindestbandbreite sowie die Uploadrate und die etwa für Live-Streams und Online-Games wichtige Zeitverzögerung (Latenz) heranziehen. Der Bundestag legte auch fest, dass unter diesen Universaldienst reguläre Homeoffice-Anwendungen, Anrufe und Videocalls sowie die Nutzungsmöglichkeit sozialer Medien fallen. Diese Leistung dürfte laut den Abgeordneten zunächst "durch ein 30-MBit-Produkt erreicht" werden. In den Topf, aus dem das Internet für alle gefördert wird, müssen auch Messenger-Dienste einzahlen.

Die konkreten Werte zur Datenrate würden aktuell anhand von Studien "in einer gesonderten Vorgabe festgelegt", erklärte die Regulierungsbehörde. Diese werde dann jährlich durch das Bundesministerium für Verkehr und Digitales überprüft. Die Eckdaten würden "voraussichtlich ab Juni 2022 veröffentlicht".

Die Möglichkeit für Vermieter, die TV-Kabelgebühren auf den Mieter umzulegen, soll Mitte 2024 wegfallen. Als Ersatz kommt ein auf Hochgeschwindigkeitszugänge ausgerichtetes, gedeckeltes Nebenkostenprivileg: Wenn ein Vermieter einen Provider mit dem Ausbau der Gebäudeinfrastrukturen mit Glasfaser beauftragt, kann er die entstehenden Kosten auf die Abrechnung umlegen. Der Betrag darf monatlich fünf Euro nicht überschreiten und ist in der Regel auf fünf Jahre begrenzt.

Die Laufzeit für einen Telefon- oder Internetvertrag darf weiterhin maximal 24 Monate betragen. Wenn Verbraucher aber die Kündigungsfrist trotz einer neuen Hinweispflicht der Anbieter verpassen und der Vertrag sich automatisch verlängert, können sie ihn nun jederzeit mit einer Frist von einem Monat kündigen. Dieser Passus gilt grundsätzlich auch für Vereinbarungen, die vor dem 1. Dezember 2021 getroffen wurden. Ein Vertrag wird ferner erst wirksam, wenn Kunden im Nachgang etwa an ein Telefonat eine Zusammenfassung erhalten und in Textform – etwa per E-Mail – genehmigen.

Wenn der Telefon-, Internetanschluss oder Mobilfunkempfang gestört ist, haben Kunden einen gesetzlichen Anspruch, dass dieser Mangel schnellstmöglich und kostenlos behoben wird. Geschieht das nicht innerhalb von zwei Tagen, gibt es einen Anspruch auf Entschädigungen. Dies gilt auch, wenn bei einem Anbieterwechsel, Umzug oder bei der Mitnahme einer Telefonnummer die Versorgung für länger als einen Arbeitstag ausfällt oder ein Techniker zu einem vereinbarten Kundendienst- oder Installationstermin nicht erscheint.

Eine Rufnummernmitnahme ist künftig kostenlos. Dazu kommt ein Minderungsrecht bei nicht gelieferten Bandbreiten. Die Bundesnetzagentur will dazu eine überarbeitete Version der Desktop-App zur Breitbandmessung als Überwachungsmechanismus zur Verfügung stellen. Vorgaben für den Mobilfunk sollen 2022 folgen.

Einen Gewinn sieht Klaus Müller, Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), vor allem in den neuen Rechten rund um die Internetversorgung. Damit der Anspruch auf schnelles Internet kein leeres Versprechen bleibe, müsse die Regulierungsbehörde aber "dringend in der geplanten Rechtsverordnung eine ehrgeizige Mindestbandbreite festlegen".

Telekommunikations- und Breitbandverbänden stößt das Recht auf schnelles Netz dagegen übel auf. Dieses "sollte vorrangig durch den eigenwirtschaftlichen Ausbau und ergänzend staatliche Fördermaßnahmen verwirklicht werden und nicht durch einen strukturell bürokratischen Universaldienst", fordert der Breko. Sonst werde die Glasfaserverlegung gebremst. Auch in bislang sehr schlecht oder nicht versorgten weißen Flecken müssten zunächst funkgestützte Lösungen wie Satelliten-Internet genutzt werden.

Ähnlich äußert sich der VATM, in dem sich Konkurrenten der Deutschen Telekom zusammengeschlossen haben. Er hat als besonders problematisch zudem die neuen Minderungsrechte ausgemacht. Die Leistung bei Kupfernetzen nehme mit jedem Meter ab, jeder Anschluss weise hier – ohne Schuld des Anbieters – eine sehr unterschiedliche Leistung auf. Dazu komme, dass die Verkabelung im Wohnhaus sowie kundenseitige Einstellungen an Geräten und WLAN oft die Geschwindigkeit senkten. Schwankungen seien aufgrund hoher Reserven in den Netzen zudem "völlig unerheblich für den E-Mail-Verkehr oder für ruckelfreie Videos".

"Wir beschleunigen die Genehmigungsverfahren und vereinfachen den Einsatz neuer Verlegetechniken, wie zum Beispiel das Trenching", unterstrich der geschäftsführende Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU): "Viele falsche Behauptungen und kritische Begleitung der letzten Jahre verkennen den Fortschritt beim Ausbau und jetzt kommt die Verbesserung durch den neuen gesetzlichen Rahmen dazu."

Ebenfalls am Mittwoch tritt das Telekommunikations-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG) in Kraft. Darin hat der Gesetzgeber die Datenschutzbestimmungen aus dem Telemedien- und dem Telekommunikationsgesetz, die sich neben der klassischen Telefonie etwa auf Online-Dienste beziehen, erstmals zusammengefasst. Zugleich setzt er ausdrücklich die EU-Vorgaben zu Cookies aus der EU-Richtlinie zum Datenschutz in der elektronischen Kommunikation von 2009 im Lichte der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in nationales Recht um.

Das Speichern und Auslesen personenbezogener Informationen über die Browserdateien auf den Endgeräten der Nutzer ist so nur noch zulässig, wenn der Betroffene auf Basis klarer und umfassender Informationen eingewilligt hat. Ausnahme sind rein funktionelle Cookies.

Mit dem Gesetz werden auch Dienste wie "Personal Information Management Services" (PIMS) oder Single-Sign-on-Lösungen rechtlich geregelt, die nutzerfreundliche und wettbewerbskonforme Verfahren für das Opt-in zum Setzen von Cookies zu Werbezwecken bereitstellen. Beobachter erhoffen sich davon teils eine "Erlösung" von der Flut an Cookie-Bannern, doch viele Experten sind skeptisch. Das Anerkennungsverfahren für PIMS & Co. muss die Bundesregierung noch durch eine Verordnung festlegen.

Das TTDSG sei "gut gemeint und geht in die richtige Richtung", erklärte der IT-Verband Bitkom. Entscheidende Fragen etwa rund um die neuen Datentreuhänder für Opt-ins seien aber noch ungeklärt. Es bleibe völlig offen, "ob die Vorgaben dann überhaupt praxistauglich umsetzbar sind". Das Gesetz komme ferner zur falschen Zeit, weil aktuell zur gleichen Thematik auf EU-Ebene die geplante E-Privacy-Verordnung verhandelt werde und diese dann auch hierzulande greifen würde.

(mho)