Deutschlands Mobilfunker sollen Notstromversorgung massiv verbessern

Widerstandsfähigere Kommunikationsnetze braucht die Bundesrepublik. Die Netzbetreiber fürchten hohe Kosten.

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Houher Mast mit Mobil- und Richtfunkantennen, davor ein kleinerer Mast mit Stromkabeln

Wie kann das Telecom-Netz weiterlaufen, wenn das Stromnetz nicht mehr liefert?

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 3 Min.
Inhaltsverzeichnis

Die Resilienz der Telekommunikationsnetze zu stärken, ist Ziel der Bundesnetzagentur (BNetzA). Laut einem heise online vorliegenden Strategiepapier möchte die Behörde unter anderem "Regelungen zur Notstromversorgung" etablieren, damit grundlegende Dienste wie Notrufe und der Empfang von Warnmeldungen auch bei Stromausfall funktionieren.

Allerdings wird nicht jede einzelne Sendeanlage Notstrom-Technik haben müssen. Entscheidend ist die Abdeckung, die im Katastrophenfall durch stärkere Signale in niedrigeren Frequenzen verbessert werden könnte.

Zur Überbrückung von Stromausfällen kommen derzeit meist Notstrom-Aggregate mit fossilem Kraftstoff zum Einsatz. Um die Abhängigkeit von Kraftstoffversorgung zu minimieren, könnten Mobilfunksender künftig mit Akkus und Photovoltaik-Modulen ausgerüstet werden. Dazu müsste aber der Stromverbrauch im Krisenfall deutlich reduziert werden, zum Beispiel durch geringere Netzkapazität und Fokus auf begrenzte Dienste. Der Gedanke des Stromsparens spießt sich allerdings mit erhöhter Sendeleistung für mehr Reichweite.

Zu besserer Resilienz würde den Experten zufolge auch verhelfen, wenn Verbindungspunkte zwischen Mobilfunk und Festnetz mit Glasfaser bereits vorbeugend eingerichtet werden und in Katastrophenfällen Alternativrouten erlauben. Eine weitere Möglichkeit stelle die Anbindung einzelner Standorte über provisorische Richtfunkstrecken dar. Hinzu kommen Geo- und Medienredundanz mit parallelen Infrastrukturen, erhöhter Objektschutz, bessere Angriffserkennung, mehr und neue, quantengesicherte Verschlüsselung sowie mehr Backups.

Als "weitere sichere Lösung" bringt die BNetzA Satellitentechnik ins Spiel. Moderne einschlägige Megakonstellationen wie Starlink, OneWeb oder Amazon Kuiper könnten "nicht schnell zerstört werden". Selbst wenn einzelner dieser Erdtrabanten ausfielen, "funktioniert die Kommunikation nach wie vor". Die bescheidenen Kapazitäten der Satelliten-Netze würden ebenfalls Fokus auf Basisdienste bedingen.

Gefahrenszenarien sieht das Dokument verschiedene: Durch Klimawandel häufiger gewordene Naturkatastrophen, die Corona-Pandemie oder die sich verändernde geopolitische Lage hätten die Wichtigkeit einschlägiger Dienste verdeutlicht und deren Verletzlichkeit aufgezeigt. Die Netze seien nun auf weitere Extremlagen wie breite Störung der Energieversorgung, wirtschaftliche Schwierigkeiten und Unruhen, Pandemien, Sabotage, Anschläge, kriegerische Auseinandersetzungen, atomare Explosionen sowie "über das normale Maß hinausgehende Cyberattacken" vorzubereiten.

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Netzbetreiber und Behörden sollten ein gemeinsames Lagezentrum einrichten, gemeinsame Übungen durchführen und verschlüsselt miteinander kommunizieren. Die Rede ist auch von einer Priorisierung der Energieversorgung bei Knappheit, einer Schwachstellenanalyse im Schnittstellenbereich und eine bessere Schulung von Mitarbeitern.

Das Dokument richtet sich hauptsächlich an das Bundesministerium für Digitales und Verkehr. Voraussichtlich wird es in den Entwurf einer "deutschen Strategie zur Stärkung der Resilienz gegenüber Katastrophen" einfließen, den das Ministerium gerade ausarbeitet. Dieser steht bereits für Mittwoch auf dem Terminplan des Bundeskabinetts.

Angesichts des baldigen Jahrestages der Flutkatastrophe im Ahrtal begrüßte Frederic Ufer, Geschäftsführer des Branchenverbands VATM, am Donnerstag das Engagement des Regulierers. Eine große Rolle bei der Stärkung der Resilienz spielten neben mobilen Vermittlungsstellen oder Basisstationen auch Richtfunk- und Satellitentechnik. Um deren bestmöglichen Einsatz müsse es gehen, "nicht um ein Mehr an Verordnungen".

Hinter vorgehaltener Hand fürchtet die Branche vor allem, auf den Kosten für zusätzliche Notstromversorgung sitzenzubleiben. Die BNetzA habe ferner die Erforderlichkeit und Angemessenheit der einzelnen Maßnahmen nicht bewertet, so die Kritik. Sie gehe auch nicht hinreichend darauf ein, dass die Verfügbarkeit der Netze gegenwärtig schon sehr hoch sei. Die BNetzA räumt selbst ein, dass "erhebliche Kosten" für die Maßnahmen anfallen dürften, "die nicht allein durch die Netzbetreiber getragen werden können".

(ds)