Nord Stream 1 und 2: Explosionen mit der Sprengkraft hunderter Kilo TNT

Dänemark und Schweden haben sich nach den Explosionen an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 an den UN-Sicherheitsrat gewandt und teilen weitere Details mit.

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Eines der Gaslecks in der Ostsee

(Bild: Swedish Coast Guard)

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Dänemark und Schweden haben in einem Brief an den UN-Sicherheitsrat ihre bisherigen Untersuchungsergebnisse zu den Explosionen an den Ostsee-Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 mitgeteilt. Den Angaben zufolge wurden zwei Explosionen registriert, für die Sprengladungen von mehreren hundert Kilogramm TNT nötig gewesen seien. Dies sei wahrscheinlich Folge eines Anschlags, schlussfolgern beide Regierungen. In einer Dringlichkeitssitzung berät der UN-Sicherheitsrat am Freitagabend mitteleuropäischer Zeit über die Vorfälle, die mehrere Lecks an den Pipelines zur Folge hatten.

Die Explosionen wurden demnach von seismologischen Instituten in internationalen Gewässern registriert. Sie lösten Erschütterungen von 2,3 und 2,1 auf der Richterskala aus. Die an der Meeresoberfläche für Blasenbildung sorgenden Gasaustritte hatten in dänischem Seegebiet Durchmesser von 555 und 680 Meter sowie auf schwedischem Gebiet von 900 und 200 Meter.

Dänemark und Schweden haben Sperrzonen um die Austrittsgebiete verhängt, da Schifffahrt und Luftfahrt durch das Gas gefährdet seien. Weiter heißt es in dem Brief, der Betreiber von Nord Stream 1 gehe davon aus, dass der unkontrollierte Austritt von Gas noch bis Sonntag, 2. Oktober, anhält. Für Nord Stream 2 gibt es noch keine Schätzungen. Beide Pipelines transportierten zwar kein Gas – Nord Stream 2 wurde niemals in Betrieb genommen und Nord Stream 1 wurde von Russland wegen angeblicher Schäden in der Pumpstation stillgelegt –, jedoch waren sie trotzdem mit Erdgas befüllt. Dänemark und Schweden befürchten, dass das massenhafte Entweichen des Treibhausgases Methan negative Folgen für das Klima haben könnte.

Das genaue Ausmaß der Schäden ist weiterhin unklar. Die Nord Stream AG als Betreiberin der Pipelines teilte über die russische Nachrichtenagentur Interfax mit, dass der Zugang zu den Austrittsstellen erst möglich sei, wenn sich der Druck in den Gas-Pipelines ausgeglichen hat und kein Gas mehr entweicht. Vorher sei es auch nicht möglich, Angaben dazu zu machen, wie lange eine Reparatur dauere.

Die schwedische Außenministerin Ann Linde veröffentlichte den gemeinsamen Brief der beiden skandinavischen Länder auf Twitter. Schweden und Dänemark sind keine ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates und gehören auch nicht zu den aktuell jeweils für zwei Jahre hinzugewählten Mitgliedern. Die insgesamt vier Lecks der zwischen Russland und Deutschland durch die Ostsee verlaufenden Pipelines wurden je zur Hälfte in den ausschließlichen Wirtschaftszonen der beiden Länder entdeckt.

Der Vorfall und Sichtungen unidentifizierter Drohnen in Norwegen wecken Befürchtungen vor weiteren Anschlägen. Die NATO kündigte indessen in einer Stellungnahme an, dass "jeder vorsätzliche Angriff auf die kritische Infrastruktur der Bündnispartner (...) mit einer gemeinsamen und entschlossenen Reaktion" beantwortet werde. Die Europäische Union drohte bereits am Donnerstag den Verantwortlichen mit Sanktionen.

Russlands Präsident Wladimir Putin bezichtigt laut Interfax die "Angelsachsen" der Sabotage an Nord Stream. In einer Rede zur Annexion ukrainischer Gebiete unterstellte er, den USA reichten Sanktionen offenbar nicht mehr aus. Deshalb hätten sie damit begonnen, die europäische Energieinfrastruktur zu zerstören.

(mki)