LNG-Terminal Wilhelmshaven: 26 Kilometer langes Rohr entscheidet über Start

Der begonnene Bau des LNG-Terminals in Wilhelmshaven ist nur die halbe Miete. Ohne die Anschlussleitung zum nationalen Netz kann kein Flüssigerdgas eintreffen.

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(Bild: Wojciech Wrzesien/Shutterstock.com)

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Eine für die Inbetriebnahme des ersten deutschen LNG-Terminals in Wilhelmshaven nötige 26 Kilometer lange Pipeline hat einen ersten Zwischenschritt erreicht: Vor einigen Tagen lief im Planfeststellungsverfahren die Frist für Einwände ab. Die sogenannte Wilhelmshaven-Anschluss-Leitung (WAL) soll den Hafen, an dem tiefkaltes Flüssigerdgas aus aller Welt mit Schiffen angelandet und regasifiziert wird, mit dem nationalen Erdgasnetz verbinden. Ohne die Leitung sind die nationalen Pläne nicht umzusetzen. Um möglichst Ende des Jahres fertig zu sein, findet das in einem beschleunigten Verfahren statt. Mithilfe von LNG sollen die Effekte eines drohenden Lieferausfalls von russischem Erdgas infolge des Ukrainekriegs kompensiert werden.

Durch das von Bundestag und Bundesrat beschlossene LNG-Beschleunigungsgesetz, das zum 1. Juni in Kraft trat, fällt die normalerweise nötige Umweltverträglichkeitsprüfung weg. Auch die Frist für Einwände wurde um drei Wochen verkürzt. Die Pipeline mit einem Durchmesser von einem Meter soll Wilhelmshaven mit dem Örtchen Etzel in Ostfriesland verbinden. Dort befinden sich große Gasspeicherkavernen und der Anschluss an die Norddeutsche Erdgas Transversale (NETRA), die von der Firma Open Grid Europe betrieben wird. Bislang wird über das Leitungssystem vor allem norwegisches Gas nach Deutschland transportiert. Die Pipeline führt nach Salzwedel in Sachsen-Anhalt, ist aber auch in ein weitverzweigtes Netz in Nordrhein-Westfalen eingebunden. Die WAL soll anfangs eine jährliche Kapazität von 10 Milliarden Kubikmeter schaffen können. In den darauffolgenden Jahren ist ein schrittweise Ausbau auf bis zu 28 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr geplant.

Die Karte zeigt den geplanten Verlauf der Wilhelmshaven-Anschluss-Leitung zwischen dem LNG-Terminal in Wilhelmshaven (oben) und dem Örtchen Etzel, von wo aus Anschluss an das bundesweite Gasnetz in Richtung Süden und Osten besteht.

(Bild: OGE)

Die Leitung zwischen Wilhelmshaven und dem NETRA-Anschluss befindet sich zurzeit im Planfeststellungsverfahren. Vom 5. Mai bis zum 14. Juni konnten die Planunterlagen in den betroffenen Kommunen eingesehen und Einwendungen eingereicht werden. Insgesamt liegen dem niedersächsischen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) in Hannover 14 Einwendungen sowie eine Gesamtstellungnahme vor, teilte LBEG-Sprecher Eike Bruns heise online auf Nachfrage mit. Die Gesamtstellungnahme wurde über Landesbüro Naturschutz Niedersachsen (LABÜN) eingereicht und gemeinsam vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz, Naturschutzbund Deutschland, Naturschutzverband Niedersachsen, Anglerverband Niedersachsen, Landesfischereiverband Weser-Ems, Landesjägerschaft Niedersachsen und der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald verfasst. Zum Inhalt der Stellungnahmen ist aktuell noch nichts bekannt.

Im nächsten Schritt werden nun die Einwendungen ausgewertet. Erst danach können weitere Auskünfte zum weiteren Ablauf gegeben werden. Die Bundesregierung möchte, dass schon im Sommer mit dem Bau der Gasleitungen begonnen werden kann.

In Wilhelmshaven ist zunächst eine stationäre schwimmende Einheit am Hafen geplant, um kurzfristig Flüssigerdgas importieren zu können. Diese soll später durch eine Anlage an Land ersetzt werden. Das Gesetz schreibt zudem vor, dass die Anlagen spätestens ab dem Jahr 2044 für klimaneutralen Wasserstoff und dessen Derivate genutzt werden sollen. Damit soll Deutschland das Ziel der Klimaneutralität spätestens 2045 erreichen.

Unterdessen gibt es in der niedersächsischen Landesregierung offenbar intern Zwist über den Beginn der Rammarbeiten am Hafen in Wilhelmshaven. Laut einem Bericht von Radio Bremen beanstandet eine Umweltbehörde des Landes, dass die landeseigene Hafengesellschaft Niedersachsen Ports ohne Baugenehmigung mit den Arbeiten begonnen habe. Am 5. Mai fand dort im Beisein von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) der offizielle erste Rammschlag statt.

Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) untersteht dem Umweltministerium von Olaf Lies (SPD), während Niedersachsen Ports (NPorts) in der Zuständigkeit von Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) liegt. Der Hafengesellschaft drohe ein Bußgeld von bis zu 40.000 Euro. Aufschiebende Wirkung auf den Bau des LNG-Terminals hat der Vorgang allerdings nicht.

(mki)