Auto-Neuheiten 2023, Teil zwei: Was die Autoindustrie plant

Mit einer Reihe von neuen Modellen will die Autoindustrie der drohenden Rezession begegnen. Stark ausgebaut wird besonders an Elektroauto-Angebot.

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Nio NC7

(Bild: Nio)

Lesezeit: 12 Min.
Von
  • Martin Franz
  • Florian Pillau
Inhaltsverzeichnis

(This article is also available in English)

Mehr China, weniger konventionelle Autos – das ist grob die Richtung, in die sich die Neuerscheinungen von 2023 bewegen. Allerdings befindet sich der Anteil der Elektrischen noch immer auf einem verschwindend niedrigen Niveau, wenn auch die Raten, mit denen sie den herkömmlich motorisierten Autos Marktanteile streitig machen, beachtlich steigen. Hinsichtlich der Förderung sind die Hybridmodelle mit Ladestecker zumindest beim Kauf auf der Strecke geblieben, an den marktrelevanten Hebel der Versteuerung von Dienstwagen hat sich die Politik allerdings nicht gewagt. Batterieelektrische Autos werden weiterhin gefördert, die Bundesregierung will mindestens 15 Millionen batterieelektrische Pkw bis 2030 auf Deutschlands Straßen bringen. Bislang sind es rund eine Million Elektroautos.

Das Modellangebot ist aufgrund von Lieferengpässen unausgeglichen und tendiert Richtung "teuer". Die Mode mit wuchtigen Autos ist schon viel älter und dieser Trend scheint ungebrochen. Trotzdem sind günstige Einstiegsmodelle oder kleine Elektroautos nicht oder nur sehr eingeschränkt im Programm. Die Ausweichbewegung auf den Gebrauchtwagenmarkt beschert Verkäufern ungeahnte Erlöse. Die kommenden Modelle schaffen hier zwar noch keine Abhilfe auf breiter Front, doch wird "immer größer – immer teurer" nicht auf Dauer durchzuhalten zu sein. Die Autoindustrie wird sich etwas einfallen lassen müssen. Das alles hat sich schon im ersten Teil dieser Strecke abgezeichnet. Der zweite Teil der Ausblicke auf 2023 beginnt hier.

(Bild: BYD)

Das neue Spitzenmodell von BYD heißt Seal und soll unter anderem dem Tesla Model 3 ab Mitte 2023 in Europa Konkurrenz machen – zuerst in Deutschland und Schweden. Als Einstiegsmodell mit Heckantrieb hat der Seal 150 kW und soll mit einem 61,4-kWh-Akkupaket bis zu 550 Kilometer schaffen, mit Allradantrieb (160 kW vorn, 230 hinten) hat er eine Gesamtleistung von 390 kW und eine angegebene Reichweite von rund 650 Kilometern mit einem 82,5 kWh großen Speicher. Die Werte entstammen Messungen im chinesischen Fahrzyklus, der größere Reichweiten misst als der WLTP. Eine Long-Range-Variante hat einen 230 kW-Heckantrieb und die große Batterie. Die maximale Ladeleistung ist auf bis zu 150 kW beschränkt.

Dank Cell-to-Body ("CTB")-Technologie soll die Batterie als Teil der Karosserie mit höherer Torsionssteifigkeit Handling, Fahrdynamik und den Komfort verbessern, auch die Crashstruktur soll davon profitieren. Die Batteriezellen sind zu sogenannten Blades zusammengefasst, was die Temperierung erleichtern soll. Die Lithium-Eisenphosphat-Zellchemie (LFP) vermeidet den Einsatz von Kobalt.

(Bild: Fiat)

Fiat gehört zu jenen Marken, die derzeit vergleichsweise viele Elektroautos verkaufen. 29.635 Stück des 500e konnte Fiat im vergangenen Jahr hierzulande absetzen, trotz wahrlich ambitionierter Preise. Zur groben Orientierung: Das ist mehr, als Opel und Peugeot zusammen von Corsa-e und e-208 verkauft haben. Doch der Erfolg steht auf schmalen Sohlen, denn Fiat hat derzeit nur das eine Elektroauto im Angebot. Das soll sich 2023 ändern, wobei außer dem Umstand, dass er wahrscheinlich als Fiat 600e vermarktet werden soll, noch nicht viel bekannt ist. Möglicher Termin für die Vorstellung könnte das dritte Quartal werden.

Porsche wird 2023 einen neuen Panamera auf den Markt bringen. Zu erwarten sind trotz der langen Modellzyklen wieder nur eine sanfte Veränderung im Design und nochmals stärkere Motoren. Mildhybride werden gewissermaßen Standard, Plug-in-Hybride bleiben ebenso im Programm wie der Kombi, der auch hier als Shooting Brake vermarktet wird. Wann der neue Panamera tatsächlich beim Händler steht, ist noch nicht bekannt, doch vor Ende des Jahres ist damit nicht zu rechnen.

