Rohr frei: So soll der Wasserstoff durch Deutschland transportiert werden

Wasserstoff gilt als Energieträger der Zukunft. Für den Transport könnten vorhandene Gasnetze genutzt werden, besagen jetzt zwei Projekte.

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EU soll Führungsposition bei grünem Wasserstoff einnehmen

(Bild: Alexander Kirch/Shutterstock)

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Wasserstoff wird von vielen Politikern und Fachleuten als Energieträger der Zukunft gesehen, um die angestrebte Klimaneutralität zu erreichen – und transportiert werden könnte er technisch offenbar ohne große Hindernisse über die vorhandenen Erdgasnetze. Zu diesem Ergebnis kommt laut einem Medienbericht aktuell ein Projekt von Forschung, Wirtschaft und Bundesforschungsministerium. Zuvor haben bereits der Deutscher Verein des Gas- und Wasserfachs und der Verband kommunaler Unternehmen festgestellt, dass vorhandene Netze dafür genutzt werden können.

Für den Anfang würde laut den Ergebnissen des Projekts "TransHyDE" ein Wasserstoffnetz von 10.000 Kilometern Länge genügen, um die dann verfügbaren Wasserstoffmengen zu großen Abnehmern wie der Industrie zu bringen, berichtet das Handelsblatt. Das deutsche Gasnetz hat nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums eine Gesamtlänge von 511.000 Kilometern. Laut Vereinigung der Fernleitungsnetzbetreiber Gas beträgt die Länge des Fernleitungsnetzes davon rund 40.000 Kilometer.

Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hält demnach einen Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland für technologisch und ökonomisch möglich und sinnvoll. Die Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie (IEG) hat die Ausgestaltung eines solchen Netzes für das Jahr 2030 skizziert. Ungemach droht allerdings möglicherweise vonseiten der EU-Kommission, die auf eine strikte wirtschaftliche Trennung der Netze pocht. Sie will eine Quersubventionierung über Netzentgelte für Erdgas verhindern. Dann müsste aber ein komplett neues Rohrnetz gebaut werden.

Der im März 2022 gestartete Prozess zu einem Gasnetzgebietstransformationsplan mit 80 Netzbetreibern hält die Umstellung sogar in weit größerem Umfang für möglich. Die Verteilnetzbetreiber planten demzufolge bereits jetzt großflächig, ihre Netze auf Wasserstoff umzustellen. Die Rohrnetzmaterialien seien mit der Verwendung von Stahl und Kunststoff zu 95,9 Prozent wasserstofftauglich. Großflächige Umstellungen auf 100 Prozent Wasserstoff wären vielfach in den 2030er-Jahren vorgesehen. Die Unternehmen rechneten damit, dass Wasserstoff in Zukunft viel besser verfügbar sein wird als klimaneutrales Methan. Deshalb gehe kaum einer davon aus, dass Erdgas im Jahr 2045 noch eine Rolle spielen wird.

Das Bundesforschungsministerium äußert sich zurückhaltender und sieht massiven Forschungsbedarf. Transport-Technologien wurden bislang nur in kleinem Maßstab getestet. Zudem ändern sich die Transportwege. Der sogenannte grüne Wasserstoff soll mittels Stroms aus erneuerbaren Energiequellen wie Sonne und Wind hergestellt werden – also vor allem in sonnenreichen Ländern oder windreichen Landstrichen. In Wilhelmshaven wird zum Beispiel ein LNG-Terminal gebaut, das bereits ab 2027 auf Wasserstoff umgestellt werden soll. Der Wasserstoff müsste deshalb hauptsächlich aus dem Norden Deutschlands an große Abnehmer im Süden und Westen transportiert werden.

Ein TransHyDE-Projekt namens Campfire untersucht dabei besonders das Potenzial von Ammoniak (NH3) als Transportstoff. Daraus könnte am Ziel dann wieder Wasserstoff gewonnen werden. Der Vorteil: Für Ammoniaktransporte gibt es einen reichen Erfahrungsschatz. Der Transport von Wasserstoff in umgerüsteten Erdgas-Pipelines soll indessen im Frühjahr 2023 in Lingen im Emsland erprobt werden.

Weitere Projekte untersuchen die Serienproduktion von Elektrolyseuren zur Wasserstoff-Herstellung (H2Giga) und die Herstellung von Wasserstoff in Offshore-Windparks (H2Mare).

(mki)