Europaparlament: weniger Datenschutz, weniger Spam

Das Europaparlament hat über Vorratsdatenspeicherung, Spam und Cookies abgestimmt.

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Nach einer turbulenten Debatte am gestrigen Mittwoch hat das Europaparlament heute am späten Vormittag den Kompromiss zur seit langem umstrittenen Richtlinie "über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation" nach zweiter Lesung akzeptiert. Konservative und Sozialdemokraten hatten mit dem durch die spanische Präsidentschaft vertretenen Rat eine Einigung über die bis zuletzt streitigen Punkte erzielt, der die absolute Mehrheit der Parlamentarier nun trotz zahlreicher Bedenkenträger auf allen politischen Seiten zustimmte.

Unzufrieden ist der Berichterstatter des federführenden Bürgerrechtsausschusses, der linke Italiener Marco Cappato, vor allem mit der Entscheidung zur zukünftig innerhalb der EU möglichen Vorratsdatenspeicherung. Die Mitgliedsstaaten dürfen bestehende Schutzbestimmungen, die die Löschung von Verbindungsdaten festschreiben, fortan gesetzlich lockern, um "Strafverfolgungen durchzuführen oder die nationale und öffentliche Sicherheit zu schützen". Dies soll genauso wie andere Überwachungsmaßnahmen zwar nur im Falle einer "notwendigen, angemessenen und verhältnismäßigen Maßnahme innerhalb einer demokratischen Gesellschaft" und in Übereinstimmung mit der Europäischen Menschenrechtskonvention erlaubt sein. Doch zunächst hatte sich der Bürgerrechtssausschuss für eine deutlich schärfere Formulierung ausgesprochen, wonach der Lauschangriff auf die E-Kommunikation generell eine strikte Ausnahme bleiben sollte.

Auch wenn die Richtlinie keine Vorratsdatenspeicherung vorschreibt, würde sie dennoch Vorstöße zur Kontrolle der Internet-Surfer wie den morgen im deutschen Bundesrat zur Abstimmung stehenden Antrag zumindest zulassen. Cappato wies deshalb jegliche Verantwortung für das Abstimmungsergebnis von sich und beklagte "massive Einschnitte in die bürgerlichen Freiheitsrechte".

Bessere Karten haben mit der neuen Richtlinie die von Spam Genervten. Das Parlament änderte nichts mehr an der "Gemeinsamen Position" mit dem Rat: Marketingbeauftragte dürfen ihre (potenzielle) Kundschaft in Zukunft nur mit deren Zustimmung durch Werbung per E-Mail, Fax oder automatischen Telefondiensten beglücken. Dieses strikte Opt-in-System, das erst nach langem Bemühen der Providerlobby überhaupt in Brüssel als gangbarer Weg erachtet wurde, darf nur gelockert werden, wenn die Unternehmen die Empfänger der Werbebotschaften zu ihrem festen Kundenstamm zählen. Auch in der Frage der Cookies haben sich die Parlamentarier dem EU-Rat angepasst. Die Softwarekekse, mit denen sich Informationen über das Nutzerverhalten sammeln lassen, werden erlaubt. Allerdings verlangt der Kompromiss, dass Nutzer vor dem Setzen eines Cookies klare und ausführliche Informationen über die Verwendung im Voraus erhalten und somit auch ablehnen können. Das Parlament hat außerdem eine Klausel eingebaut, derzufolge die Richtlinie nach drei Jahren überprüft werden soll. (Stefan Krempl) / (jk)