Förderprogramm für Spieleindustrie in NRW

Nordrhein-Westfalen will von der wachsenden Bedeutung der Spiele-Industrie profitieren. Dafür hat das Land eine eigene Förderstrategie erarbeitet, die gestern vorgestellt wurde.

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  • Torsten Kleinz

Um von der wachsenden Bedeutung der Spiele-Industrie zu profitieren, hat Nordrhein-Westfalen eine eigene Förderstrategie für die Branche ausgearbeitet. Marc Ziegler, Geschäftsführer der neu gegründeten Mediencluster NRW GmbH in Köln, hat gestern auf dem gamescom congress die Planungen vorgestellt. Die vom Land finanzierte Standort-Agentur soll die medienübergreifende Zusammenarbeit in Nordrhein-Westfalen verbessern und den Standort stärken. Die Spiele-Industrie treibe die IT-Entwicklung insgesamt voran, gleichzeitig würden Design und Musik gefördert, sagte Ziegler. Besonders vielversprechend sei die Verknüpfung mit der Filmbranche, da in den vergangenen Jahren immer mehr Spiele zu Filmen produziert werden – und umgekehrt.

Ziegler will unter anderem einen Medien-Atlas erstellen, der die Suche nach Kooperationspartnern vereinfachen soll. Zudem hat die NRW.Bank einen Kreativwirtschaftsfonds über 30 Millionen Euro zur Beteiligung an Medienunternehmen aufgelegt. Beim ersten Förderwettbewerb kamen sechs der zwölf Gewinner aus der Games-Branche. Für den zweiten Förderwettbewerb können sich Unternehmen noch bis zum 31. Dezember bewerben.

Die Förderstrategie des Landes stützt sich auf ein Gutachten, das am Donnerstag von Jörg Müller-Lietzkow, Professor für Medienorganisation und Mediensysteme an der Uni Paderborn, vorgestellt wurde. Demnach gibt es in Deutschland insgesamt 7000 Entwickler und 12.000 Angestellte der Games-Branche. Damit widersprach Müller-Lietzkow teilweise der Analyse von Electronic-Arts-Manager Gerhard Florin, der zuvor von nur 5000 Angestellten der Branche gesprochen und dem Standort Deutschland ein schlechtes Zeugnis ausgestellt hatte. Müller-Lietzkow meint, es gebe in Deutschland konkurrenzfähige Titel. Dabei verweis er unter anderem auf das Entwicklungsstudio Crytek, das allerdings vor wenigen Tagen mit einer Abwanderung gedroht hatte. Für Müller-Lietzkow wäre das ein Verlust, da Crytek nicht nur einen Shooter, sondern eine der drei großen 3D-Engines herstelle. Diese Technik sei für vielfältige Zwecke bis hin zu Architektur-Anwendungen geeignet.

Kern des Erfolgs in der Spielebranche sind nach Überzeugung von Müller-Lietzkow "Cluster", die das Zusammenspiel verschiedener Akteure am Standort abbilden. Kanada habe beispielsweise mit gezielter Wirtschaftsförderung und dem Aufbau von Ausbildungsangeboten mehrere Zentren für die Produktion für Software geschaffen. In Deutschland hat der Wirtschaftswissenschaftler vier Haupt-Standorte der Spiele-Industrie ausgemacht: Hamburg, Berlin, Mitteldeutschland und Nordrhein-Westfalen. Durch gezielte Förderung und bessere Vernetzung solle die Game-Industrie am Rhein ein besseres Umfeld schaffen.

Besonders attraktiv erscheint Müller-Lietzkow dabei das Geschäftsmodell Free to play. Aktuelle Konsolenspiele kosteten in der Entwicklung 10 Millionen bis 20 Millionen Euro, das sei bei Free-to-Play-Spielen anders: Hier halte sich die anfängliche Entwicklungsarbeit in Grenzen, die Spiele wüchsen im Laufe der Zeit immer weiter. Das Multiplayer-Spiel MapleStory habe beispielsweise bis zum Start im Jahr 2005 eine Million Dollar Entwicklungskosten gekostet, aber mittlerweile 72 Millionen Dollar Jahresumsatz erwirtschaftet.

Für die Medienstandorte sei das Konzept besonders interessant: Statt nur in einer begrenzten Entwicklungsphase hochqualifizierte und gut bezahlte Entwickler zu beschäftigen, arbeiteten bei den Online-Spielen "Live Teams" dauerhaft an der Weiterentwicklung der Plattform. Dass Spiele sich auf Dauer über kostenpflichtige Extras finanzieren können, ist nach Ansicht des Wirtschaftswissenschaftlers keine Frage: "Alleine spielen macht keinen Spaß." Spieler seien gerne bereit, über ihre Käufe eine Plattform mit zu finanzieren. (Torsten Kleinz) / (anw)