Bundesinnenministerin Faeser will Telegram doch nicht abschalten

Faeser erläutert, wie sie mit der Radikalisierung auf Telegram umgehen will. Mit ihrer Drohung, den Dienst abzuschalten, habe sie den Druck erhöhen wollen.

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Blau und lustig präsentiert sich Telegram in Apples App Store; Nancy Faeser richtet ihren Blick mehr auf die braunen Seiten.

(Bild: Telegram)

Lesezeit: 3 Min.

In die Diskussion über Radikalisierung auf Telegram brachte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) vor zwei Wochen ein, der Messengerdienst könne notfalls abgeschaltet werden. Nun rückte Faeser davon ab. Im Inforadio des Hessischen Rundfunks sagte sie, es sei nicht ihr Ziel, Telegram abzuschalten.

Ihr sei es vor allem darum gegangen, den Druck zu erhöhen und Telegram klarzumachen, "wir sehen, was ihr da auf euren Seiten macht. Man kann nicht in dieser Welt billigen, dass Gewaltaufrufe, Hass und Hetze veröffentlicht werden, ohne dass Telegram reagiert", sagte Faeser. Sie habe die Gangart "etwas verschärft", um zu erreichen, dass Telegram tätig wird. Der Dienst könne das, er habe es in anderen Phänomenbereichen bewiesen, als es vor einiger Zeit um Hass und Hetze im Zusammenhang mit Islamismus gegangen sei. "Da haben sie Seiten gesperrt."

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Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz in seiner neuen Fassung greife voll erst ab dem 1. Februar 2022. "Wenn wir feststellen, dass wir damit nicht weiterkommen, müssen wir schauen, was wir dann machen können." Eine Möglichkeit verfolge nun das BKA, das eine Taskforce eingerichtet habe, die Tatverdächtige identifizieren und verfolgen soll; damit werde der Ermittlungsdruck erhöht. Wenn es keine ladungsfähige Anschrift gebe, müsse über Auslandskontakte geschaut werden, wie an Telegram heranzukommen sei. Dazu hat Faeser bereits mit Frankreich und den Niederlanden Kontakt aufgenommen.

Insgesamt müsse bei Telegram unterschieden werden zwischen dem Messenger und dem öffentlichen Bereich, der eher einem sozialen Netzwerk gleichkomme und wo offen Hass verbreitet und zu Gewalt aufgerufen werde, betonte Faeser. Beispielsweise gebe es Morddrohungen gegenüber der Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig und gegen ihren sächsischen Amtskollegen Michael Kretschmer. Es sei zu sehen, wie sich das Protestgeschehen danach ausrichtet, Schwesig seien die Demonstranten bis zu 80 Meter ans Haus gerückt. Das könne der Staat nicht akzeptieren.

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Insgesamt gehe es darum, insbesondere den Ermittlungsdruck auf den Rechtsextremismus und Rassismus zu erhöhen und die Gesellschaft widerstandsfähiger gegen das ideologische Gift zu machen. Bis Ostern wolle sie einen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus vorlegen.

Vor zwei Wochen hatte Faeser in einem Interview eine schnellere Sanktionierung von Fehlverhalten gefordert und drastischere Maßnahmen wie die Abschaltung von Telegram erwogen – sofern Regulierungsversuche erfolglos blieben. Die seit dem gestrigen Mittwoch arbeitende Taskforce des Bundeskriminalamts soll Bedrohungen, Beleidigungen und Mordaufrufen nachgehen, die in dem Messengerdienst geäußert werden, Tatverdächtige identifizieren und strafrechtlich verfolgen. BKA-Präsident Holger Münch sprach davon, dass seine Behörde auch Maßnahmen treffen wollte, wenn Telegram nicht kooperiere. Eine Anfrage von heise online dazu, um welche Maßnahmen es sich handelt, hat das BKA noch nicht beantwortet. In Deutschland haben 16 Prozent derjenigen, die einen Online-Kommunikationsdienst nutzen, Telegram, hat die Bundesnetzagentur ermittelt.

(anw)