Europa baut laut Studie zu viele LNG-Terminals

Ein Großteil der geplanten LNG-Terminals in Europa droht zu Investitionsruinen zu werden, besagt eine neue Studie. Und Russland ist auch bei LNG im Geschäft.

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Ein LNG-Tanker in Nahaufnahme

(Bild: Wojciech Wrzesien / Shutterstock.com)

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Europa droht im Jahr 2030 eine größere Zahl ungenutzter Flüssigerdgas-Terminals. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie. Die aktuellen Pläne laufen auf eine Importkapazität von jährlich bis zu 400 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr hinaus, schreibt das Institute for Energy Economics and Financial Analysis (IEEFA). Das wären 250 Milliarden Kubikmeter Erdgas mehr als nötig. Aktuell gibt es 31 LNG-Terminals, Ende 2022 seien 32 weitere in Planung oder im Bau gewesen.

Die Nachfrage nach Erdgas wird laut IEEFA bis zum Jahr 2030 voraussichtlich nur noch bei 190 Milliarden Kubikmeter liegen. Grund seien die Ziele Europas, Klimaneutralität zu erreichen. Dazu beitragen wird auch, dass in Deutschland bereits im Jahr 2024 ein Verbot neuer Gasheizungen in Kraft treten wird.

Der immense Ausbau der LNG-Infrastruktur begann nach Ausbruch des Angriffskriegs Russlands in der Ukraine im Frühjahr 2022. Ursprünglich war das Ziel, bis 2030 mindestens 155 Milliarden Kubikmeter weniger Gas aus Russland zu importieren und unter anderem den Wegfall der Pipeline-Lieferungen über die Ostsee-Leitung Nord Stream 1 zu kompensieren.

Im Jahr 2021 betrug der Gasbedarf der Europäischen Union der Studie zufolge 413 Milliarden Kubikmeter. Die größten Risiken für ungenutzte LNG-Terminals bestünden in Spanien, Türkei, Großbritannien, Italien und Deutschland. Während Deutschland mit drohenden Überkapazitäten von 9 Milliarden Kubikmetern Erdgas pro Jahr noch relativ gut wegkommt, drohten in Spanien, Türkei und Großbritannien im Jahr 2030 Überkapazitäten von 50, 44 und 40 Milliarden Kubikmeter pro Jahr.

Ana Maria Jaller Makarewicz, Energieanalystin für IEEFA Europe, bezeichnet die Situation als "die teuerste und unnötigste Versicherungspolice der Welt". Europa sei auf dem Weg von einer zuverlässigen Versorgung hin zu Redundanz.

Trotz der Bemühungen, die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren, exportiert Russland weiterhin Gas nach Europa – nun verstärkt per LNG. Die größten Importeure von russischem LNG im Jahr 2022 waren Frankreich (7,4 Mrd. Kubikmeter), Spanien (5,2 Mrd. Kubikmeter) und Belgien (3,0 Mrd. Kubikmeter). Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Importe aus Russland in Frankreich und Belgien um 58 Prozent und in Spanien um 50 Prozent.

Die LNG-Importe nach Europa stiegen 2022 im Vergleich zu 2021 um 60 Prozent, vor allem aufgrund der drei größten Exporteure: USA (+143 Prozent), Katar (+23 Prozent) und Russland (+12 Prozent). Die größten Importeure von LNG waren Frankreich (35,7 Mrd. Kubikmeter), Spanien (29,5 Mrd. Kubikmeter) und Großbritannien (26,5 Mrd. Kubikmeter), gefolgt von den Niederlanden, Türkei, Italien und Belgien.

(mki)