Provider kritisieren geänderten Mediendienste-Staatsvertrag

Die in Kraft getretenen Neuerungen sollen gemäß der EU-Vorgaben mehr Rechtssicherheit für Zugangsprovider schaffen, doch der so genannte "Büssow-Paragraph" ist nicht entschärft worden.

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Heimlich, still und leise ist am gestrigen Montag der neue "Staatsvertrag über Mediendienste" in Kraft getreten. Die ursprüngliche Fassung war Teil der zwischen Ländern und Bund zweigeteilten "Multimedia-Gesetzgebung" von 1997 und regelt vor allem, welche Inhalte Mediendienste-Anbieter im Web darstellen dürfen. Die jetzt gültigen Änderungen waren auf Grund neuer Vorgaben aus Brüssel durch die E-Commerce-Richtlinie nötig geworden. Der Bund hatte das Pendant zum Mediendienste-Staatsvertrag, das sich auf "individuelle" Netzangebote wie das Online-Banking beziehende Teledienstegesetz (TDG), bereits Ende 2001 im Rahmen der Verabschiedung des Gesetzes zum elektronischen Geschäftsverkehr (EGG) novelliert.

Der Staatsvertrag der Länder hat im vergangenen Halbjahr vor allem durch den Fall Büssow eine traurige Berühmtheit erlangt: Der Düsseldorfer Regierungspräsident stützt sich hauptsächlich auf Paragraph 18 des Werks, um Provider zum Sperren von neonazistischen Webseiten in den USA zu verdonnern. Sowohl die ins Spiel gebrachte Filtermethode wie auch die Büssow dienende Rechtsgrundlange sind allerdings heftig umstritten. Trotzdem haben die Medienreferenten der Länder die strittigen Passagen weiter im Staatsvertrag belassen. "Die Verpflichtungen zum Sperren bleiben erhalten", ärgert sich Hannah Seiffert, Rechtsexpertin vom Verband der deutschen Internetwirtschaft eco.

Die Providervereinigung kritisiert ferner, dass die Länder in Paragraph 6 eine bedenkliche Regelung eingefügt haben. Eigentlich soll der Abschnitt Diensteanbieter von der vorsorglichen Kontrolle der über ihre Kanäle laufenden Inhalte befreien und sie so in der Haftung beschränken. Doch im zweiten Absatz des Paragraphen heißt es nun, dass "Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von Informationen nach diesem Staatsvertrag oder den allgemeinen Gesetzen auch im Falle der Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters ... unberührt" bleiben. Die Klausel führt nach Ansicht der Provider zu Rechtsunsicherheiten, da sie eine weitere, nicht mit dem TDG und der E-Commerce-Richtlinie zu vereinbarende Möglichkeit schaffe, die Zugangsanbieter in die Pflicht zu nehmen. (Stefan Krempl) / (jk)