(Bild: Porsche)

Ähnlich lange dürfte es auch bis zur Premiere des elektrischen Macan dauern. Er solle bei der Fahrdynamik an der Spitze in seinem Segment stehen, versprach Porsche. In der Spitze dürfte das mit mindestens 500 kW zu übersetzen sein. Wie im Taycan wird auch hier die Spannungsebene bei 800 Volt liegen, was rasante Ladezeiten verspricht. Noch wird nichts zum Energiegehalt der Batterie verraten, doch auch hier rechnen wir damit, dass Porsche mindestens 100 kWh anbieten wird. Schließlich wird sich der E-Macan in einem Preissegment ansiedeln, in dem nicht mehr um jede Kilowattstunde gerungen werden muss.

Seit 2019 ist der Renault Clio auf dem Markt – Zeit für eine Überarbeitung. Sie wird den Kleinwagen vor allem an der Front verändern. Unsicher ist, ob Renault den großen – und teuren – Schritt unternimmt und das Infotainmentsystem des Clios auf Android Automotive umstellt. In seiner Klasse wäre er damit führend. Ziemlich sicher ist dagegen, dass der Hybridantrieb mit Multimode-Getriebe und 103 kW Systemleistung im Clio weiterhin im Angebot bleibt.

Renault

Den Kleinwagen Citroën C3 muss Stellantis für 2023 ohnehin überarbeiten. Dabei wird er seinen bewährten 1,2-Liter-Dreizylinder behalten, den Dieselmotor aber verlieren. Optisch soll der ë-C3 von der Studie "Oli" inspiriert sein, was wahrscheinlich spannender klingt als es ist.

(Bild: Citroën)

Auf der technischen Basis "e-CMP" soll der C3 auch in einer Variante als Elektroauto ë-C3 gebaut werden. Die Modelle Opel Corsa-e und Peugeot e-208 aus dem gleichen Konzern nutzen bislang die technische Plattform mit 100 kW Leistung und um die 360 Kilometer Reichweite dank 50-kWh-Batterie. Ein Upgrade brachte eine minimal vergrößerte Batterie bei gleichbleibender Ladeleistung und etwas gesteigerter Motorleistung. Der ë-C3 dürfte von Anfang an mit 115 kW und 51-kWh-Batterie antreten. Ob der ë-C3 noch 2023 in den Verkauf kommt, ist noch nicht bekannt.

(Bild: Wey)

Wey gehört zu den wenigen chinesischen Marken, die zum Start in Europa noch ein Modell mit Verbrennungsmotor anbieten. Im Coffee 01 wird der nur als Bestandteil eines Plug-in-Hybrids angeboten, wobei Wey die Grenzen des sonst üblichen überschreitet. Der Fahrer kann auf bis zu 350 kW zurückgreifen, die ein Verbrenner und zwei E-Motoren in der Spitze gemeinsam leisten. Fünf Sekunden verspricht der Hersteller im Standardsprint. Ungewöhnlich für einen Plug-in-Hybriden ist die knapp 40 kWh große Batterie, die sich auch mit Gleichstrom laden lässt. Im WLTP soll eine E-Reichweite von 146 km möglich sein. Rund 56.000 Euro soll das große SUV inklusive einer umfangreichen Serienausstattung kosten – ein fairer Preis.

Deutlich günstiger soll der Coffee 02 werden, der etwa so groß wie VW Tiguan ist. Auch er kommt als Plug-in-Hybrid, wird allerdings nicht ganz so kräftig. Auch die Batterie wird weniger groß, wobei eine versprochene E-Reichweite von 126 km darauf hinweist, dass auch dieses PHEV einen überdurchschnittlichen Speicher mitbringt. Start soll im ersten Halbjahr sein, der Preis bei unter 40.000 Euro liegen.

Mit dem EC7 stellt Nio ein Oberklasse-SUV in der Dimension in vom Anspruch eines Audi Q8 e-tron, BMW iX und Mercedes EQE SUV vor. Zwei E-Motoren bringen eine Leistung von 480 kW, die Reichweite soll etwa 509 Kilometer betragen. Mit 75 kWh (391 km Reichweite) kostet er 74.850 Euro plus 169 Euro Akku-Miete im Monat, sonst 86.850 Euro. Mit 100 kWh (509 km Reichweite) sind es 74.850 Euro plus 289 Euro Miete oder 95.850 Euro bei Komplettkauf.

(Bild: Nio)

Der Ora Cat wurde schon vor rund anderthalb Jahren vorgestellt, doch die Auslieferungen beginnen erst in diesem Jahr. Angekündigt war damals ein Basismodell für rund 30.000 Euro. Die Rundung nach oben fiel ungewöhnlich üppig aus, denn unter 38.990 Euro wird der 4,24 m lange Ora Cat nicht zu haben sein. Das Basismodell bietet 48 kWh in der Batterie, die Spitzenversion 63. Dürftig ist die DC-Ladeleistung von maximal 67 kW – in dieser Hinsicht wird Ora nachlegen müssen, wenn sie in dieser Klasse langfristig mitreden wollen.

