Musikindustrie klagt über existenzielle Gefährdung durch Kopien

Es werde deutlich, wie wichtig Kopierschutzsysteme seien, um das immer selbstverständlichere Kopieren von Musik einzudämmen, meint die deutsche Musikindustrie.

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Von
  • Jürgen Kuri

Musikkopien setzen der Musikbranche nach Ansicht der deutschen Phonoverbände immer stärker zu. 622 Millionen mal seien Titel von fast ausschließlich illegalen Angeboten 2002 aus dem Internet heruntergeladen worden, ein Zuwachs von mehr als einem Viertel, teilte die deutsche IFPI mit. Mit 6,4 Millionen Nutzern holten sich fast ein Drittel mehr als noch im Vorjahr ihre Titel aus dem Netz. Fast alle (94 Prozent) griffen dabei auf kostenlose Angebote zurück, und 81 Prozent kopierten ihre Downloads auf CD-Rohlinge, meint die Musikindustrie.

Insgesamt seien 259 Millionen CD-Rohlinge privat mit Musik bespielt worden, eine Steigerung von 42 Prozent. Das seien rund 100 Millionen Stück mehr als verkaufte CD-Alben, berichteten die Verbände: "Die Schere geht immer weiter auseinander." Rund fünf Milliarden Euro gingen der Branche durch das Herunterladen und die privat gebrannten CDs verloren, erläuterte ein Sprecher die Ergebnisse der so genannten Brenner-Studie 2002, die die GfK für die Musikwirtschaft erstellt hat.

Etwa 22,5 Millionen Nutzer (plus 32 Prozent) kopierten Titel auf Rohlinge und brannten dabei jeweils durchschnittlich 11,5 Stücke. Besonders erschreckend findet die Industrie natürlich auch, dass laut der Studie 25 Prozent derjenigen, die sich Musik aus dem Internet besorgten, weniger Geld für CDs ausgaben. Angesichts der aktuellen Kampagne "Sicherheitsrisiko Musiktauschbörsen" der Industrielobby dürften sich die Verbände darüber freuen, dass die Mehrheit der Musik-Downloader laut der Studie Angst hatte, sich Viren einzufangen.

"Die Studie zeigt auf, dass das die private Vervielfältigung auf CD-Rohlinge und illegale Internetangebote von Musik für die Musikwirtschaft existenzielle Schwierigkeiten macht. Hieran wird deutlich, wie wichtig Kopierschutzsysteme sind, um das immer selbstverständlichere Kopieren von Musik einzudämmen", erklärt Gerd Gebhardt, Chef der deutschen Phonoverbände. Angesichts der Ergebnisse der Studie und eines Umsatzrückgangs in der Branche von 11,3 Prozent auf knapp zwei Milliarden Euro im Jahr 2002 fordern die Verbände erneut eine Novelle des Urheberrechtsgesetzes, die das "Knacken von Kopierschutzsystemen" verbiete.

Das immer wieder mit neuen Untersuchungen unterfütterte Argument der Musikindustrie, Musikdownloads und CD-Kopien würden die Existenz der Branche gefährden, wird aber nicht von allen Marktforschern gestützt. So sehen etwa Studien von Forrester und Yankee Group große Chancen für die Branche durch das Internet und Tauschbörsen -- dass diese sich bislang gegen die Musikindustrie wendeten, sei vor allem deren eigene Schuld. Und der Unmut der Konsumenten über die Schwierigkeiten mit den kopiergeschützten CDs wächst, wie auch die Datenbank mit "Un-CDs" der c't erweist: Rund anderthalb Wochen nach dem Start des c't-CD-Register finden sich bereits 2300 Erfahrungsberichte zu 470 Audio-CDs. Zudem stößt das Verbot in den umstrittenen Entwürfen zum neuen Urheberrecht, technische Kopierschutzmechanismen zu umgehen, auch bei Rechtsexperten nicht auf einhellige Gegenliebe: Kritiker sehen dadurch selbst die bisherigen Regelungen gefährdet, die Kopien für rein private Zwecke erlauben und keineswegs Raubkopien oder das öffentliche Anbieten urheberrechtlich geschützter Werke legalisieren. (jk)