Open-Source-Projektbörse BerliOS vom Aus bedroht [Update]

Die staatlich geförderte Vermittlungsplattform der Fraunhofer-Gesellschaft findet in der Community wenig Rückhalt.

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Die Web-basierte Plattform BerliOS, die Entwickler und Anwender von Open-Source-Software auf der einen und "kommerzielle Hersteller" sowie Support-Firmen auf der anderen Seite für gemeinsame Projekte übers Netz zusammenführen wollte, hat ihr Ziel verfehlt. "Wir haben nicht alles hundertprozentig hinbekommen", erklärte Projektleiter Lutz Henckel gegenüber heise online. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte Anfang 2000 dem heute zur Fraunhofer Gesellschaft gehörenden Berliner Institut für Offene Kommunikationssysteme (FOKUS) 500.000 Euro Förderung gewährt. Die finanzielle Unterstützung läuft nun Ende dieses Jahres aus. Doch "die Sache mit der Ideen- und Projektbörse steht noch ganz am Anfang", gibt Henckel zu. Bislang fungiere das als "Open-Source-Mediator" angetretene Portal hauptsächlich als Informationsseite rund um quelloffene Software-Entwicklung und dient nur für ein paar aus den eigenen Reihen angestoßene Projekte als Host-Plattform.

Dabei war der Grundgedanke, eine Alternative zu der ähnlich ausgerichteten, aber nicht kommerziell betriebenen US-Plattform SourceForge mit europäischem Schwerpunkt zu schaffen, zunächst überall auf Anklang gestoßen. Doch FOKUS fand sich bald zwischen allen Stühlen wieder. Henckel erinnert sich an "extrem ideologisch aufgeladene Gespräche" mit Vertretern der "so genannten Linux-Gemeinde". Sein Haus schaffte es nicht, eine Vermittlungsposition innerhalb der Reihen der Free Software Foundation Europe, deren Anhänger quelloffene Software als Kulturgut betrachten, und dem stärker auf den Einsatz von Open Source in Unternehmen ausgerichteten Linux-Verband aufzubauen. "Der Free Software Foundation war das Angebot der Fraunhofer-Gesellschaft mit BerliOS nicht transparent genug", erinnert sich Johannes Loxen, einer der Vorsitzenden des Linux-Verbands. "Uns erschien das Ganze dagegen nicht realo genug."

Vor allem das Vorhaben der BerliOS-Träger, durch das Einbehalten einer Vermittlungsgebühr eine kommerzielle Börse mit eigenem Geschäftsmodell aufzuziehen, stieß beim Linux-Verband auf wenig Gegenliebe. "Seit wann gründet das Wirtschaftsministerium gleich Firmen aus?", moniert Loxen den Ansatz. Es könne nicht angehen, dass hier mit Hilfe des Staats eine gewerbliche Dienstleistung direkt in den Markt gepflanzt werde. Den Förderern aus dem Ministerium war es nach ihren Angaben andererseits darauf angekommen, neue Wege zum Geldverdienen mit quelloffener Software aufzuzeigen. "Doch es gibt zu unterschiedliche Auffassungen über die Kommerzialisierung von Open Source", hat Klaus Glasmacher von der Technologieförderstelle beim Wirtschaftsministerium inzwischen festgestellt. Eine Einigung über Businessmodelle müsse die Gemeinde selbst treffen.

Die Zukunft von BerliOS steht nun auf der Kippe, da Glasmacher kein Antrag auf Folgeförderung vorliegt und die Plattform nicht auf eigenen Beinen steht. "Wir machen auf jeden Fall im kommenden Jahr weiter", gibt Henckel als Parole aus. Doch Loxen glaubt, dass die in weiten Teilen auf "hochgradig proprietäre Technologien" setzende Fraunhofer-Gesellschaft kein Interesse an der Eigenfinanzierung des bislang gescheiterten "Mediators" habe und BerliOS einschlafen lassen werde. (Stefan Krempl) / (jk)