Energiekrise: Norwegen kann Gasliefermenge nach Deutschland nicht erhöhen

Deutschland sucht Wege, unabhängiger von Gas aus Russland zu werden. Norwegen ist dabei ein verlässlicher Partner, der aktuell aber nicht mehr liefern kann.

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(Bild: anek.soowannaphoom/Shutterstock.com)

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In der Energiekrise ist Deutschland aktuell der Bundesnetzagentur zufolge auf einem guten Weg, die Gasspeicher zu füllen und die gewünschten Quoren des Füllstands zu erreichen. Die Quote von 75 Prozent Füllstand, die eigentlich erst am 1. September erzielt werden sollte, ist demnach bereits jetzt, Mitte August, erreicht. Dennoch gibt es immer wieder bange Blicke in Richtung Herbst und Winter hinsichtlich der Energieversorgung, wenn Russland die Gaslieferungen weiter knapp hält oder gar komplett stoppen sollte.

Doch wer wären alternative Lieferanten? Aktuell bezieht Deutschland beispielsweise ebenfalls Gas aus den Niederlanden und aus Norwegen. Zumindest aus dem skandinavischen Land ist absehbar aber keine Aufstockung der Gas-Liefermengen zu erwarten. Das berichtet unter anderem der Spiegel. Demnach habe das Land Angaben von Ministerpräsident Jonas Gahr Støre zufolge derzeit keine Möglichkeiten, seine Gaslieferungen an Deutschland und Europa auszuweiten. Das sagte Støre dem Spiegel-Bericht zufolge bei einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Oslo. Norwegen habe seine Gasausfuhren erhöht und liefere aktuell "maximal das, was wir liefern können".

Man habe die Produktion nach dem russischen Angriff auf die Ukraine bereits um fast zehn Prozent erhöht, sagte der norwegische Ministerpräsident dem Spiegel zufolge. Für eine höhere Produktion müssten neue Gasvorkommen erschlossen werden. Scholz zeigte sich demnach dankbar, dass Norwegen die Produktion ausgereizt habe. Wichtig sei zudem die Zusage, dass das Land an dem hohen Produktionsniveau festhalten wolle, weil man auch 2023 einen hohen Bedarf habe, sagte Scholz.

Denn nicht nur dieser Winter werde eine Herausforderung. Auch im kommenden Jahr müssten die Speicher erneut gefüllt werden. Und deshalb brauche man neben den neuen LNG-Terminals für Flüssiggas das norwegische Gas, das über eine Pipeline kommt.

Die Bundesregierung hat am 23. Juni die Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Die zuständige Bundesnetzagentur hält die Lage inzwischen für angespannt, die Gasversorgung sei aber stabil und die Versorgungssicherheit weiter gewährleistet. Obwohl aus Russland viel weniger Gas fließt, als zugesagt, wird weiter eingespeichert. Unternehmen und private Verbraucher sowie Verbraucherinnen müssen sich aber auf deutlich steigende Preise einstellen. Am Montag war bekannt geworden, dass die Gas-Umlage bei 2,4 Cent pro Kilowattstunde liegen solle, um die Mehrkosten für Gaskäufe zu kompensieren.

Die Umlage soll Gasversorgern zugutekommen, die für viel Geld Ersatz für ausbleibende, günstigere Gasmengen aus Russland kaufen müssen. Sie wird pro Haushalt Mehrkosten in Höhe von mehreren Hundert Euro pro Jahr ausmachen. Die Umlage wird dann ab Anfang Oktober gelten, aber nicht unmittelbar auf den Rechnungen sichtbar werden, sondern mit etwas Zeitverzug. Beim Bundeswirtschaftsministerium erwartet man, dass sie wahrscheinlich erstmals im November und Dezember auf den Rechnungen ausgewiesen wird. Der Energiekonzern RWE hat angekündigt, die Gasumlage wohl nicht beanspruchen zu wollen, bei EnBW sieht es anders aus.

Aus dem jüngsten Lagebericht zur Gasversorgung der Bundesnetzagentur geht hervor, dass die tägliche Einspeichermenge in den vergangenen Tagen kontinuierlich gewachsen ist. Zuletzt sind die Füllstände täglich kontinuierlich um über 0,5 Prozent gestiegen. Jeden Tag fließen demnach ungefähr gleich große Mengen an Erdgas aus den Niederlanden und Belgien sowie aus Norwegen nach Deutschland. Der dadurch inzwischen erreichte Speicherfüllstand liegt ungefähr in der Mitte der Werte aus den Jahren 2016 bis 2021. Gleichzeitig liegen die Großhandelspreise bei 150 bis 280 Prozent der Werte von vor Beginn der aktuellen Krise.

(tkn)