(Bild: Ora)

Dacia bietet seinen Familienkombi Jogger ab März 2023 auch mit Hybridantrieb und einer Systemleistung von rund 103 kW an. Der WLTP-Verbrauch beläuft sich laut Dacia auf 4,9 bis 4,8 l/100 km. Die Reichweite vergrößert sich so auf über 900 Kilometer im kombinierten WLTP. Der Antrieb mit einem kupplungslosen, automatisierten Viergang-Getriebe und einer E-Maschine als Anfahrelement stammt – wie auch die Verbrennungsmotoren – von Renault, er heißt dort "E-Tech" und kam Ende 2020 im Renault Clio auf den Markt.

(Bild: Dacia)

Dank Rekuperation (mit eigenem Modus für vorwiegendes Einpedalfahren) kann auch beim Bremsen Energie in die 1,2 kWh fassende Batterie zurückgespeichert werden. Der Jogger Hybrid 140, der ab März 2023 zum Preis ab 23.800 Euro ohne Überführung bei den Händlern stehen wird, ist bereits bestellbar. Dacia gewährt auf die Batterie des Jogger Hybrid 140 eine Garantie von acht Jahren oder 160.000 Kilometern.

Eine zweite Motorisierung soll das Elektroauto Spring bekommen, statt 33 werden dort bis zu 48 kW gereicht. Manch einem wäre vielleicht eine etwas größere Batterie wichtiger gewesen, doch in diesem Punkt ändert sich nichts.

Das US-österreichische E-SUV Fisker Ocean soll 2023 auch in Europa verkauft werden und dort zwischen 41.600 und 70.000 Euro kosten. Als Antriebsoptionen steht ab Herbst 2023 eine Version mit Allradantrieb und 405 kW zur Auswahl, die mit Heckantrieb bietet 202 kW, die Reichweiten liegen laut WLTP bei 440 und maximal 630 km je nach Version und Ausstattung, ein optionales Solardach soll zusätzliche Kilometer beisteuern. Allzu viel sollte man sich davon nicht versprechen, im günstigen Fall reicht es für ein kleines Plus an Reichweite oder die Standklimatisierung.

(Bild: Fisker)

Der Honda Civic Type R bekommt mit dem Modellwechsel eine Überarbeitung seines bissigen VTEC-Turbo-Vierzylinders, der nun 242 kW leistet, also etwa 14 kW mehr. Er behält seinen Heckflügel und soll ab 55.500 Euro kosten. Die Feinarbeit an Antrieb und Fahrwerk soll sich in bessere Fahrleistungen übersetzen, als es die Leistungssteigerung vermuten lässt.

(Bild: Honda)

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Land Rover erweitert sein Defender-Angebot um eine dritte Karosserie-Variante, den 130. Er ist mit 5,36 Metern 34 Zentimeter länger als der 110 und bietet so bis zu acht Sitzplätze. Da der Radstand aber nicht mitwächst, sondern gleich dem des 110er bleibt, kommt der gewonnene Raum vor allem dem Gepäck zugute. Bei drei Sitzreihen bleiben noch 389 Liter Kofferraumvolumen. Der P400 fährt mit einem drei Liter-Otto-Mildhybrid mit 294 kW, der Sechszylinder-Diesel als D250 bietet 183 kW oder als D300 221 kW. Der V8-Ottomotor und der Einstiegs-Diesel (D200) werden nicht angeboten.

(Bild: Land Rover)

Die "130" und die kleineren Zahlen bezogen sich in der vorangegangenen Defender-Baureihe auf den Radstand in Zoll, damit begeht der moderne 130er regelrechten Etikettenschwindel. Trotzdem kostet er mindestens 87.300 Euro. Land Rover versteht sich als Premiummarke und dokumentiert dies durchweg mit einer ambitionierten Preisgestaltung. Die Zielgruppe zieht bislang mit.

"Das Elektroauto ist geräuschlos und sauber. Es gibt keinen Geruch oder Vibrationen. Sie sollten sehr nützlich werden, wenn feste Ladestationen eingerichtet werden können", sagte Sir Charles Stewart Rolls, Mitbegründer von Rolls-Royce, bereits 1900. Im Herbst 2023 kommt als erster batterieelektrischer Rolls Royce der Spectre zu Preisen von voraussichtlich ab rund 400.000 Euro.

(Bild: Rolls Royce)

Mit mehr als 100 kWh soll die elektrische Reichweite des knapp drei Tonnen wiegenden Kolosses bei 520 Kilometern liegen. Der Normverbrauch des Antriebs aus zwei Elektromaschinen mit zusammen über 430 kW Leistung und 900 Nm Drehmoment beträgt nach WLTP 21,5 kWh pro 100 Kilometer. Aus dem Stand beschleunigt der Rolls Royce Spectre in knapp 4,5 Sekunden auf Tempo 100, bei 250 km/h wird elektronisch abgeregelt.

(mfz)