Nach Technikproblemen: Microsoft liefert erste Hololens-Brillen ans US-Militär

Die US-Armee nimmt verspätet eine erste Charge von High-Tech-Kampfbrillen von Microsoft entgegen, nachdem der Konzern das System nachbesserte.

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(Bild: US Army/Microsoft)

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Microsoft hat die technischen Herausforderungen bei der Anpassung von Hololens-2-Datenbrillen für Einsatzzwecke im militärischen Kampfgeschehen offenbar mittlerweile besser im Griff. Die US-Armee nimmt nun zumindest eine erste kleine Tranche der Hightech-Kampfbrillen aus Redmond entgegen und beruft sich dabei auf vielversprechende Ergebnisse von Tests im Feld, wie der Finanzdienst Bloomberg schreibt.

Douglas Bush, der bei der Army für Beschaffung, Logistik und Technologie zuständig ist, soll dem Bericht zufolge die Freigabe für die Lieferung im August erteilt haben. Es gehe um einige der ersten der zunächst 5000 georderten Einheiten mit technisch erweiterten Wahrnehmungsfähigkeiten ("Augmented Reality" – AR), erklärte demnach ein Sprecher Bushs. Die Armee hatte die Liefervereinbarung zuvor aufgrund von Bedenken rund um die Leistungsfähigkeit der Geräte bis zur Durchführung gründlicher Tests zurückgestellt.

Microsofts Integrated Visual Augmentation System (IVAS) soll den US-Bodentruppen ein spezielles Display bieten, bei dem sie den Kopf selbst nicht senken müssen. Bei dem System handelt es sich um eine angepasste Version der HoloLens. Es soll etwa Befehlshabern ermöglichen, Informationen auf ein Visier vor dem Gesicht des Soldaten zu projizieren.

Die Militär-Hololens zeigt Berichten zufolge auf ihrem transparenten Visier bei einem Blick nach unten eine schematische Karte der Umgebung samt Gebäuden und Eingängen sowie der eigenen Position und die anderer Personen mit einer solchen Brille in der Nähe. Funktionen wie Nachtsicht sollen integriert sein. US-Kampfpiloten verfügen bereits über ähnliche technische Hilfsmittel.

Die Army gab Microsoft im April vorigen Jahres einen umfangreichen Produktionsauftrag, wonach sie im Laufe eines Jahrzehnts bis zu 21,9 Milliarden US-Dollar für zunächst über 120.000 AR-Brillen, Ersatzteile und unterstützende Cloud-Dienste bereitstellen will. Voraussetzung dafür ist aber, dass der IT-Riese alle vorgesehenen Anforderungen erfüllt.

Das US-Heer beschloss im Oktober 2021, den ersten größeren IVAS-Einsatztest und die Inbetriebnahme der Geräte auf einen späteren Zeitpunkt 2022 zu verschieben. Man halte an der "Partnerschaft mit Microsoft fest", hieß es damals, "um spezifische Technologien voranzutreiben, die den operativen Anforderungen entsprechen und den Nutzen für die Streitkräfte maximieren".

Im September 2021 sei ein erster Check zur elektronischen Kriegsführung und Cybersicherheit durchgeführt worden, weitere Prüfungen sollten im gesamten Jahr 2022 folgen, lautete die Losung. Diese Entscheidung ermögliche es der Army und dem Industrieteam, "die IVAS-Technologieplattform weiter zu verbessern, um sicherzustellen, dass die Soldaten in Operationen in verschiedenen Domänen eine Überlegenheit erreichen".

"Wir haben einen guten Probelauf gemacht und werden daraus lernen", unterstrich Bush inzwischen vor Kurzem, nachdem er über die neuesten Ergebnisse informiert worden war. Er hob erneut hervor: "Die Army bleibt zuversichtlich, dass das Programm erfolgreich sein wird." Microsoft lehnte eine Stellungnahme gegenüber Bloomberg ab.

Im März hatte das US-Heer zunächst 5000 AR-Brillen im Wert von 373 Millionen US-Dollar bestellt, die Order später aber auf Eis gelegt. Der noch nicht veröffentlichte aktuelle Prüfbericht soll den US-Kongress bei der Entscheidung unterstützen, ob er die 424,2 Millionen US-Dollar genehmigt, die die Army für das im Oktober beginnende Haushaltsjahr für das IVAS-Programm ausgeben will. Die zuständigen Ausschüsse des Repräsentantenhauses und des Senats hatten in Erwartung weiterhin schlechter Testergebnisse für tiefe Einschnitte in den Bewilligungsantrag der Armee plädiert.

Mittlerweile hat das US-Militär auch mit dem New Yorker Unternehmen Clearview AI, das auf biometrische Gesichtserkennung spezialisiert ist, einen Vertrag für den Test einer AR-Brille abgeschlossen. Aus entsprechenden Beschaffungsunterlagen der Air Force geht hervor, dass die umstrittene Firma für 49.847 US-Dollar Optionen zum "Schutz von Flugplätzen" demonstrieren soll. Dabei geht es vor allem um Identitätsprüfungen, die freihändig durchgeführt werden können. Über einen möglichen breiteren Einsatz der Technik soll nach dem Pilotprojekt entschieden werden.

(tiw)