Bei Bertelsmann wackelt der Stuhl von Schulte-Hillen

Vorstandschef Thielen zeigt sich zufrieden mit der Jahresbilanz 2002

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Von
  • Torge Löding

Die Kurskorrektur des Mediengiganten Bertelsmann steht vor ihrem Abschluss -- offenbar soll nun auch der langjährige Aufsichtsratsvorsitzende Gerd Schulte-Hillen zurücktreten. Das meldet das Handelsblatt unter Berufung auf Kreise der Bertelsmann AG sowie der Hamburger Verlagstochter Gruner + Jahr. Der Top-Manager gilt als scharfer Kritiker des neuen Managementstils bei Bertelsmann, der seit dem erzwungenen Rücktritt von Thomas Middelhoff durch Liz Mohn, Ehefrau des Firmenpatriarchen Reinhard Mohn, geprägt sein soll. Liz Mohn ist Aufsichtsratsmitglied und Vorsitzende der Verwaltungsgesellschaft, die 75 Prozent der Anteile des Medienkonzerns kontrolliert.

Die Trennung von Schulte-Hillen steht seit einiger Zeit zur Debatte. Im Umfeld der Bilanzpressekonferenz der Bertelsmann-Tochter Gruner + Jahr an diesem Donnerstag könnte es nun dazu kommen, spekuliert das Handelsblatt.

Unterdessen legte der Konzern seine Geschäftszahlen für das Jahr 2002 vor. Bereits im Vorfeld hatte Vorstandschef Gunter Thielen die Prognosen heruntergeschraubt und erklärt, das angestrebte Ziel einer Umsatzrendite von zehn Prozent bis 2005 nicht halten zu können. Es könnten fünf bis sieben Prozent werden. 2002 kletterte die Gewinnmarge immerhin auf 5,1 Prozent -- im Vorjahr waren es nur drei Prozent. Entgegen dem Branchentrend konnte der Mediengigant auch sein EBITA auf 936 Millionen Euro steigern -- von 573 Millionen Euro in 2001.

Der Jahresüberschuss vor Fremdanteilen erreichte 968 Millionen Euro. Die Netto-Finanzschulden blieben trotz hoher Investitionen unter 3 Milliarden Euro. Die Internetverluste wurden um 670 Millionen Euro reduziert -- erst gestern gab Bertelsmann bekannt, sich von seiner Online-Publikation Netzeitung getrennt zu haben. Der Konzernumsatz lag -- vor allem bedingt durch die Dollarschwäche --mit 18,3 Milliarden Euro leicht unter der Pro-Forma-Zahl des Vorjahres (19,0 Milliarden Euro). Die Zahl der Beschäftigten betrug zum Jahresende 80.632 (Ende 2001: 80.296).

Gunter Thielen erklärte bei der Bilanzpressekonferenz in Berlin: "Bertelsmann hat seine Kräfte auf die Kerngeschäfte konzentriert, die Verlustquellen reduziert und die Ertragskraft markant gesteigert. Wir haben im laufenden Geschäft deutlich mehr als im Vorjahr verdient und uns in einer schwierigen Wirtschaftslage behauptet. Wir haben Synergiepotenziale ausgeschöpft und mit kreativen Spitzenleistungen unsere Marktpositionen ausgebaut. Für 2003 rechnen wir trotz eines unverändert schwierigen konjunkturellen Umfelds mit einem stabilen Konzernumsatz und weiter steigenden operativen Erträgen."

Die DirectGroup, zu der neben Buchclubs und Musikclubs auch die E-Commerce-Aktivitäten in 20 Ländern gehören, erzielte 2002 einen Umsatz von 2,7 Milliarden Euro (Vorjahr: 3,1 Milliarden Euro). Der Rückgang sei im Wesentlichen auf eine Bereinigung der Mitglieder-Bestände im US-Musikclub, auf den weitgehenden Ausstieg aus dem reinen E-Commerce mit Medienprodukten sowie -- aufgrund der starken US-Präsenz -- auf die Dollarschwäche zurückzuführen. (tol)