Bitcoin & Co.: EU-Gremien einigen sich auf Aus für anonyme Kryptozahlungen

Unterhändler des EU-Parlaments und des Ministerrats haben vereinbart, dass Transfers von Krypto-Vermögenswerten vom ersten Euro an vollends nachverfolgt werden.

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(Bild: Chinnapong / Shutterstock.com)

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Die EU will es Kriminellen schwerer machen, Kryptowährungen für kriminelle Zwecke zu missbrauchen. Wer in der EU virtuelle Münzen wie Bitcoin, Ethereum oder Ripple verwendet, soll künftig unabhängig vom Gegenwert identifiziert werden können. Auf ein solches Aus für anonyme Zahlungen und Spenden mit Krypto-Tokens haben sich am Mittwochabend Verhandlungsführer des EU-Parlaments, des Ministerrats und der Kommission in Brüssel verständigt.

Die EU-Kommission hatte vor einem Jahr ein einschlägiges Gesetzespaket vorgelegt, um den Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu verschärfen. Mit der Initiative sollen anonyme Krypto-Wallets untersagt und Sorgfaltspflichten wie Identifizierungsauflagen auf den ganzen Sektor ausgeweitet werden. Ziel ist es, den Transfer von Krypto-Vermögenswerten "vollends" nachverfolgbar zu machen.

Um die Effizienz des Bezahlsystems zu wahren und die Untergrundwirtschaft klein zu halten, plädierte die Brüsseler Regierungsinstitution für eine Bagatellgrenze von 1000 Euro. Die Unterhändler der EU-Gesetzgebungsgremien waren sich nun aber einig, dieses Limit zu streichen. Dafür hatten sich zuvor schon die federführenden Ausschüsse des Parlaments ausgesprochen. Demnach müssen alle Überweisungen von Krypto-Vermögenswerten Informationen über deren Quelle und den Empfänger enthalten. Diese sind den zuständigen Behörden zur Verfügung zu stellen.

Konkret geht es um eine Reform der Verordnung über die Übermittlung von Angaben bei Geldtransfers von 2015. Die neue Vereinbarung sieht insbesondere vor, dass bei der Übertragung von Krypto-Vermögenswerten unabhängig von der Menge der übertragenen virtuellen Münzen alle Informationen über den Auftraggeber übermittelt werden müssen.

Die Vorschriften sollen laut der Übereinkunft auch für Transaktionen mit "Unhosted Wallets" gelten, die ohne Intermediäre wie Börsen oder Kryptowerte-Dienstleister auskommen und die Basis für dezentrale Finanzanwendungen bilden. Sie werden direkt bei privaten Nutzern verwahrt. Dafür gelten Sonderbestimmungen: Wenn ein Kunde mehr als 1000 Euro an seine eigene, nicht gehostete Wallet sendet oder von ihr empfängt, müssen die Anbieter von Krypto-Vermögenswerten überprüfen, ob die virtuelle Geldbörse tatsächlich dem Kunden gehört oder von ihm kontrolliert wird.

Die Regeln gelten nicht für Überweisungen von Person zu Person, die ohne einen Anbieter durchgeführt werden. Dies bezieht sich etwa auf den Austausch über Bitcoin-Handelsplattformen oder zwischen Dienstleistern, die in ihrem eigenen Namen handeln. Mit dem Einbezug privater Wallets wollen die EU-Gremien "Smurfing" erschweren, wobei Kriminelle eine große Transaktion in kleinere Beträge aufteilen und dabei mehrere scheinbar nicht miteinander verbundene Wallet-Adressen verwenden.

Für den Schutz personenbezogener Daten wie Namen und Adresse waren sich die Verhandlungsführer einig, dass solche Informationen nicht übermittelt werden sollten, "wenn es keine Garantie dafür gibt, dass die Privatsphäre auf der Empfängerseite gewahrt bleibt". Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sei weiterhin auf Geldtransfers anwendbar. Gesonderte Datenschutzvorschriften sollen nicht eingeführt werden. Der Europäische Datenschutzausschuss erhält aber die Aufgabe, spezielle Richtlinien für Krypto-Transfers auszuarbeiten.

Die Gremien betonen auch, dass keine neuen Sanktionen nötig seien. Die Vorgaben zur Durchsetzung der Anti-Geldwäscheregeln erstreckten sich bereits auf alle natürlichen und juristischen Personen, die im Bereich von Kryptowährungen tätig seien.

Zudem verständigten sich die Unterhändler darauf, dass die Einrichtung eines öffentlichen Registers für nicht konforme und nicht beaufsichtigte Anbietern, mit denen in der EU kein Handel betrieben werden darf, in den Regeln für Krypto-Vermögenswerte (Markets in Crypto-Assets, MiCA) enthalten sein wird. Über diese beraten die Gremien noch. Dabei geht es auch um den Energieverbrauch von Bitcoin.

Befürworter von Kryptowährungen sind Sturm gelaufen gegen das Vorhaben. Der IT-Verband Bitkom monierte: Eine solche Copy-Paste-Übernahme herkömmlicher Geldwäschevorschriften zeige, dass die Politik das "zukunftsträchtige Krypto-Geschäft nach wie vor schlicht nicht verstanden" habe.

Ernest Urtasun, parlamentarischer Berichterstatter der Grünen, hält dagegen: "Zum ersten Mal werden wir in der EU sinnvolle Regelungen für Krypto-Vermögenswerte haben." Die Richtung weg vom Wilden Westen des Bitcoin-Handels "hin zu einer sichereren Krypto-Sphäre, die die Privatsphäre schützt, Investoren unterstützt und Geldwäsche verhindert", sei richtig. Die Reform werde dazu beitragen, "die gezielten Finanzsanktionen der EU gegen russische Oligarchen" durchzusetzen. Blockchain-Analysen erhöhten zwar die Transparenz, könnten aber Anti-Geldwäsche-Vorschriften nicht ersetzen. Urtasuns rechtskonservative Kollegin Assita Kanko sprach von einem wichtigen Schritt auch im Kampf gegen Kinderpornografie.

Nach der vorläufigen Einigung arbeiten die Gremien noch an den technischen Details des Textes. Danach muss die Vereinbarung von den federführenden Ausschüssen, vom Parlamentsplenum sowie vom Rat gebilligt werden, bevor sie in Kraft treten kann.

(bme)